Exzellenzinitiative Berufliche Bildung
Exzellenz ist fest im Handwerk verankert: Fach- und Führungskräfte des Handwerks sind zentral für die Umsetzung vielfältiger Transformationsaufgaben, die vom Klimaschutz über die Mobilitätswende bis zur Digitalisierung reichen. Mit den zunehmenden Erwartungen, die an das Handwerk gestellt werden, wächst auch der Fachkräftebedarf: Allein in den klimarelevanten Gewerken werden bis 2030 rund 100.000 zusätzliche Fachkräfte benötigt.
Das überdurchschnittliche Ausbildungsengagement der Betriebe allein genügt dabei nicht, diesen Bedarf im Handwerk zu decken. Insbesondere um den Führungs-, Unternehmens- und Spezialistennachwuchs zu sichern, sind bildungspolitische Maßnahmen wesentlich: Entscheidend für die Fachkräftesicherung der Zukunft ist es, mehr junge Menschen für eine Bildungskarriere – als Berufslaufbahnperspektive, die selbstbestimmt individualisierbar ist, und die Offenheit des Systems der beruflichen Bildung betont – im Handwerk zu gewinnen.
Dafür muss die Zukunfts- und Innovationsfähigkeit der Berufsbilder erfahrbar werden und angemessene Wertschätzung erfahren: um die vielfältigen Chancen der Höheren Berufsbildung sichtbar zu machen, muss die berufliche Bildung strukturell und gleichwertig zur akademischen Bildung gefördert werden. Die Exzellenzinitiative Berufliche Bildung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ist daher ein zentraler Baustein in der Umsetzung der Bildungswende.
Von der Idee zur Initiative
Seit dem Start der Exzellenzinitiative für die Hochschulen (2007) fordert das Handwerk eine vergleichbare Initiative auch für die berufliche Bildung. Zuletzt wurden dazu 2020 in einem gemeinsamen Positionspapier mit der FDP-Bundestagsfraktion bildungspolitische Gestaltungsvorschläge veröffentlicht. Die langjährigen Bemühungen des ZDH führten Ende 2021 zum Erfolg, als die Exzellenzinitiative Berufliche Bildung im Koalitionsvertrag der Bundesregierung angekündigt wurde. Im Dezember 2022 veröffentlichte das BMBF dann erste Eckpunkte dazu, die nun mit allen Akteuren der beruflichen Bildung diskutiert und weiterentwickelt werden.
Exzellenzinitiative Berufliche Bildung – Vorschläge des Handwerks
Ein auf Exzellenz ausgerichtetes berufsbildungspolitisches Handeln muss das System der beruflichen Bildung weiterentwickeln, um neue Chancen für selbstbestimmte Berufslaufbahnen und für innovatives Unternehmertum zu schaffen. Angebote der Exzellenz müssen sich in allen Bereichen der beruflichen Bildung wiederfinden: Ausgehend von der beruflichen Erstausbildung über die Höhere Berufsbildung bis hin zu Angeboten, die im Rahmen der Berufstätigkeit platziert werden.
Für den Erfolg der Exzellenzinitiative ist die Vernetzung der unterschiedlichen Akteure im System der beruflichen Bildung – zwischen betrieblicher Praxis, Berufsbildung und Forschung – zentral. Um die vielfältigen und heterogenen Zielgruppen der Exzellenzinitiative angemessen zu fördern, braucht es passgenaue Angebote für unterschiedliche Personenkreise.
Voraussetzungen für Exzellenz
Gleichwertigkeit herstellen
Um künftiges bildungspolitisches Handeln der Bundesregierung auf eine materielle wie ideelle Gleichwertigkeit aller Bildungsbereiche auszurichten, ist die Bildungswende sowie die gesetzliche Festschreibung der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung Voraussetzung. Mit dem DQR-Gesetz ließe sich diese Gleichwertigkeit stärken, verankern und sichtbarer machen.
Berufsorientierung transparent gestalten
Exzellenz in der beruflichen Bildung und die Chancen der Bildungskarriere müssen greifbar werden: Die vorhandenen digitalen und analogen Ansätze in der Berufsorientierung sind daher zu einem Gesamtkonzept für alle Bildungsstufen ab der Grundschule an allen allgemeinbildenden Schulen weiterzuentwickeln. Die Berufsorientierung muss besonders bei allen Gymnasien gleichberechtigt neben der Studienorientierung fester Bestandteil des Lehrplans werden. Dabei sind Kammern und Unternehmensverbände als regionale Akteure durch Kooperationen mit allgemeinbildenden Schulen stärker als bisher einzubeziehen.
Digitalisierung beschleunigen
Exzellente berufliche Bildung ist auch digital bzw. digital gestützt. Die Entwicklung innovativer digitaler Lehr- und Lernkonzepte muss daher ebenso gefördert werden, wie die "Hardware" in den beruflichen Bildungszentren und die Weiterbildung der Lehrenden. Nur mit modernsten, digitalgestützten Maschinen und Anlagen sowie hochqualifizierten Ausbildern kann das aktuelle technische Wissen exzellent an die Teilnehmenden vermittelt werden. Dafür bedarf es einer angemessenen und nachhaltigen finanziellen Unterstützung.
Innovationen ermöglichen
Eine weitere Voraussetzung für Exzellenz ist die Entwicklung und Erprobung entsprechender Innovationen im Bildungssystem. Dies erfolgt derzeit beispielsweise im Rahmen des Bundeswettbewerbs "Zukunft gestalten – Innovationen für eine exzellente berufliche Bildung (InnoVET)" vom BMBF. Unter den geförderten Projekten sind bereits drei, die federführend vom Handwerk betreut werden: LBT Forward (LandBauTechnik Bundesverband), Exzellenz Handwerk (HWK Ulm) und ProNet Handwerk (ZWH). Nach Abschluss der Projekte muss die Implementierung erfolgreicher Ergebnisse in das Bildungssystem nachhaltig sichergestellt werden – operativ und auch finanziell.
Bereiche der Exzellenz
Exzellenz in der Erstausbildung
Im Umfeld der Erstausbildung kann Exzellenz durch hochwertige zusätzliche Angebote wie das Berufsabitur, Zusatzqualifikationen, Auslandspraktika, duale oder triale Studiengänge und Berufswettbewerbe wie die Deutsche Meisterschaft im Handwerk, WorldSkills oder EuroSkills sichtbar gemacht werden. Diese Angebote müssen sich an die Leistungsträger der Erstausbildung richten. Dafür müssen Unterstützungsangebote etabliert werden, die gleichwertig zur akademischen Bildung sind. Wie etwa ein Deutscher Beruflicher Austauschdienst (DBAD).
Exzellenz in der Höheren Berufsbildung
Bildungskarrieren müssen durch das Angebot exzellenter Qualifikationen in der Höheren Berufsbildung unterstützt werden. Dabei spielen auch Kooperationen von Weiterbildungseinrichtungen der Wirtschaft mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen (z. B. durch die Einrichtungen von FabLabs und MakerSpaces), die beispielsweise in InnoVET-Projekten bereits erprobt werden, eine wichtige Rolle.
Zur Sicherung des Unternehmernachwuchses ist die Weiterentwicklung des Aufstiegs-BAföG notwendig, um junge Handwerkerinnen und Handwerker auch in Zukunft zur Weiterbildung zu motivieren. Teilnehmerinnen und Teilnehmern sollten von den Kurs- und Prüfungsgebühren entlastet werden. Und auch die Förderung einer zweiten Fortbildung pro Fortbildungsstufe muss künftig möglich sein.
In der Begabtenförderung müssen die Angebote der beruflichen und der akademischen Bildung langfristig enger verzahnt werden und auch finanziell gleichwertig ausgebaut werden. Das aktuelle Missverhältnis in der Förderung (ca. 70 Mio. Euro jährlich in der beruflichen Begabtenförderung und ca. 340 Mio. Euro jährlich in der akademischen Begabtenförderung) muss aufgelöst werden. Zusätzliche Weiterbildungsstipendien sind eine Möglichkeit, attraktive Berufslaufbahnen individuell zu fördern.
Exzellenz in der Berufstätigkeit
Auch für Betriebsinhaberinnen und -inhaber, Führungskräfte sowie Ehrenamtsträgerinnen und -träger braucht es passgenaue Exzellenzangebote, um hochqualifizierte Fachkräfte zu gewinnen, die Unternehmensnachfolge zu sichern und vom Technologie- und Innovationstransfer mit Hochschulen und Bildungszentren der Wirtschaft zu profitieren. Vor diesem Hintergrund muss bereits in den schulischen Curricula eine Sensibilisierung für Unternehmertum sowie die Befähigung für gesellschaftlich verantwortungsvolles Handeln berücksichtigt werden. Und auch für Berufstätige muss der Zugang zum DBAD offenstehen.
Eine ausführliche Stellungnahme des ZDH zum Thema Exzellenzinitiative für den Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung wurde im Januar 2023 veröffentlicht.
Exzellenz im Handwerk: #AusbildungSTARTEN für die Bildungskarriere
Mit der Veranstaltung "Exzellenz im Handwerk: #AusbildungSTARTEN für die Bildungskarriere" gestalteten das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) am 31. Mai das dritte Jahr in Folge gemeinsam den Auftakt zum "Sommer der Berufsausbildung".