Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Brotal gut

„Das Klischee vom mehlverschmierten Bäcker stimmt schon lange nicht mehr“, erzählt der fränkische Brotsommelier Axel Schmitt. „Das ist kein seelenloser Fließbandberuf. Wir sind jung und geil und innovativ.“
Bäcker Axel Schmitt mit einem seiner Brote.

Bäckermeister Axel Schmitt mit einem seiner Brote.

Durch die Coronapandemie haben viele Menschen angefangen, selbst zu backen. Axel Schmitt findet das klasse. Die Kunden bekämen so ein besseres Gespür für Qualität, und das kommt wiederum den Bäckern zugute. „Die Geiz-ist-geil-Mentalität haben wir Gott sei Dank hinter uns. Die Menschen verstehen wieder besser, was ein gutes handwerkliches Produkt ausmacht.“ In seiner Schaubackstube bietet er deshalb Backkurse und Brotdegustationen an.
 

Im ganzen Haus riecht es nach frischen Brötchen

Nachts, so gegen halb elf, ist Axel Schmitt gern der erste unten in seiner Backstube. Der Bäckermeister aus Frankenwinheim liebt diesen Moment der Ruhe, bevor es betriebsam wird. Er heizt dann schon mal den Ofen an, schaut nach der Fermentation, hegt die Backwaren. Ab Mitternacht trudeln dann seine Mitarbeiter ein: die Meister, die Gesellen, die Auszubildenden und die Kommissionierer, die die bestellten Waren für die Kunden zusammenstellen. Zwischen zwei und vier Uhr morgens steigt der Chef die Treppe zur Schmittschen Wohnung hinauf, legt sich noch mal aufs Ohr. Und wenn er, seine Frau und die beiden Kinder gegen sechs wach werden, riecht es im ganzen Haus nach frischen Brötchen.

Das klingt nach Tradition und Mehlstaub. Aber da ist noch weit mehr. Denn der 39-jährige Franke Axel Schmitt ist nicht nur ein passionierter Bäcker und Konditor in vierter Generation. Er ist auch ein lebenshungriger, humorvoller Mensch, der beides will: gut arbeiten und gut leben.
 

Verhältnis zwischen Sauerteig und Schallwellen

Und zu Freude und Spaß an Arbeit und Leben gehört bei Axel Schmitt unbedingt die Musik. Seine Liebe zum Lauten und Ungestümen geht so weit, dass er während seiner Ausbildung zum Brotsommelier eine Arbeit darüber geschrieben hat, wie sich Sauerteig verhält, wenn er beschallt wird. „Quasi Mozart versus ACDC“, lacht Schmitt. Er schiebt sich das knallrote Basecap in die Stirn und zwirbelt den blonden Kinnbart. Das Ergebnis der Testreihe: Die Musikrichtung ist egal, es kommt auf die Frequenz an. Je kleiner die Schallwelle, desto stärker aktiviert sie die Mikroorganismen, mehr Säure zu bilden. Da ist es wenig überraschend, dass Metal-Fan Schmitt seit ein paar Jahren der offizielle Bäcker des Wacken-Festivals ist, das allsommerlich in Schleswig-Holstein über die Bühne geht.

Überhaupt ist ihm das Überraschende wichtig, auch in Bezug auf sein Handwerk, das er liebt und wertschätzt. „Das Klischee vom Bäcker, der mehlverschmiert im Unterhemd rumtanzt, stimmt schon lange nicht mehr“, betont er. „Das ist kein seelenloser Fließbandberuf. Wir sind jung und geil und innovativ.“ Dazu gehört für ihn mehr als nur ein cooles Image. Bei Schmitt wird in der Backstube modernste Technik eingesetzt, die es auch Frauen ermöglicht, den Beruf auszuüben. Quereinsteiger sind hochwillkommen, und selbstverständlich wird ausgebildet.
 

Eigenkreation: „Naturschutzbrot“

Axel Schmitt sind Regionalität und Nachhaltigkeit ungemein wichtig. Retour-Backwaren gehen bei ihm wieder zurück in den Futterkreislauf, und die Energie kommt aus dem eigenen Blockheizkraftwerk. „Was wir von der Natur kriegen, geben wir gern zurück.“ Gemeinsam mit fränkischen Landwirten hat er deshalb ein „Naturschutzbrot“ kreiert, dessen Korn mit nur wenig Dünger angebaut wird.

Als im Jahr 2020 die Coronapandemie zum Problem für das ganze Land wurde, hat er ein „FCK Corona Brot“ kreiert, dessen Erlös er sozialen Projekten weitergereicht hat. Und als während des Lockdowns die Kundinnen und Kunden Sorge vor Ansteckungen hatten, hat er kurzerhand eine leerstehende Tankstelle gemietet und dort ein Brot-Drive-in eröffnet. Drei Mitarbeiter konnte er dafür aus der Kurzarbeit holen. Miesepeterei ist ihm ein Graus. Und um die Stimmung zu heben, hat er gemeinsam mit 45 anderen Bäckerinnen und Bäckern ein temporeiches und witziges Musikvideo aufgenommen: „Bäcker gegen Corona – jetzt bekommt das Virus was auf die Ohren“. Man sieht Axel Schmitt da begeistert auf sein Schlagzeug eindreschen und spürt: Dieser Mann hat noch sehr viel Energie, komme was wolle.

Axel Schmitt im Fahrzeug an seinem Brot-Drive-In.

Axel Schmitt vor seiner Drive-in-Bäckerei, die er während dem ersten Lockdown 2020 eingerichtet hat.

Diese Handwerk-Story erschien zuerst im ZDH-Jahrbuch 2021.