Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Das Erfolgsgeheimnis: Vernetzung

Der Bauingenieur Uwe Stieblich fertigt mit seinem Güstrower Metallbauunternehmen schlüsselfertige, energieautarke Gebäude aus einer Hand mit einem grünen Fußabdruck. Bereits seit 2005 werden Photovoltaikanlagen in die Bauten integriert.
Stieblich Hallenbau GmbH

Wenn Uwe Stieblich in seine zweimotorige "Beechcraft Baron" steigt, dann übernimmt der 67-jährige in der Regel selbst den Steuerknüppel und fliegt zu einem seiner Kunden in Deutschland, Südpolen, Österreich oder Skandinavien: "In Wien bin ich so in gerade mal zwei Stunden." Zu den Kunden der Stieblich Hallenbau GmbH gehören Handwerks-, Industrie- und Gewerbeunternehmen, mit denen das Güstrower Unternehmen energieautarke und schlüsselfertige Hallen- und Bürogebäude realisiert. "Als Metallbauunternehmen gehören wir zu 80 bis 90 Prozent zum Handwerk, der Rest zur Industrie. Wir leben hier in Güstrow ein reges Innungsleben und können auch auf eine gute Zusammenarbeit mit der Kreishandwerkerschaft blicken", erzählt Uwe Stieblich stolz.

Die Handwerksorganisation und Vernetzung sind ihm wichtig. Neben dem Eingang zu seinem Büro in dem lichtdurchfluteten viergeschossigen Stahl- und Glasgebäude hängen die vielen Ehrenurkunden und Auszeichnungen: unter anderem als Ehren-Landesinnungsmeister nach 15 Jahren als Landesinnungsmeister, die Bundesverbandsnadel in Gold des Bundesverbands Metall, die Ehrennadel in Gold der Handwerkskammer Schwerin, die Ehrennadel in Gold der Kreishandwerkerschaft Güstrow und eine Ehrenurkunde der Stadt Güstrow. "Wenn man im Ausland tätig ist, wo es diese Netzwerke nicht gibt, dann weiß man erst einmal, was man an dem deutschen System der Handwerksorganisation hat", erzählt Uwe Stieblich.

Wenn man im Ausland tätig ist, wo es diese Netzwerke nicht gibt, dann weiß man erst einmal, was man an dem deutschen System der Handwerksorganisation hat.

Alles aus einer Hand

Sein Unternehmen, die Stieblich Hallenbau GmbH, ist international aufgestellt: Unter den etwa 75 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind acht Nationen vertreten. Und zum Mitarbeiterstamm zählen auch elf Auszubildende, unter anderem in den Bereichen Metallbau, Elektronik und Büromanagement. "Wir legen viel Wert auf Fort- und Weiterbildung und arbeiten sehr erfolgreich mit dem BilSE - Institut für Bildung und Forschung zusammen. Diese Zusammenarbeit erleichtert es uns, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Beispiel die verschiedenen Schweißer-Lizenzen erhalten oder Lizenzen im Bereich Schließ- und Sicherheitstechnik oder in den Werkstoffkenntnissen im Stahlbereich", berichtet Uwe Stieblich.

Eine gute Vernetzung – diesmal in den Wissenschaftsbereich hinein – ist auch hier eines seiner Erfolgsrezepte. Mit mehreren wissenschaftlichen Instituten, unter anderem dem Fraunhofer-Institut für Großstrukturen in der Produktionstechnik (IGP) in Rostock, arbeitet das Güstrower Unternehmen zusammen. "Gemeinsam forschen wir an Energiethemen für den gewerblichen Hallen- und Bürobau. Mit dem dadurch entstandenen modularen sowie skalierbaren System für den energieautarken Betrieb von Gebäuden können wir ein breites Spektrum an Kundenanforderungen abdecken."

Stieblich Hallenbau GmbH

Erneuerbare Energien sind für Stieblich Hallenbau kein neues Thema: Bereits seit 2005 werden Photovoltaik-Anlagen in die Bauten integriert. 2015 hat das Unternehmen einen Gittermast für Windenergieanlagen entwickelt. "Wir fertigen Hallen aller Art – Flugzeughallen, Produktionshallen, Lagerhallen, Auto- oder Feuerwehrhäuser, Nahrungsmittel- oder Landwirtschaftshallen. Außerdem Bürogebäude aus Stahl und Glas, Rundhallen für Flugzeuge und Flugzeugtore für Hangars bis 30 Meter Spannweite. CO2-Reduktion, Energiegewinnung und Nachhaltigkeit sind inzwischen wichtige Kriterien bei der Planung, Finanzierung und Realisierung solcher Bauprojekte. Deswegen setzen wir auf schlüsselfertige, energieautarke Gebäude aus einer Hand mit einem grünen Fußabdruck", erklärt Uwe Stieblich. Jedes der Angebote bekommt einen Vorschlag dazu mitgeliefert, wie eine 70- bis 80-prozentige Energieautarkie erreicht werden kann. Gemeinsam mit dem Investor stellen die Güstrower den zukünftigen Energiebedarf des Gebäudes auf und planen dementsprechend Photovoltaikanlagen, eine Kleinwindenergieanlage (KWEA), machen Vorschläge zur Energiespeicherung sowie zum Management und zur Steuerung. Dafür wurde extra ein Fachingenieur auf diesem Gebiet aus Ägypten eingestellt. "Fachplanung und Realisierung kommen bei uns wie gehabt aus einer Hand. So können wichtige Prozesse parallel laufen. Das spart viel Zeit und Geld", so der Unternehmer Stieblich. Auch neben dem 23 Jahre alten Hauptgebäude in Güstrow, um das sich mittlerweile neun Hallen für die Fertigung scharen, stehen eine 30-kW-Windkraftanlage und zahlreiche Photovoltaikanlagen. "Wir sind als Unternehmen selbst mittlerweile zu etwa 70 Prozent energieautark," berichtet Uwe Stieblich.

Wer kreativ, selbstbestimmt und erfolgreich sein möchte, für den bietet das Handwerk ausgezeichnete Möglichkeiten.

Familienunternehmen in dritter Generation

Das Familienunternehmen schaut auf eine lange Geschichte zurück: Schon der Opa von Uwe Stieblich hatte ein eigenes Stahlbauunternehmen und einen Meisterabschluss aus dem Jahr 1935. Der Vater, Werner Stieblich, floh aus Pommern nach Deutschland. Im Krieg hatte er Flugzeugbau studiert und wurde später Bauningenieur in der DDR. Im Energiekombinat Nord hat Werner Stieblich Heizkraftwerke und Energieanlagen gebaut. Sohn Uwe hat an der TU Dresden ebenfalls Bauingenieurwesen studiert. Zehn Jahre arbeitet er gemeinsam mit dem Vater als Investbauleiter – bis zur Wiedervereinigung. Nach der Wende entscheiden beide gemeinsam: Jetzt machen wir das privat! "Als wir das Grundstück im Februar 1990 von der Treuhand gekauft haben, stand hier nichts", erzählt Uwe Stieblich. "Wir haben alles Punkt für Punkt mit KfW-Krediten aufgebaut. Alle anderen Betriebe haben ihre Ingenieure damals entlassen. Wir wussten, dass es nur von Vorteil sein kann, alles in einer Hand zu belassen und haben am Ingenieursbüro mit paralleler Fertigung und Montage festgehalten." Auf der Leipziger Messe 1990 erkennt Uwe Stieblich die großen Potenziale im schlüsselfertigen Hallenbau: "Eigentlich durfte ich zu der Messe gar nicht fahren, da ich nicht zum Reisekader gehörte. Aber ich bin dann einfach privat dorthin und habe mir die Stände angesehen. Da stand ein Mann auf einem Tisch und pries schlüsselfertige Hallen an, eine Traube von Menschen um ihn herum, die unterschreiben wollten. Da wusste ich gleich: DAS machen wir auch!" Jedes Jahr wird die Firma größer, das Unternehmen präsentiert sich seit 1992 auf der Hannover Messe. Der Kundenstamm wird schnell überregional und auch das Team international. Bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern spricht sich herum: Hier arbeiten Ukrainer gemeinsam mit Russen und Polen, mit Menschen aus Afghanistan und Litauen. Uwe Stieblich engagiert sich auch im Vorstand des Deutsch-Polnischen Wirtschaftskreises und reist zwei bis drei Tage im Monat nach Schlesien: "Dort merkt man den wirtschaftlichen Aufschwung sehr deutlich in den letzten zehn Jahren."

Die Nachfolge steht schon bereit

Stieblich Hallenbau GmbH

Als größte Herausforderung nennt Stieblich neben dem Fachkräftebedarf die Bürokratie: "Ich beschäftige hier zwei Vollzeitkräfte, die sich nur mit Bauanträgen und Genehmigungen beschäftigen. Es ist nicht hinzunehmen, dass wir selbst für die kleinen Windkraftanlagen, die wir planen, über drei Jahre Genehmigungsverfahren benötigen. Oder dass wir hier monatelang um Aufenthaltsgenehmigungen unserer Mitarbeiter kämpfen. Das wird jedes Jahr schlimmer."

Und dennoch: Trotz aller Herausforderungen hat es die Stieblich Hallenbau GmbH geschafft, auch die nächste Generation für das Handwerk zu begeistern: Sohn Steffen arbeitet als technische Leitung und Diplom Ingenieur bereits fleißig an der Seite seines Vaters als Prokurist. Seine Frau Anita ist für das Controlling verantwortlich. Die Ehefrau von Uwe Stieblich arbeitet in der Buchhaltung mit. Und mit den drei Enkeln steht die vierte Generation auch schon in den Startlöchern.

Handwerk und Wissenschaft kooperieren

Handwerk und Wissenschaft können sich gegenseitig inspirieren und bereichern. Kooperationen des Handwerks mit wissenschaftlichen Einrichtungen bieten zugleich die Möglichkeit, neue Erkenntnisse zu gewinnen und in die praktische Anwendung zu bringen. Der ZDH hat sowohl mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) als auch mit der Fraunhofer Gesellschaft Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen mit dem Ziel, in der Zukunft enger zusammenzuarbeiten und den Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Handwerk für mehr Innovationen zu stärken.

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Diese Handwerk-Story wurde zuerst im ZDH-Jahrbuch 2024 veröffentlicht. Das Jahrbuch zeigt unter dem Moitto "Neu denken. Zeit, zu machen." viele Positivbeispiele von Handwerkerinnen und Handwerkern in den Bereichen Transformation, Digitalisierung, Innovation und Gesellschaft.

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