Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Ein smartes Dach

Dachdecker- und Klempnermeister Felix Moll weiß traditionelles Handwerk mit moderner Technik zu verbinden. Er arbeitet mit seinem Team aktiv am smarten Gebäude und weiß sich zu präsentieren – bisher hat er keine Probleme, gute Leute zu finden.
Dachdecker Felix Moll

Handwerkerstolz in der dritten Generation: Felix Moll übernahm das 1980 vom Großvater auf dem Papier gegründete Unternehmen 2012 von Vater Willibert Moll.

Februar 2020: Sturmtief Sabine zieht über weite Teile Deutschlands hinweg, entwurzelt Bäume, legt den Flugverkehr lahm und lässt Dachziegel fliegen. "Wir hatten hier in der Region im Rhein-Kreis Neuss massive Sturmschäden. Viele unserer Privatkunden riefen an und hatten Sorgen, ob ihr Dach noch dicht ist. Wir wussten gar nicht, zu wem wir zuerst fahren sollten. Das war der Moment, wo wir dachten: Dafür müsste es doch eine smarte Lösung geben", erzählt Felix Moll, Dachdecker- und Klempnermeister und Chef der Moll Bedachungen und Bauklempnerei.

Die Idee zu einem KI-unterstützten Feuchtigkeitssensor

Felix und Anne Moll auf einem Dach mit ihrem entwickelten Feuchtigkeitssensor

Felix Moll mit seiner Schwester Anne: Die beiden haben gemeinsam einen innovativen Feuchtigkeitssensor entwickelt.

Er holt seine Schwester Anne mit ins Boot, die zu der Zeit im Projekt "Handwerk Digital" beim Bildungszentrum des Baugewerbes (BZB) in Krefeld arbeitet. Hier ist auch das "Schaufenster Krefeld" des Mittelstand-Digital Zentrums Handwerk angesiedelt, das sich schwerpunktmäßig mit dem Bereich "Digitales Bauen" beschäftigt, mit dem Ziel, kleinen und mittelständischen Betrieben im Handwerk den Weg für den digitalen Wandel zu ebnen.

"Wir hatten die Idee für einen Feuchtigkeitssensor, den man auch bei bestehenden Dächern nachrüsten kann, und der mir als Dachdecker und dem Eigentümer der Immobilie auswerten kann, ob das Dach dicht ist oder nicht", berichtet Felix Moll. Eigenfinanziert und mithilfe des Ignition Startup Accelerator Programmes des Digihub Düsseldorf bauen die Geschwister ein Team aus Daten- und KI-Experten auf und gründen ein Start-up, die bygg AI GmbH. Die Herausforderung der Technik erklärt Anne Moll: „Jede Steildacheindeckung – egal ob Tondachziegel oder Betondachstein – ist zunächst einmal nur regensicher, nicht regendicht. Für die eigentliche Regensicherheit und Witterungsbeständigkeit ist das Unterdach zuständig. Eine sogenannte Unterspann- oder Unterdeckbahn sorgt dafür, dass keine Feuchtigkeit in die Dämmschicht eindringen kann. Wir wollten explizit eine nachrüstbare Systemtechnik für geneigte Dächer entwickeln, da neun von zehn Dächern in Deutschland Steildächer sind.“ Dabei bestand die Anforderung, dass die Technik von nur zwei Mitarbeitern innerhalb weniger Stunden bei einem Standardeinfamilienhaus montiert werden kann und zwischen der Unterdachbahn und der harten Dacheindeckung platziert wird. Damit das System lernt, wie es einen Starkregen oder eindringenden Flugschnee von einem wirklichen Wasserschaden unterscheidet, musste es mit einigen zusätzlichen Daten gefüttert werden, die unter anderem über an den Feuchtigkeitssensor gekoppelte Sensoriken erfasst werden. Das Ergebnis der monatelangen Forschung ist ein modernes Plug-and-Play-System, das energieautark aufgrund einer kleinen Photovoltaikeinheit funktioniert. Es übermittelt unabhängig vom Internet des Hauses die Daten und sendet seine Ergebnisse auf das Smartphone des Eigentümers oder des zuständigen Dachdeckerbetriebs. „Das System kann den Zeitpunkt und Umfang des Schadens genau feststellen und mit den Daten des Deutschen Wetterdienstes abgleichen. Das ist wichtig für die Versicherungen“, erklärt Felix Moll. Im Moment ist das Projekt in der Langzeiterprobung bei unterschiedlichen Betrieben. Perspektivisch kann sich Felix Moll noch andere Einsatzgebiete der Sensoren vorstellen: bei Fußbodenheizungen, bei Sockel- und Fassadenabdichtungen oder in Bädern.

Mich reizt es, moderne Technik, wissenschaftliche Erkenntnisse und traditionelles Handwerk miteinander zu vereinen.

Handwerk ist auch Kopfarbeit

Felix Moll in der Werkhalle mit zwei Mitarbeitern

"Das mag ich an meinem Beruf: Dass er sich weiterentwickelt. Und dass Kopfarbeit genauso dazuzählt wie die praktische Arbeit auf dem Dach", erzählt Felix Moll. Der 34-Jährige ist Dachdecker aus Leidenschaft und stand schon als Kind mit seinem Vater Willibert Moll, der nach wie vor als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Dachdeckerhandwerk arbeitet, auf diversen Dächern. Schon der Großvater war Dachdecker und gründete 1980 in Korschenbroich den Betrieb für seinen Sohn. Ob es immer klar war, dass auch Enkel Felix den Betrieb 30 Jahre später einmal von seinem Vater übernimmt? "Mein Vater hat das sehr schlau gemacht und mir ein Schülerpraktikum im Bauamt organisiert. Nachdem ich dort zwei Wochen lang Ordner beschriftet habe, war klar, dass das nichts für mich ist", erzählt Felix Moll schmunzelnd. 2011 macht er seinen Meister als Dachdecker und Bauklempner und übernimmt ein Jahr später den Betrieb. Seine Frau Judith deckt als Büromanagerin den organisatorischen und kaufmännischen Bereich ab. "Wir sind ein echter Familienbetrieb. Ich schätze vor allem den Wissensaustausch mit meinem Vater, und ohne meine Frau würde hier gar nichts gehen", erzählt Felix Moll.

Auch am Abendbrottisch ist der Betrieb ein ständiges Thema. Mit fast 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter Dachdeckermeister, Hochbautechniker und eine angehende Dachdeckergesellin, zählt die Moll Bedachungen & Bauklempnerei GmbH zu einem der größeren Handwerksbetriebe der Region. Bis vor einem Jahr arbeitet Felix Moll aus eigenem Antrieb heraus sieben Tage die Woche, weit über einen Acht-Stunden-Tag hinaus. "Das war zu viel. Das habe ich leider auch gesundheitlich zu spüren bekommen. Auch wenn ich es liebe zu arbeiten, musste ich auch lernen, pünktlich Feierabend zu machen, um dann ganz für meine kleine Tochter da sein zu können", erzählt Felix Moll ehrlich.

Für die neu gewonnene Work-Life-Balance musste er zwei neue Mitarbeiter einstellen und mehr Verantwortung an seine rechte Hand, den Dachdeckermeister und mittlerweile stellvertretenden Geschäftsführer Christian Groth übergeben. Ob es schwer ist, gute Leute zu finden? "Das Problem kennen wir ehrlich gesagt nicht. Als junges und modernes Unternehmen stellen wir uns in den Sozialen Medien und auf unserer Website dar und legen auf Marketing viel Wert. Wir haben zum Glück bisher keine Probleme, gute Leute zu finden", erzählt der Dachdeckermeister mit großer Wertschätzung für sein Team.

Bei uns als Familienunternehmen ist das Dach auch immer Thema am Abendbrottisch.

Eine moderne Arbeitsumgebung

Dachdecker Felix Moll auf dem Dach

Mit Drohnen vermisst Felix Moll mit seinem Team die Dächer und ermittelt den exakten Bedarf an Photovoltaikmodulen.

Auch die Arbeitsabläufe hat der Handwerksbetrieb mit moderner Technik optimiert. Das geht los beim Kundenservice mit einer Terminbuchungsmöglichkeit und einem Sanierungsrechner auf der Website und reicht bis zur Ausstattung auf den Baustellen. "Wir vermessen alle Dächer nur noch mit Drohnen. Das ist sehr viel exakter als die alten Methoden", erklärt Felix Moll. Als es in den vergangenen Monaten Lieferengpässe für viele Materialien gab, konnten die Bestellungen auf diese Weise viel exakter durchgeführt werden. Mit der Drohne im Gepäck geht der Chef auch schon einmal an Schulen, um für seinen Beruf zu begeistern. "In der Ausbildung zum Dachdecker oder zur Dachdeckerin lernt man, sowohl mit traditionellen Werkzeugen wie dem Schieferhammer als auch mit zeitgemäßer Technik umzugehen. Diese Mischung aus Tradition und Moderne reizt viele junge Menschen", weiß Felix Moll aus seinem Austausch mit den Schulen zu berichten. Darüber hinaus engagiert er sich ehrenamtlich in der Handwerksorganisation. Er ist Mitglied im Vorstand der Dachdecker-Innung Rhein-Kreis Neuss, Vorsitzender der Gilde und Mitglied im Dachdeckerverband Nordrhein, stellvertretender Vorsitzender des Berufsbildungswerks des Deutschen Dachdeckerhandwerks (BBW), Mitglied im Fachausschuss Solarenergie des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) sowie seit 2022 auch im Vorstand der Handwerksjunioren im Kammerbezirk Düsseldorf.

Ehrenamtliches Engagement als Selbstverständlichkeit

Das ausgezeichnete Teamwork ermöglicht Felix Moll zeitlich seine zahlreichen ehrenamtlichen Tätigkeiten in der Handwerksorganisation. "Für mich ist klar, dass ich mich in der Handwerksorganisation engagiere. Denn diese Netzwerke bestehen seit weit über hundert Jahren und legen die Leitlinien unserer Tätigkeit fest. Das ist Grundlage meiner Arbeit. Daran möchte ich selbstverständlich mitwirken, und ich schätze den Wissens- und Erfahrungsaustausch enorm. Schon oft konnte ich hier fachliche oder betriebswirtschaftliche Fragen klären", berichtet er. Für Felix Moll ist sein Handwerk Hobby und Lebensaufgabe zugleich. Er ist einer, der mitgestalten möchte, voller Ideen für die Zukunft.

Sich ehrenamtlich in der Handwerksorganisation zu beteiligen, ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Das funktioniert nur mit einem starken Team im Rücken.

Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk

Die digitale Transformation ist für das Handwerk mit großen Chancen verbunden. Viele Betriebe setzen bereits heute auf innovative digitale Lösungen und sind damit wirtschaftlich erfolgreich. Die Handwerksorganisation stellt ein umfassendes Beratungsangebot für Betriebe und Beschäftigte zum Thema Digitalisierung bereit. Dabei unterstützt insbesondere das Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk. Als erster Ansprechpartner für das Handwerk bietet es neben Good-Practice-Beispielen, Dialogformaten und Analysetools auch Qualifizierungsangebote, die auf spezifische handwerkliche Bedarfe abgestimmt sind.

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Diese Handwerk-Story wurde zuerst im ZDH-Jahrbuch 2024 veröffentlicht. Das Jahrbuch zeigt unter dem Moitto "Neu denken. Zeit, zu machen." viele Positivbeispiele von Handwerkerinnen und Handwerkern in den Bereichen Transformation, Digitalisierung, Innovation und Gesellschaft.

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