Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Glücksmomente in haarigen Zeiten

Die Frisöre Daniel und Marco Illiges aus Wiedenbrück schneiden Menschen, die besonders stark vom Corona-Lockdown betroffen sind, kostenlos die Haare.
Die beiden Friseure Daniel und Marco Illiges stehen hinter einer Kundin in ihrem Laden, alle tragen Gesichtsmasken.

Solidarisch zeigen sich die „Haarschneidebrüder“ Daniel und Marco Illiges (stehend, v.l.) mit all den Berufstätigen, die jetzt wegen des Teil-Lockdowns ihren Beruf nicht ausüben dürfen. Sie bieten einen kostenlosen Haarschnitt an.

Einfach mal den Kopf frei bekommen – das gelingt besonders gut, wenn ihn sanft kreisende Finger mit duftendem Shampoo verwöhnen und schließlich wohlig-warmes Wasser mit dem Schaum all die bedrückenden Sorgen hinwegspült. Solche Glücksmomente schenken die Friseurmeister Daniel und Marco Illiges nun denjenigen, die aufgrund des Teil-Lockdowns ihre Geschäfte erneut herunterfahren müssen.

Zeichen der Solidarität

„Gastronomen, Berufstätigen aus der Beautybranche wie Kosmetikerinnen oder aus dem Eventbereich bieten wir im November einen kostenlosen Haarschnitt an“, zählt Daniel Illiges diejenigen auf, für die es aufgrund der geltenden neuen Coronaschutzregeln besonders haarig wird. Sieben Wochen hätten sie selbst unter einem Lockdown zu leiden gehabt, drei Wochen unter einem Lockdown Light, unterstreicht der 37-Jährige, der mit seinem Bruder in Wiedenbrück sowie in Bielefeld einen Friseursalon betreibt, warum ihnen diese Solidaritätsaktion am Herzen liegt.

„Wir müssen doch etwas tun und irgendwie helfen“ – aus diesem Antrieb heraus sei die Idee geboren, die beide „aus dem Bauch heraus“ in die Tat umgesetzt hätten, berichtet Daniel Illiges. Mit ihrem Angebot sind sie seit Sonntagabend in den sozialen Medien auf Facebook und Instagram vertreten, mehr als 13.000 Aufrufe hätten sie dort bereits am Montagvormittag verzeichnet, sowie zudem Verlinkungen. Bis 10.30 Uhr seien bereits rund 50 Anfragen eingegangen, freut sich Daniel Illiges über die Resonanz.

Waschen, schneiden, föhnen

Waschen, schneiden, föhnen – um diesen Wunsch so vielen Interessenten wie möglich erfüllen zu können, werden, so der 37-Jährige, „alle Mitarbeiter ein paar Stunden mehr machen“. 13 Mitarbeiter sind in beiden Geschäften tätig, acht von ihnen an der Langen Straße in Wiedenbrück. Die Hygieneregeln würden selbstverständlich eingehalten, von den üblicherweise 14 Plätzen nur die Hälfte genutzt.

Auf einem davon hat es sich am Montagmorgen Danielle Korfmacher bequem gemacht. Sie leitet das nur ein paar Häuser weiter liegende Bistro-Café Anker-Villa. „Die Aktion ist total klasse“, sagt die Stammkundin, die unterstreicht: „Es ist wichtig, zu überlegen, wie wir uns gegenseitig unterstützen können.“ Wenn das Café wieder öffnen darf, stelle sie dort einer Frau, die Filzwaren herstellt, und einer Floristin Fläche zur Verfügung, auf der sie ihre Ware anbieten können. Doch nun sind erstmal die Pforten geschlossen, beziehungsweise nur der Außer-Haus-Verkauf möglich. Die Bandbreite reicht von warmen Speisen bis hin zu kleinen Präsenten. „Unser Konditor geht jetzt voll in die Weihnachtsproduktion mit Christstollen und Gebäck“, berichtet die 52-Jährige.

Lob von den Kunden

Zum Teil-Lockdown sagt Danielle Korfmacher: „Ich verstehe das total“. Gleichzeitig sei es schade, denn, so sagt sie: „Wir hatten ein tolles Hygienekonzept.“ Beispielsweise sei schon ein Lüftungssystem für November bestellt und für draußen stünden zwei Heizstrahler zur Verfügung.

Ein anderer Stammkunde hat es sich ein Stockwerk höher im Frisiersessel bequem gemacht. Fabio Alazza betreibt das Restaurant „Filippo“ in Wiedenbrück und empfindet die Situation aufgrund der neuen Verordnung als „sehr bitter“. Gerade der November und Dezember mit den Weihnachtsfeiern seien wichtige Monate fürs Geschäft. Doch er weiß auch Positives zu berichten: „Corona hat mir gezeigt, da sind Menschen da draußen, die füreinander da sind.“ Schon beim Lockdown zuvor habe er viel solidarische Unterstützung erfahren. Kunden hätten Gutscheine erworben und jemand habe sogar angeboten, eine volle Monatsmiete zu übernehmen.

„Wir machen das nicht zu PR-Zwecken“

Solidarität ist auch das, was die Illiges-Brüder antreibt. „Wir machen das nicht zu PR-Zwecken“, betont Daniel Illiges und fügt hinzu: „Wenn wir Selbstständigen jetzt nicht zusammenhalten, wann dann?“ Sie selbst hätten einige Kunden aus dem Gastronomie- und Eventbereich, die sie anderen weiterempfohlen hätten. Nun sei es an der Zeit, etwas zurückzugeben. Und er stellt fest, worunter die Geschäftsleute im Zentrum leiden: „Die Bewegung in der Stadt fehlt.“

Stillstand ist vorerst auch bei Friedhelm Dürbusch eingekehrt. Der Eigentümer des Hotels Wartburg freut sich über das Entspannungsprogramm und den Balsam für die Seele. Er ist gespannt, wie hoch die staatlichen Entschädigungen ausfallen werden. Zugleich merkt an: „Es ist alles besser, als in Italien oder Spanien zu leben, wo es gar nichts gibt.“

„Wow, Hut ab“

Während die Brüder ihre Gäste verwöhnen, muss Gonca Bas-Koc untätig zusehen. Seit 2015 nutzt sie als selbstständige Kosmetikerin Räumlichkeiten in dem Salon an der Langen Straße. Warum sie im Gegensatz zu den Friseuren nicht arbeiten kann, leuchtet ihr nicht ein, zumal in ihrem Beruf auf Hygiene ohnehin großer Wert gelegt werde. Zu der Aktion der Brüder sagt sie „Wow, Hut ab“ und freut sich auch schon auf einen Verwöhntermin.

  • Daniel Illiges steht hinter einer Kundin, beide tragen eine Gesichtsmaske.

    Daniel Illiges schaut bei einer Kundin, ob die neue Frisur sitzt.

  • Marco Illiges steht hinter einem Kunden, beide tragen eine Gesichtsmaske.

    Marco Illiges setzt zu den letzten Feinschliffen bei einem Kunden an.

Diese Story von Katharina Werneke erschien zuerst in der regionalen Tageszeitung Die Glocke.

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