Hineinwachsen mit Plan: Unternehmensnachfolge im Familienbetrieb
Im Alter bis 60 Jahre denkt kaum ein erfolgreicher Unternehmer daran aufzuhören. Die Frage danach, wann und wie man einmal seinen Ruhestand begeht – und was dann aus dem mühsam aufgebauten Betrieb wird – darf man sich dagegen durchaus schon frühzeitig stellen. So wie Klempnermeister Martin Schaaf. Sein 1996 unter dem Namen Flaschnerei Hessel gestartetes Unternehmen vereinigt heute als Schaaf GmbH Klempner, Zimmerer und Dachdecker unter einem Dach. Alle Gewerke sind mit Meistern vertreten. Seit 2016 ist auch Tochter Hanna im Unternehmen, im Folgejahr kam ihr Bruder David hinzu. Beide wollen den Familienbetrieb, in dem auch Onkel und Tante der Geschwister arbeiten, einmal als Leitungsteam vom Vater übernehmen. Die Vorbereitungen für eine stimmige Unternehmensnachfolge sind in vollem Gange, auch wenn der Wechsel erst in einigen Jahren ansteht. David und Hanna Schaaf wollen sich bestmöglich vorbereiten.
Unternehmensnachfolge aus Überzeugung
Dass Hanna Schaaf einmal ins Handwerk will, wusste die 27-jährige Raumausstattermeisterin schon früh. „Die Zimmerei habe ich mir aber offen gesprochen nie zugetraut. Als ich klein war, wollte ich eigentlich erst Tierpflegerin im Zoo werden. Doch selbst in diesem Alter war ich schon besorgt, dass Papas Betrieb einmal in andere Hände gehen könnte“, erzählt Schaaf mit einem Lächeln. Sie ergänzt: „Unser Vater hat uns allerdings immer gesagt, dass wir einmal machen sollen, was uns gefällt, und die Firma nicht übernehmen müssen.“ Auch als sich Sohn David für eine Ausbildung zum Zimmerer entschied war die klare Ansage des Vaters, den Beruf betriebsfremd zu erlernen.
Passion Betriebsführung
„Die tägliche Arbeit auf dem Dach kann ich mir nicht vorstellen“, erklärt Hanna Schaaf. „Ich habe großen Respekt vor allen, die diesen Beruf mit Leidenschaft ausführen. Besonders beeindruckt bin ich von den Frauen, die sich auf dem Dach behaupten.“ Dennoch bewarb sich die Raumausstatterin beim Vater, als dieser eine Meisterstelle mit deutlichem Gewicht auf Betriebswirtschaft ausschrieb. „Kalkulation war ohnehin eine meiner beruflichen Schwerpunkte,“ erklärt Hanna Schaaf. „Ich interessiere mich sehr für betriebswirtschaftliche Prozesse und Themen wie Controlling und Personalführung.“
Zunächst bildete sie sich im Betrieb zur Fachkraft für Arbeitssicherheit weiter. Kontinuierlich verstärkte sich der Wunsch, das Unternehmen auch auf Führungsperspektive zu unterstützen. Was folgte, waren viele Gespräche: zwischen Vater und Tochter sowie mit dem Bruder, der den Gedanken einer Übernahme, unabhängig von seiner Schwester, auch schon ins Auge gefasst hatte. Und Hanna Schaaf redete mit Beratern der Handwerkskammer, Steuerberatern und Chefs von Betrieben in ähnlichen Situationen.
Berufliches und Persönliches klar trennen
Für eine möglichst erfolgreiche Unternehmensnachfolge nimmt sich Familie Schaaf Zeit: Vater Martin plant den Ausstieg im Dezember 2024. „Es gibt sehr unterschiedliche Arten, im Familienbetrieb eine Nachfolge anzutreten. Wird der Betrieb einfach als Schenkung an die Nachfolger übergeben oder kaufen diese den Betrieb? Die verschiedenen Möglichkeiten und entsprechenden Fragen der Finanzierung müssen sorgsam erwogen werden“, erklärt Hanna Schaaf.
Auch auf der zwischenmenschlichen Ebene sollte der Generationenwechsel funktionieren. Das gilt für die Akzeptanz bei den Mitarbeitern, die teils schon viele Jahre im Team sind. Das gilt aber ebenso für das Zusammenspiel von Vater und Kindern. Da kommen häufig ähnliche Ziele, aber auch recht unterschiedliche Erfahrungsschätze zusammen. „Man muss lernen, Kritik richtig zu äußern und aufzunehmen, ohne das persönlich zu nehmen“, meint die Unternehmertochter. „Der professionelle Umgang miteinander ist wichtig, fernab der familiären Bande.“ Um Persönliches und Berufliches klar voneinander trennen zu können, lässt sich Hanna Schaaf von einem Coach betreuen. Er hilft ihr dabei, das Profil der Unternehmerin herauszuarbeiten und von der privaten Hanna Schaaf abzugrenzen.
Professionellen Rat einholen hilft
Das großzügige Zeitfenster für die Nachfolge haben sich Hanna und David Schaaf auch gesetzt, um ohne Druck in die Position der Geschäftsführung hineinwachsen zu können. Damit das gut funktioniert, bilden sich die beiden weiter und holen professionellen Rat ein. „Betriebswirtschaftlich muss man sich stetig auf Stand bringen“, meint die Schwester. Allein im deutschen Steuerrecht findet man sich ohne professionelle Unterstützung eines Steuerberaters nur schwer zurecht. Die Unternehmensberater der Handwerkskammer kennen sich dagegen mit den bürokratischen Hürden aus und kennen die organisatorischen Herausforderungen bei der Unternehmensnachfolge.
Verantwortungsgefühl gegenüber den Mitarbeitern
„Der wichtigste Rat seitens der Handwerkskammer war für mich, ein konkretes Datum festzustellen, auf das man zielgerichtet hinarbeiten kann“, resümiert die angehende Unternehmerin. Sie besucht zahlreiche Fortbildungen, etwa zum Thema Mitarbeiterführung, um sich optimal vorzubereiten. „Als Mitinhaberin der Schaaf GmbH bin ich später ja nicht mehr nur für mich verantwortlich, sondern für die gesamte Belegschaft. Dieser Verantwortung will ich bestmöglich gerecht werden.“ Eine Herausforderung, der sich die Geschwister mit Enthusiasmus, Anspruch und einem durchdachten Konzept stellen. Für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge ist das eine gute Basis.
Diese Story von Michael Podschadel erschien zuerst auf DACH\LIVE.