Norddeutsches Kommunikationstalent

Geschäfts- und Lebenspartner:
Linda und Johannes Friedrich Marx.
Foto: Baltic Akustik GmbH
Den Mecklenburgern wird oft nachgesagt, sie seien schweigsam und reserviert, mit einer rauen Schale. Doch Johannes Friedrich Marx, gebürtiger Rostocker und Hörakustikmeister, widerlegt dieses Klischee eindrucksvoll. Die Stärke und der Erfolg seines Betriebes "Baltic Akustik" basiert vor allem auf Kommunikation und individueller Beratung.
Mitten in der charmanten Einkaufsstraße mit ihren vielen kleinen historischen Fischer- und Kapitänshäusern im Rostocker Stadtteil Warnemünde und nur 300 Meter vom Ostseestrand entfernt, liegt das Stammgeschäft von Johannes Friedrich Marx. Gemeinsam mit seiner Lebens- und Geschäftspartnerin Linda Marx führt er den Betrieb. Nachdem er 2006 seine Ausbildung zum Hörakustiker abschloss und nach der Meisterprüfung in mehreren Unternehmen tätig war, hat er im Mai 2021 mit der studierten Politik- und Bildungswissenschaftlerin sein eigenes Unternehmen gegründet.
Keine Schema F-Lösungen
"Wir legen großen Wert darauf, unsere Informationen barrierefrei aufzubereiten, sei es in Broschüren, auf unserer Website oder über Social Media. Unsere Arbeit konzentriert sich darauf, unsere Kundinnen und Kunden fachgerecht zu versorgen und die Hörgesundheit zu erhalten", erklärt Marx. Wo große Ketten auf schnelle Lösungen setzen, nimmt "Baltic Akustik" sich die Zeit für ausführliche Beratungen, individuelles Hörtraining, Anpassungen und Nachbetreuungen. Bei Bedarf werden auch Hausbesuche angeboten. Die Kundschaft reicht vom Kind bis zum Senior, vom Tinnitus-Geplagten bis zum nahezu Gehörlosen.
"Viele unserer Kunden kommen auf Anraten ihrer Angehörigen zu uns, da Schwerhörigkeit sich oft schleichend entwickelt. Das kann gravierende Folgen haben – von Konzentrationsschwierigkeiten bis hin zur sozialen Isolation", erläutert Marx. Dank modernster Technik, wie der digitalen 3D-Abformung des Gehörgangs, passt "Baltic Akustik" die Hörgeräte präzise an die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden an – wenn gewünscht, sogar remote.
Wir bilden uns und unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ständig weiter, interessieren uns für Neuigkeiten, Trends und Innovationen der Branche. Als inhabergeführter Betrieb sind wir schnell und können direkt auf Innovationen reagieren
Hörverlust verläuft oft schleichend

Digitalisierung ist auch in der Hörakustik das Megathema: Moderne Hörgeräte sind quasi kleine Minicomputer und können via Remote Support feinjustiert werden. Die Klangqualität lässt sich sogar über die Handy-App steuern.
Foto: Baltic Akustik GmbH
Rund neun Millionen Deutsche haben Hörprobleme, aber nur 20 Prozent nutzen ein Hörgerät. Viele zweifeln an der Klangqualität oder fürchten optisch auffällige oder unbequeme Geräte. Doch moderne Hörgeräte sind heute hochentwickelte Minicomputer, die sich per Bluetooth mit Fernsehern oder Telefonen verbinden lassen. Über Apps können sie individuell eingestellt und sogar per Fernwartung remote vom Hörakustiker optimiert werden. "Hörgeräte sind heutzutage so klein, dass sie kaum sichtbar und sehr komfortabel sind", betont Marx. Er fügt hinzu: "Es gibt allerdings weltweit nur sechs Konzerne, die in die Forschung auf diesem Gebiet investieren – und nur einer davon stellt seine Chips noch in Europa her. In der Pandemie wurde deutlich, wie wichtig es ist, dass Hörgeräte-Chips weiterhin in Europa produziert werden."
Hörtraining als Schlüssel zum Erfolg
Was unterscheidet "Baltic Akustik" von anderen Anbietern? Johannes Friedrich Marx denkt kurz nach, während er Kasey krault – die Hündin hat ihren Stammplatz hinter dem Tresen und holt sich gern mal eine Streicheleinheit ab. "Wir versprechen keine Wunder und setzen nicht auf marktschreierische Werbung. Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt", sagt Marx. Der eigentliche Schlüssel zum Erfolg liege nicht nur in der Technik, sondern auch im Gehirn. "Neue Geräusche stressen das Gehirn zunächst. Viele sind anfangs überfordert, wenn sie wieder besser hören. Daher landen neue Hörgeräte oft ungenutzt in der Schublade." Um das zu verhindern, bietet "Baltic Akustik" das Renova-Hörtraining an, das in Zusammenarbeit mit HNO-Ärzten und -Ärztinnen entwickelt wurde. Baltic Akustik ist bislang der einzige Anbieter in Ostdeutschland, und Kundinnen und Kunden kommen sogar aus Berlin und noch weiter entfernten Regionen. "Das Hörtraining erhöht die Chance, dass Hörgeräte dauerhaft getragen werden", erklärt Marx.
"Baltic Akustik" bietet weit mehr als die reine Versorgung mit Hörgeräten. Unter dem Motto "Hörakustik neu denken" engagiert sich der Betrieb für Prävention und Hörgesundheit. Für unterschiedliche Zielgruppen erarbeitet das Team Workshops, Seminare und Bildungsmaterialien, um sowohl Betroffene als auch Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen zu erreichen. Regelmäßig finden auch Hörgesundheitstage in Pflegeheimen statt, bei denen umfassend über Gehör, Prävention und Pflege von Hörgeräten informiert wird.

Hörhilfen und Dienstleistungen der Hörakustik werden in Zukunft immer stärker auch auf dem Consumer Market zu finden sein. Die großen Player wie Apple und Google werden dieses Feld für sich weiter erschließen. In diesem Umfeld werden wir nur als persönliche und regionale Marke Bestand haben können.
Crossmediale Kundenbindung und ständige Weiterbildung
Neben modernster Technik sorgt auch die starke Präsenz auf Social Media für Aufmerksamkeit. Ein YouTube-Video über Tinnitus-Therapien hat bereits über 66.000 Aufrufe. "Wir kombinieren handwerkliche Präzision mit Hightech", erklärt Marx. Was das bedeutet? "Wir nutzen etwa einen 3D-Drucker für maßgeschneiderte Ohrpassstücke und setzen auf Video-Otoskopie. Das Verfahren scannt den Gehörgang exakt bis in die Tiefe und ist viel effektiver als ein Silikonabdruck. Digitale Scans sind zudem absolut drucklos – Voraussetzung für ein angenehm sitzendes Ohrpassstück", erläutert Marx. Parallel zu diesen neuen Techniken schätzt er aber auch weiter das klassische Gießverfahren mit Acryl, einem sehr stabilen, hautfreundlichen, gut fräsbaren und langlebigen Material. "Manche handwerklich ausgereiften Dinge muss man eben nicht weiter verbessern: So wichtig Innovation ist, so ist sie doch kein Selbstzweck."
Marx liegt eine schnelle Versorgung am Herzen, besonders bei Kindern: "Wir fertigen vieles selbst. So haben unsere Kundinnen und Kunden ihr Hörgerät in ein bis zwei Tagen statt in Wochen." Von dieser Schnelligkeit haben auch schon einige Crew-Mitarbeiter eines Kreuzfahrtschiffes profitiert, das nur kurz im Rostocker Hafen lag.

Foto: Baltic Akustik GmbH
Gesellschaftliches Engagement
Neben seinem unternehmerischen Erfolg engagiert sich Marx im Handwerk. Als stellvertretender Vorsitzender des Meisterprüfungsausschusses der Akademie für Hörakustik in Lübeck setzt er sich dafür ein, dass das Wissen um Hörtrainings und wie Sie angewendet werden können prüfungsrelevant wird. "Diese Tätigkeit bringt mir aber auch persönlich viel: den Austausch mit Kollegen deutschlandweit. Das fordert mich und motiviert, immer auf höchstem Niveau zu arbeiten."
2024 war für Marx und Marx ein besonderes Jahr: Sie durften Anfang Oktober nicht nur ihr erstes Kind begrüßen, sondern haben auch zwei weitere Filialen samt Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Perleberg und Pritzwalk übernommen.
Mit "Baltic Akustik" zeigt das Ehepaar Marx, dass Handwerk weit mehr ist als technisches Können. Es verlangt Empathie, Kommunikationsstärke und individuelle Lösungen. Johannes Friedrich Marx ist nicht nur ein Gegenbeispiel zum schweigsamen Mecklenburger, sondern ein Vorbild dafür, wie Innovation und Menschlichkeit Hand in Hand gehen.

Jahrbuch 2025
Diese Handwerk-Story wurde zuerst im ZDH-Jahrbuch 2025 veröffentlicht. Das Jahrbuch steht unter dem Motto "Zukunft kommt von Können. Und wir können alles, was kommt." Es zeigt: Das Handwerk ist innovativ, vielfältig und kompetent und übernimmt gesellschaftliche Verantwortung.