Überzeugende Persönlichkeit
Solide handwerkliche Ausbildung, Meister mit 21 Jahren, von Anfang an selbstständig, heute Chef eines erfolgreichen Unternehmens mit mehr als einem Dutzend Mitarbeitern, dazu ehrenamtliche Tätigkeit als Gesellenprüfer – Fliesenlegermeister Mario Wallrath denkt immer schon einen Schritt weiter. Angst, sich womöglich bei seinen vielen Projekten zu verzetteln? Kennt er nicht! Der 28-Jährige führt den Betrieb seines Vaters, den dieser 1981 gegründet hatte, weiter – wenn er an die alten Zeiten zurückdenkt, muss er herzlich lachen: „Mein Vater hatte als Firmenwagen einen alten Renault. Der fiel beinahe auseinander, aber es stand darauf ‚Wallrath Fliesentechnik Paris – New York – Düsseldorf‘.“
Sohn Mario, der seit dem elften Lebensjahr mit dem Handwerk vertraut war, liebäugelte beruflich zeitweise mit dem Bereich Mediendesign, fand aber, dass ihm dort das Handwerkliche fehlen würde: „Ich habe gemerkt: Das, was mir gefällt, habe ich ja schon vor der Nase“. Gesagt, getan – seine Ausbildung im väterlichen Betrieb begann er 2008 und beendete sie 2011 mit Bestleistung. Dabei betrachtet er sich selbst keineswegs als Überflieger. Nur: Unmotiviert den Unterricht absitzen, sich mit Minimalzielen zufriedengeben, das war (und ist) sein Ding nicht.
"Wer beruflich das tut, was er liebt, ist zufrieden."
Eine Einstellung, die seine Unternehmensführung bestimmt – vor allem den Umgang mit den Mitarbeitern. Sein Credo: Wer beruflich das tut, was er liebt, ist zufrieden. Für das Unternehmen bedeutet dies, dass sich Krankheitstage reduzieren und Kündigungen vermieden werden. Warum also nicht dem Mitarbeiter, dem Kunden und letztendlich dem Betrieb etwas Gutes tun? Die persönliche – und die Firmenphilosophie (in dem Fall ein und dasselbe) – von Mario Wallrath mag auf den ersten Blick einfach klingen, aber sie ist in erster Linie gelebte Überzeugung. Zentraler Bestandteil: Offenheit. Offen sein für Neues, für Ideen, für Menschen, dies scheint die Antriebsfeder und der Grund dafür zu sein, dass diese Philosophie mit so viel Gelassenheit und Freundlichkeit herüberkommt. Sein Ziel: Ein Unternehmen aufzubauen, wo man sich wie zu Hause fühlt.
Vertrauen und das Gefühl, ernst genommen zu werden
In den zurückliegenden sieben Jahren, in denen sich sein Betrieb von der Garage zur Miete im Hinterhof schnell zu einem Unternehmen mit aktuell zwei Azubis, einer Bürokraft, mehreren Fliesenleger- und Malergesellen sowie Bauhelfern entwickelte, hat der Jungunternehmer viel an Erfahrung dazugewonnen. Jeden Morgen treffen sich die Mitarbeiter zur Baubesprechung in der Halle und fahren von dort in Teams zu den Baustellen. Alle Abläufe und Absprachen sind gut organisiert – einschließlich der Weiterbearbeitung im Büro. Wie selbstständig die Mitarbeiter die von ihnen betreuten Projekte planen, ist auch eine Frage der Persönlichkeit. Wer kann und will, dem lässt Mario Wallrath hier freie Hand, wer sich lieber absichern möchte, kann sich auf seine Unterstützung verlassen. In regelmäßigen Besprechungen tauscht sich das Team offen darüber aus, was gut gelaufen ist und was man noch verbessern kann. Wichtig auch hier: Vertrauen und das Gefühl, ernst genommen zu werden.
Ist das der Schlüssel, wie man Auszubildende und qualifizierte Mitarbeiter dauerhaft gewinnt? Für Wallrath gibt es viele Elemente, die dazu gehören – die Rekrutierung über eigene Beschäftigte ist ein gangbarer Weg, und natürlich neue Formen der Kommunikation wie etwa über die Sozialen Medien. Außerdem war für ihn die Beratung durch die Handwerkskammer sehr hilfreich. Inzwischen hat Ausbildungsberater Philipp Stulier nicht nur den zweiten höchst zufriedenen Azubi dorthin vermittelt. Wallrath selbst lernte durch sein Ehrenamt im Gesellenprüfungsausschuss die Handwerksorganisation von innen und eine andere Perspektive der Nachwuchsgewinnung kennen: „Durch veränderte Ausbildungsbedingungen könnte viel dafür getan werden, die Lehre für junge Menschen attraktiver zu machen“, erklärt er.
Meisterbrief: Für die Selbstständigkeit ein Muss
Im Fliesenlegerhandwerk zeigten sich nach 2004 die Fehlentwicklungen, die mit der Aufhebung der Meisterpflicht in vielen Berufen einhergingen, geradezu exemplarisch. Zwar stieg die Zahl der Betriebe stark an, doch die Unternehmen ohne Meister, oft Solo-Selbstständige, verschwanden häufig schnell wieder vom Markt – und bildeten nicht aus. Mit der Wiedereinführung der Meisterpflicht Anfang 2020 verbindet sich die Hoffnung, dass Qualität und berufliche Bildung (wieder) gestärkt werden. Für Mario Wallrath war der Meisterbrief auch zu den Zeiten, als er keine notwendige Voraussetzung für die Selbstständigkeit war, ein Muss; schließlich wollte er Profi auf seinem Gebiet sein. Der arg strapazierte Begriff „Vollblutunternehmer“ – hier ist er ausnahmsweise sehr passend. Immer weiter wachsen, „größer denken“ – an Plänen für die Zukunft mangelt es Wallrath nicht.
Ganz frisch hat er seine Firma umbenannt – die Bezeichnung „Wallrath Innenausbau – Bad- und Wohnkonzept“ ist ein Indiz für den Schwerpunkt. Die Anpassung an veränderte Qualitätsanforderungen, man denke nur an Fußbodenheizung, Natursteine, den Wellnesscharakter moderner Bäder, hat der junge Unternehmer bereits verinnerlicht. Eine entsprechende Badausstellung ist folgerichtig fest eingeplant, ebenso der virtuelle Rundgang mittels VR-Brille. Das Ziel: Material, Dienstleistung und Planung aus einer Hand anbieten. Verwirklichen will er dies an einem neuen Standort, idealerweise mit der Möglichkeit, durch Übernahme eines Sanitär-Unternehmens das Angebot noch zu erweitern – denn gerade an den Schnittstellen zu anderen beteiligten Gewerken kommt es seiner Erfahrung nach häufig zu Reklamationen.
Diese Story erschien zuerst in der Regionalausgabe Nr. 9/10 "Handwerkskammer aktuell" der Handwerkskammer Düsseldorf.