Vertrauen ist gut – Reinigen ist besser
Gleich von Beginn an, als Corona gerade erst ein Thema zu werden begann, war Ilhan Temiz am Start. „Wir wussten, was zu tun ist“, sagt der 41 Jahre alte Gebäudereiniger-Meister. „Mundschutz, Handschuhe, Vollschutz – damit kennen wir uns seit Langem aus.“ Er und sein Team sind für Sauberkeit und Hygiene im Hamburger Hospital zum Heiligen Geist zuständig. 1.200 Menschen leben in der Pflegeeinrichtung, vierhundert von ihnen in Apartments, achthundert lassen sich stationär behandeln.
Hygiene und Ambiente gehören zusammen
Ilhan Temiz – dunkler Kurzhaarschnitt und fröhliches Lachen – ist ausgebildete Fachkraft für Arbeitssicherheit und Qualitätsmanagement. Im Hospital zum Heiligen Geist ist er für die Firma Bogdol der Betriebsleiter von 60 Mitarbeitenden, die allermeisten von ihnen sind Frauen. Seine Leute reinigen die Böden in den Zimmern der Bewohnerinnen und Patienten, sie desinfizieren Flächen und Arbeitsräume, beseitigen anfallenden Abfall und kümmern sich auch um den Außenbereich. Hygiene und ein ansprechendes Ambiente gehören gerade in einer Pflegeeinrichtung zusammen.
Als Corona sich immer weiter ausbreitete, wurde klar: Dieses Virus ist größer und gefährlicher als alles bisher Dagewesene. Hierfür brauchten Temiz und sein Team bei Covid-19 ihre komplette professionelle Erfahrung. „Die Bewohner müssen sich darauf verlassen können, dass sie in Sicherheit sind. Und dafür sorgen wir.“ Nun ging es darum, noch penibler und noch besser abgestimmt zu arbeiten. Dazu gehört auch, dass seine Mitarbeitenden nur noch mit Maske und Handschuhen, oft sogar in einem Vollschutz-Anzug arbeiten dürfen. Das ist anstrengend für die Kolleginnen und leider auch deutlich unpersönlicher für die Bewohner. „Früher haben wir gern mal einen Klönschnack gemacht, heute dürfen wir nicht mal mehr die Hand halten“, erzählt er bedauernd. „Dabei kann ja die alte Frau Müller nichts für diese Umstände. Aber auch unsere Mitarbeiter haben Familie, die sie schützen wollen.“
Die Zeit mit der Pandemie ist alles andere als leicht. Schon bei leichtesten Erkältungssymptomen dürfen Kolleginnen nicht ihren Dienst antreten - die Testergebnisse lassen dann häufig auf sich warten. Und weil Verordnungen immer wieder nachgebessert werden, müssen auch Ilhan Temiz und seine Mitarbeiterinnen permanent Neues erlernen und berücksichtigen. „Sie müssen sich das so vorstellen“, sagt er: „Sie schulen die Leute, und eine Woche später werden diese Anordnungen wieder revidiert. Das machte die Motivation manchmal schwierig, meine Mitarbeiter sind schließlich keine Akademiker.“ Aber sie haben das alle gemeinsam gewuppt. „Infektionsschutz verstehe ich als Lernprozess, für uns alle.“
Stolzer Handwerksmeister
Temiz macht diesen Job seit dem Jahr 2009. Früher hat er als Verkäufer gearbeitet, über einen Bekannten kam er in die Reinigungsbranche. Nach der Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit im Baugewerbe und dem Gesellenbrief hat er gleich noch den Meisterbrief draufgesattelt. Seit 2014 ist er stolzer Handwerksmeister. Er schreibt die Dienstpläne, kümmert sich um Material und Maschinen – „das Kalkulatorische und das Innovative, da habe ich Spaß dran. Wenn‘s sein muss, arbeiten wir 24 Stunden durch. Auch am Wochenende“, sagt er. Eine Kollegin kommt vorbei und verabschiedet sich in den Feierabend. „Tschö, Schatzi! Ich muss hier noch Abrechnungen machen“, ruft er lachend.
Wenn die Corona-Krise etwas Gutes habe, fährt er fort, dann, dass die Arbeit der Reinigungskräfte endlich mehr wertgeschätzt wird. Zufrieden macht diese Arbeit ihn schon immer. „Mir macht das Freude, was jeden Handwerker glücklich macht: Ich werde gebraucht, und ich sehe, was ich gemacht habe. Und spätestens bei einer Pandemie merkt man, wie sinnvoll diese Arbeit ist.“
Dieser Beitrag erschien erstmals im ZDH-Jahrbuch 2021.