Baukrisengipfel nötig für Maßnahmen zur Bausektor-Stabilisierung
Die Baubranche habe einen großen Anteil am Bruttoinlandsprodukt. Das Bauvolumen breche ein, die Lage drohe dramatisch zu werden – mit weitreichenden Auswirkungen für die Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt. Es würden zu wenig Wohnungen gebaut. Da gehe es um ein Bauvolumen in der Höhe zweistelliger Milliardenbeträge, die fehlten.
"Der Bau ist eine Schlüsselbranche. Doch genau im Baubereich leeren sich die Auftragsbücher. Es gibt die ersten Zulieferer, die in Kurzarbeit sind, weil ihre Produkte von ihren Abnehmern nicht mehr abgenommen werden. Die Lager sind voll, die Auftragspolster werden immer dünner. Das ist mehr als nur ein ungutes Gefühl. Und der Tiefpunkt der Talsohle ist beim Bau noch nicht erreicht."
"Das Schwierige beim Bau ist, dass eine Krise im Hochbau erst mit einer deutlichen Zeitverzögerung bei den Ausbaugewerken ankommt und zudem die Lage im Baubereich nicht schnell beeinflussbar ist und gedreht werden kann. Am Beispiel Dachdecker wird das deutlich: Die decken ja die Dächer von Häusern, die sechs, acht oder neun Monate zuvor begonnen wurden. Dann erst kann das Dach gemacht werden. Der Ausbaubereich bekommt Veränderungen der Baukonjunktur also immer erst nachgelagert zu spüren. Da die Baugenehmigungen in den vergangenen Monaten massiv zurückgegangen sind, müssen sich Dachdecker darauf einstellen, dass sie im kommenden Jahr weniger Dächer decken können. Selbst wenn jetzt ein deutlicher Stimmungsumschwung käme, bräuchte es Zeit, um die entsprechenden Baugenehmigungen zu erteilen, erst dann könnte mit dem Rohbau gestartet werden, und wenn der so weit ist, könnte der Dachdecker erst das Dach decken. Wenn man sich die derzeitige Situation und diesen Zyklus anschaut, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass Bau und Ausbau durch ein Tal gehen werden."
Der Bau müsse schnell wieder stabilisiert werden, auch um gesamtgesellschaftliche Instabilitäten zu vermeiden, etwa auf dem Mietwohnungsmarkt, wo sich die Lage wegen zu weniger neuer Wohnungen verschärfen könnte. Für eine Stabilisierung im Baubereich werde es nicht ausreichen, einige bürokratische Vorschriften etwa zum Brand- oder Schallschutz zu verringern, sondern notwendig sei eine verlässliche Förderung von Wohnraum oder der Sanierung des Bestands. "Und wir müssen schauen, dass die breite Leistungsmitte der Gesellschaft Eigentumsbildung betreiben kann. Denkbar ist hier zum Beispiel, die Grunderwerbsteuer zu senken. Wir müssen Anreize schaffen, dass die Leistungsträger aus der Mitte der Gesellschaft die Chance haben, Wohneigentum bilden zu können."
"Es wird befürchtet, dass die Zahl der Beschäftigten im Baubereich in diesem Jahr leicht abnehmen wird. Für die zukünftigen Bauaufgaben bedeutet das nichts Gutes: Verliert die Baubrache wichtige Fachkräfte, werden von der Politik geforderte Bauvorhaben, wie 400.000 neue Wohnungen pro Jahr, noch unwahrscheinlicher leistbar sein."
"Wir brauchen eine Krisenrunde zum Bau, einen Bau-Krisengipfel. Dass der Bau ein Tal durchschreiten wird, ist mit Blick auf den dramatischen Rückgang bei den Baugenehmigungen in den vergangenen Monaten wohl nicht mehr gänzlich abzuwenden. Umso dringender ist es, sich zusammenzusetzen und über Maßnahmen zu sprechen, damit wir nicht zu lange im Tal unterwegs sind. Es braucht das Aufbruchssignal, dass wir die Talsohle schnell hinter uns lassen wollen. Wir mahnen solche Gespräche schon seit dem Frühjahr an. Alle Entscheider müssen an einen Tisch: Dazu gehören die Pfandbriefbanken und Kreditinstitute ebenso wie die Wohnungswirtschaft, natürlich das Handwerk, die Bauindustrie und die dafür relevanten Ministerien – und hier nicht allein das Bauministerium, sondern auch das Wirtschafts- und das Finanzministerium - und vermutlich auch der Bundeskanzler, über den dann das Regierungshandeln koordiniert und von dem die Zuständigkeiten festgelegt werden. Die jüngsten Vorschläge der Bauministerin lassen hier schon Bewegung erkennen – jetzt brauchen wir einen Handlungsfahrplan!"