Bürokratische Hürden für ausländische Fachkräfte verringern
Für die Arbeitsaufnahme ausländischer Personen (keine Drittstaaten) in dualen Ausbildungsberufen nach BBiG/H (nicht reglementierte Berufe) braucht es kein Anerkennungsverfahren. Warum macht ein Verfahren dennoch Sinn?
Durch die Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation steigen die Chancen auf eine qualifikationsadäquate und gesicherte Beschäftigung. Studien zeigen, dass auch bessere Lohnzuwächse und mehr Aufstiegschancen dadurch möglich sind. Ein weiteres Argument für eine Berufsanerkennung ist, dass die ausländische Berufsqualifikation zu einem deutschen Referenzberuf in Beziehung gesetzt wird. Bestenfalls kann eine Gleichwertigkeit attestiert werden. Wenn es Unterschiede zwischen den Qualifikationen gibt, wissen ausländische Arbeitnehmer genau, welche Kenntnisse und Fähigkeiten ihnen zum deutschen Referenzberuf noch fehlen. Alles zusammengenommen bringen die Anerkennungsverfahren eine bessere Transparenz und eine höhere Wertschätzung der vorhandenen ausländischen Berufsqualifikation und erleichtern den Einstieg bei deutschen Arbeitgebern.
Wie viele Anerkennungsverfahren wurden in den letzten Jahren im Handwerk gestellt, wie viele positiv beschieden? Gibt es auch explizit Zahlen für das Maler- und Lackierhandwerk?
Nach der handwerksinternen Statistik sind im Jahr 2023 insgesamt 5.113 Anträge auf Berufsanerkennung gestellt worden. Von den 3.896 erlassenen Bescheiden haben 1.607 die volle Gleichwertigkeit bescheinigt. In 2.194 Fällen war das Ergebnis eine teilweise Gleichwertigkeit, inklusive der Bescheide mit Auflage zur Anpassung. Die Zahlen zeigen, dass die Qualifikation vieler Zuwandernder, die ein Anerkennungsverfahren betreiben, gut bis sehr gut ist. Zahlen für das Maler- und Lackierer-Handwerk liegen dem ZDH nicht vor.
Die Anerkennung aufgrund einer Qualifikationsanalyse greift ja, wenn wichtige Dokumente zum Berufsabschluss fehlen oder nicht anerkannt werden. Was halten Sie davon, wenn eine solche Analyse und eine Arbeitsprobe mit positivem Ausgang grundsätzlich als Anerkennung (zumindest als Hilfsarbeiter) akzeptiert würden?
Die generelle Durchführung einer Qualifikationsanalyse (QA) in jedem Anerkennungsverfahren wäre sehr zeitaufwendig und teuer. Sofern eine Gleichwertigkeitsfeststellung aufgrund ausreichender Dokumentenlage möglich ist, ist eine QA nicht erforderlich. Die aktuelle flexible Regelung im Gesetz über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen (Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz - BQFG) beziehungsweise in der Handwerksordnung reicht aus unserer Sicht aus.
Wie können die hohe Qualität der dualen Berufsausbildung in Deutschland erhalten bleiben und gleichzeitig die Arbeitsaufnahme ausländischer Arbeitskräfte, die eine weniger fundierte Ausbildung haben, in Einklang gebracht werden?
Das Vorurteil, dass die Berufsqualifikation aller Zuwanderinnen und Zuwanderer weniger qualifiziert sei, können wir nicht bestätigen. Das zeigen auch unserer Anerkennungszahlen: Immerhin wurden 41 Prozent der Anträge im Jahr 2023 mit Erfolg beschieden. Wenn die Berufsqualifikation von Zuwanderinnen und Zuwanderern nicht ausreicht, ist es gut möglich, die Lücken durch Anpassungsqualifizierung zu schließen. Die Qualität der deutschen Berufsausbildung wird von der Anerkennung ausländischer Abschlüsse nicht berührt. Für junge Menschen, die in unserem Land leben, bleibt die duale Berufsausbildung immer der primäre Qualifizierungsweg.
Was könnte die Bundesregierung über das aktuelle Fachkräfteeinwanderungsgesetz hinaus tun, um ausländische Arbeitskräfte zu gewinnen und den Antragstellern die Arbeitsaufnahme und den Betrieben die Einstellung zu erleichtern?
Maßnahme Nummer eins wäre es, die Bürokratie zu reduzieren! Von der Visumsbeantragung über das Arbeitsmarktzulassungsverfahren bei den Arbeitsagenturen bis zur Erteilung der Aufenthaltstitel durch die Ausländerämter vor Ort muss der Zuwanderungsprozess deutlich entschlackt, digitalisiert und beschleunigt werden. Das erwarten die Handwerksbetriebe, das erwarten aber ebenso die ausländischen Fachkräfte, die sonst statt Deutschland schnell andere Zielländer bevorzugen. Das schon 2020 eingeführte sogenannte beschleunigte Fachkräfteverfahren mit gesetzlich vorgegebenen Verfahrensfristen sollte nicht die kostenpflichtige Ausnahme, sondern das Standardverfahren sein. Zudem müssen gerade die überwiegend kleinen und mittleren Betriebe des Handwerks sowohl bei der Identifizierung handwerklich vorqualifizierter Fachkräfte aus Drittstaaten als auch bei deren Integration vor Ort besser unterstützt werden. Man kann nicht erwarten, dass die Betriebe den ganzen Zuwanderungsprozess allein stemmen.