Mehr Wertschätzung für Arbeit und Leistung
Arbeit und Leistung müssen wertgeschätzt werden. Klingt logisch? Mit Blick auf die politische Debattenlage bin ich mir aber nicht so sicher, ob bei politischen Entscheidungen und im politischen Handeln dieses Grundverständnis so verinnerlicht ist. Ich habe eher den Eindruck, dass lieber gehofft, gewartet und geschaut wird, wann es sich wieder zum Besseren wendet und sich Zukunftszuversicht quasi von alleine wieder einstellt. Doch wäre es nicht viel zielbringender, selbst anzupacken und Dinge voranzubringen? Wenn man sich allerdings den aktuellen politischen Diskurs anschaut, dann drängt sich schon die Frage auf: Wollen wir eigentlich noch – mit etwas anfangen, für etwas anfangen, uns anstrengen? Wirklich FÜR etwas arbeiten?
Dafür braucht es ein gemeinsames Ziel, ein gemeinsames Narrativ gewissermaßen, das aufzeigt, warum es sich lohnt, zu arbeiten und sich anzustrengen. Und das vor allen Dingen eben auch anerkennt, wenn jemand diese Leistung erbringt. Leistung ist ein Begriff, der vollkommen zu Recht eng mit dem Begriff Wirtschaft verknüpft ist: Weil Wirtschaft leistet. Weil Arbeitgeber und Beschäftigte gemeinsam durch ihrer aller tägliche Arbeit Wohlstand schaffen, die soziale Sicherung finanzieren, Arbeits- und Ausbildungsplätze verantworten. Und was mir als Handwerkspräsident, der sowohl die Betriebsinhaberinnen und -inhaber wie auch die Beschäftigten vertritt, wichtig ist: Wirtschaft ist kein Entweder-Oder, nicht die Arbeitgeber oder die Arbeitnehmer, nicht die Großen oder die Kleinen. Wirtschaft ist gemeinsam etwas schaffen und gemeinsam so zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beizutragen: Erfolgreiches Wirtschaften erbringt den Kitt für unsere Gesellschaft oder noch kürzer: Wirtschaft ist Gesellschaft.
Im Handwerk wird das ganz besonders deutlich, denn mit einem Jahresumsatz von 735 Milliarden Euro leisten wir nicht nur genauso viel wie die Weltkonzerne Apple, META und Google zusammen. Mit rund 16 Millionen Menschen, die als Familienmitglieder eng mit dem Handwerk verknüpft sind, und unserem ehrenamtlichen Engagement sind wir zentral für das gesellschaftliche Zusammenleben. Handwerk ist überall – in den kleinen Orten wie den großen Städten. Die Arbeit und das Miteinander beim Arbeiten im Handwerk zeigen, wie Soziale Marktwirtschaft im Alltag gelebt wird.
Ein Punkt, der für mich zentral ist, wenn wir über die Merkmale Sozialer Marktwirtschaft sprechen: Dass Arbeit einen Wert und einen Sinn hat, der weit über die finanzielle Komponente hinausgeht. Arbeit ist Verantwortung, ist Mitbestimmung, ist Teilhabe - und ja, ist auch Leistung. Und als solche muss sie wertgeschätzt werden, indem sie sich schlicht wieder mehr lohnt.
Denn Lohnen tut sich Leistung derzeit nicht wirklich, egal wen wir fragen. Weil der Faktor Arbeit schlicht zu hoch belastet ist: Was Beschäftigten genauso wie Betrieben von ihrer Leistung am Ende des Tages übrig bleibt, ist einfach zu wenig. Hier gilt es, zu entlasten, zu motivieren und wertzuschätzen. Wer Fesseln löst, schafft auch Freiraum für mehr wirtschaftliche Dynamik – und die brauchen wir, um nicht nur einfach unseren Wohlstand zu halten, sondern auch neuen Wohlstand zu schaffen.
Dafür darf es nicht allein um kleinteilige, komplizierte Vorschläge gehen, die hier oder da halbherzig etwas ausbessern. Leistung – Arbeit – lohnt sich dann wieder, wenn wir wieder mehr Wettbewerb wagen und wieder mehr Vertrauen in das Handeln von selbstständigen Unternehmerinnen und Unternehmern haben. Dieses Grundverständnis ist essenziell, damit wir nicht weiter darüber diskutieren müssen, wie gut oder schlecht die Lage gerade ist, sondern uns wieder darauf konzentrieren, wieder bessere Rahmenbedingungen zu schaffen.
Das muss man wollen. Und dann eben auch anpacken und machen: Als Handwerker kann ich Ihnen sagen, dass sich Arbeit auch und gerade dann lohnt, wenn man am Ende des Tages sieht, was man geschafft hat.