Sondervermögen dürfen nicht zum Aufschub von Reformen führen

Foto: ZDH/Henning Schacht
Wie bewertet Ihr Verband die geplanten Sondervermögen?
Solche schuldenfinanzierten Programme wie die jetzt geplanten Sondervermögen dürfen nicht dazu führen, dass der massive Reformbedarf in Deutschland ignoriert oder aufgeschoben wird. Und keinesfalls dürfen Sondervermögen zur Dauereinrichtung werden. Dass jetzt gleich zwei Sondervermögen nötig sind, hat seine Ursache vor allem in einer schon seit Jahren zu kurzfristig agierenden Politik, deren Denken in Zeiträumen von Legislaturperioden statt in Generationen verharrt. Im Gegensatz dazu planen eigentümergeführte Handwerksunternehmen generationenübergreifend. Doch vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen und der "epochalen" Änderungen unter der erneuten Präsidentschaft von Donald Trump ist zumindest nachzuvollziehen, dass Politik Entscheidungen trifft, die ihr den finanziellen Spielraum und die finanzielle Handlungsfähigkeit verschaffen, auch rasch reagieren zu können, sofern dies notwendig wird. Ganz grundsätzlich jedoch ist festzuhalten, dass sich Investitionen nicht einfach herbeisubventionieren lassen. Das haben die Absagen großer Investoren wie Intel oder Wolfspeed an geplanten Chipfabriken gezeigt. Entscheidend ist ein insgesamt besseres Investitionsklima und bessere Standortbedingungen für die Betriebe und Unternehmen: durch strukturelle Reformen, schnellere Genehmigungsverfahren und den Abbau bürokratischer Hemmnisse. Die Regierung muss sich dem schwierigen Weg der Haushaltskonsolidierung stellen, statt mit immer neuen Schulden kurzfristige Lösungen zu suchen. Strukturreformen, eine effizientere Verwaltung und gezielte Investitionen sind der Schlüssel, um langfristig eine stabile Wirtschaft und ein starkes Handwerk zu sichern.
Welche konkreten wirtschaftliche Auswirkungen erwarten Sie auf das Handwerk?
Die Sondervermögen könnten kurzfristig möglicherweise Impulse setzen, doch langfristig drohen steigende Zinslasten, die die öffentliche Hand belasten. Mit einem Haushaltsloch von 130 bis 150 Milliarden Euro bis 2028 wird die Finanzierung dieser Maßnahmen zu einer Gratwanderung. Steuererhöhungen oder weitere Schulden würden die wirtschaftliche Lage zusätzlich erschweren. Das Handwerk benötigt eine konsequente Umsetzung von Reformen und Verlässlichkeit politischer Entscheidungen, um Planungs- und Investitionssicherheit zu gewährleisten.
Hat Deutschland genügend Fachkräfte, damit die Sondervermögen direkt wirken können?
Deutschland leidet unter einem akuten Fachkräftemangel, der alle Wirtschafts- und Gesellschaftsbereiche betrifft. Wenn der Hochlauf von Investitionen intelligent organisiert wird und es Planungssicherheit gibt, ist auch ein weiterer Kapazitätsaufbau möglich. Dafür müssen die Stärkung der beruflichen Bildung und gezielte Maßnahmen zur Fachkräftesicherung vorangetrieben und dauerhaft eine stabile Finanzierung unserer Infrastrukturen gesichert werden, damit die Wirkung von Sondervermögen nicht zu verpuffen droht.
Erwarten Sie mittelfristig, dass durch die Sondervermögen neue Produktionskapazitäten entstehen werden?
Ob durch Sondervermögen tatsächlich neue Produktionskapazitäten entstehen, hängt maßgeblich von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Solange Betriebe und Unternehmen mit hohen Abgaben- und Steuerlasten, überbordender Bürokratie und langwierigen Genehmigungsverfahren kämpfen, bleibt der Anreiz für Investitionen gering. Ein rein schuldenfinanziertes Sondervermögen löst dieses Problem nicht, sondern kann schlimmstenfalls bestehende Strukturprobleme zementieren.
Wirkt sich die marode Infrastruktur bereits auf das Handwerk aus? Gibt es hierzu Erhebungen, wie groß der wirtschaftliche Schaden ausfällt?
Die marode Infrastruktur belastet das Handwerk bereits erheblich. Baustellenstaus, marode Straßen, kaputte Brücken und eine unzuverlässige digitale Infrastruktur kosten Zeit und Geld. Konkrete Erhebungen über die wirtschaftlichen Schäden liegen uns nicht vor, aber die alltäglichen Verzögerungen und Zusatzkosten für Betriebe sind offensichtlich. Ein nachhaltiger Infrastrukturausbau muss deshalb Vorrang haben.