Kirche und Handwerk: Fokus auf Integration und Bestattungskultur
In der Hansestadt Hamburg haben sich die Mitglieder des Zentralen Besprechungskreises Kirche und Handwerk auch in diesem Jahr wieder über aktuelle wirtschafts- und gesellschaftspolitische Themen ausgetauscht. Gastgeber Hjalmar Stemmann, Präsident der Handwerkskammer Hamburg, hieß die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Räumen der Kammer willkommen.
Die vorgezogene Bundestagswahl bot nicht nur Anlass, sich über die drängenden Herausforderungen der künftigen Bundesregierung auszutauschen. Kritisch setzte sich der Kreis auch mit der politischen Debattenkultur, Demokratieverdrossenheit und aktuellen Entwicklungen des deutschen Parteiensystems auseinander.
Ein Höhepunkt des ersten Tages war das Gespräch mit Erzbischof Dr. Stefan Heße, Vorsitzender der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz. Im Mittelpunkt stand die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt. "Debatten zu Migration und Flucht werden in Deutschland leider verstärkt mit populistischem Unterton geführt. Übersehen werden dabei viel zu oft all jene Menschen, die in unserer Gesellschaft gut integriert sind. So ist etwa ein Großteil der 2015 nach Deutschland geflüchteten Syrer erfolgreich auf dem deutschen Arbeitsmarkt angekommen, viele von ihnen sind in Engpassberufen tätig und werden als Fachkräfte dringend gebraucht. Und auch die Erwerbstätigenquote ukrainischer Geflüchteter hat deutlich zugenommen. Eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten braucht Zeit und Unterstützung. Grundlegend sind dabei beispielsweise passende Sprachkurse, erweiterte Kinderbetreuungsangebote und verbesserte Verfahren zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen. Darüber hinaus bedarf es auch einer grundsätzlichen Haltung der Wertschätzung, die wir neu ankommenden Menschen entgegenbringen", betonte Erzbischof Dr. Heße.
Karl-Sebastian Schulte, Geschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) und Vorsitzender des Besprechungskreises, wies auf die herausragende Bedeutung des Handwerks bei der Arbeitsmarktintegration Geflüchteter hin: "Das Handwerk nimmt aus Überzeugung diese Schlüsselrolle ein. Nahezu die Hälfte aller Geflüchteten, die hierzulande eine berufliche Ausbildung machen, tun dies im Handwerk. Als künftige Fachkräfte leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung dringender gesellschaftlicher Aufgaben in Deutschland, etwa bei der Energiewende, dem Wohnungsbau oder der Versorgung der Bevölkerung." Bei den Auszubildenden ohne deutschen Pass stellen Syrer die größte Gruppe dar. Schulte betonte, dass engagierte Betriebe und gut integrierte Beschäftigte von der Politik Bleibeperspektiven statt Populismus erwarteten.
Am zweiten Tag führte das Programm die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf den Ohlsdorfer Friedhof, den mit 202.000 Grabstätten größten Parkfriedhof der Welt. Thematisch stand hier die veränderte Trauer- und Bestattungskultur im Fokus.
"Immer mehr Menschen sterben allein, und die Vielfalt der Bestattungsformen nimmt zu. Als Kirche müssen wir uns fragen, wie wir den Friedhof als Ort der Begegnung und des Gedenkens bewahren und gleichzeitig auf gesellschaftliche Entwicklungen reagieren können", erklärte Thomas Adomeit, Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche aus Oldenburg.
"Wert und Würde kommen einem Menschen nicht nur im Leben zu, sondern reichen über den Tod hinaus. Deshalb ist die Bestattungskultur einer Gesellschaft ein Ausdruck von Humanität und des Umgangs auch mit Lebenden." betonte Josef Holtkotte, katholischer Weihbischof in Paderborn. Bei der Gestaltung von Bestattungen und Friedhofssatzungen befürworte er eine gute Zusammenarbeit zwischen Kirchen, Handwerk und staatlichen Akteuren.
Die Bundesverbände der deutschen Bestatter und Steinmetze, die das Programm auf dem Friedhof mitgestaltet haben, warben für lebensnahe Regelungen bei Friedhofssatzungen und wiesen auf die aktuellen Anliegen und Herausforderungen ihrer Gewerke hin. Beide positionierten sich deutlich gegen die Praxis anonymer Bestattung. Eine solche solle nur auf ausdrücklichen Wunsch der Verstorbenen erfolgen. Das namentliche Gedenken an einen Menschen sei eine Frage persönlicher Würde und kultureller Verantwortung gleichermaßen. Beide sprachen sich im selben Kontext für eine gesellschaftliche Stärkung der Friedhöfe aus, die neben ihrer Primärfunktion als Orte der Beisetzung und Trauer heute zu Orten der kulturellen und sozialen Begegnung und insbesondere in größeren Städten zu naturbelassenen Rückzugsorten geworden seien.
In diesem Zusammenhang forderten die beiden Gewerke eine bessere Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit staatlichen und kirchlichen Friedhofsträgern, bei Satzungsregelungen zu Grabgestaltung, Gebührenordnungen und der Zulassung von Gewerken. Lebensnahe, flexible Regelungen seien entscheidend, um die Bedürfnisse und Wünsche der Hinterbliebenen berücksichtigen zu können.
"Die Bestatterinnen und Bestatter sind die zentralen Ansprechpartner für alle, die einen geliebten Menschen verloren haben, oder die sich Gedanken um ihren eigenen Abschied machen. Für uns als Berufsverband ist es entscheidend, eng mit den anderen friedhofsnahen Gewerken und mit den Kirchen im Austausch zu stehen, um unsere Erfahrungen und unsere Expertise zielgerichtet einzubringen", sagte Stephan Neuser, Generalsekretär des Bundesverbands Deutscher Bestatter.
"Jeder Verstorbene hatte einen Namen und war eine Persönlichkeit. Dies endet nicht mit dem Tod. Steinmetze schaffen würdevolle Orte der letzten Ruhe, die vor allem für die Hinterbliebenen wichtig sind, weil hier der Verstorbenen individuell gedacht werden kann. Dafür braucht die Gesellschaft geschützte, aber öffentlich zugängliche Räume. Dies sind und bleiben Friedhöfe. Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, diesen besonderen Ort zu schützen und zu erhalten. Kommunalpolitik und Kirchen tragen hier eine besondere Verantwortung", sagte Sybille Trawinski, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Steinmetze.
Nando Rujanski aus dem Leitungsbereich der Hamburger Friedhöfe führte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die beeindruckende Anlage, während Prof. Norbert Fischer vom Institut für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Hamburg in einem Impulsvortrag sowohl die Kirchen als auch das Handwerk in die Verantwortung nahm. Bestattungs- und Friedhofskultur müsse in erster Linie von den Menschen her gedacht werden. Neue Formen der Trauer und des Gedenkens entwickelten sich heute sozusagen "von unten herauf".
Die Sitzung des Besprechungskreises zeigte eindrucksvoll: Kirche und Handwerk gestalten gemeinsam gesellschaftliche Verantwortung – ob in der Integration Geflüchteter oder im respektvollen Umgang mit dem Tod.