Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Deutschen Handwerks
24.05.2023

Kultur erhalten - Zukunft gestalten

Jahrestagung von Kirche und Handwerk im rumänischen Siebenbürgen.
Besprechungskreis Kirche-Handwerk beim Besuch im Bischofspalais in Sibiu

Besprechungskreis Kirche-Handwerk beim Besuch im Bischofspalais in Sibiu

Nachwuchsgewinnung, Fachkräftesicherung, Bildungsinitiativen: Diese Themen zogen sich wie ein roter Faden durch das Programm der diesjährigen Jahrestagung des Zentralen Besprechungskreises Kirche-Handwerk vom 21. bis zum 24. Mai im rumänischen Sibiu. Bewusst wurde diesmal Siebenbürgen als Tagungsort für das seit mehr als 50 Jahren stattfindende Treffen von Repräsentanten der evangelischen und katholischen Kirche mit Vertretern des Handwerks ausgewählt, um vor Ort einen Eindruck davon zu bekommen, wie die Kirche gemeinsam mit lokalen, regionalen, aber auch internationalen Handwerkern am Erhalt des einzigartigen kulturellen Erbes in Siebenbürgen arbeiten, und welche Bedeutung die hohen Standards der dualen und der handwerklichen Ausbildung insgesamt dabei haben. Bis zu 850 Jahre alte Malereien schlummern in Siebenbürgen unter dicken Farbschichten in vom Verfall bedrohten Kirchenburgen.

"Hier zeigt sich ganz konkret das gelebte Selbstverständnis des Handwerks, nicht nur "Wirtschaftsmacht von nebenan", sondern immer auch Gesellschaftsgruppe zu sein", sagt Karl-Sebastian Schulte, Vorsitzender des Besprechungskreises und Geschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) und betont: "Zukunft braucht Vergangenheit. Handwerksberufe sind elementar für die Daseinsvorsorge, für die Sicherung der zentralen Infrastruktur und für die Klimawende, aber eben auch für den Wiederaufbau und den Erhalt unserer kulturellen Güter."

Die Mitglieder des Besprechungskreises konnten sich bei der Reise davon überzeugen, wie Handwerkerinnen und Handwerker aus Deutschland dazu beitragen, das kulturelle Erbe Rumäniens zu sichern. In der Handwerker Schule Martinsdorf e.V., einer Kirchenburg aus dem 12. Jahrhundert, arbeiten bereits seit 2013 deutsche Azubis aus verschiedenen Gewerken an der Restauration des historischen Gebäudes. Anfangs starteten die Arbeiten auf dieser Baustelle als Ergebnis einer Initiative unter anderen der Bauinnung sowie der Maler- und Lackiererinnung München. Seit 2019 ist dies ein "Erasmus +"-Projekt der Handwerkskammer für München und Oberbayern. Mehrmals im Jahr treffen sich hier Vertreter verschiedener Gewerke. Sie sammeln Erfahrungen mit historischen Materialien und Techniken und leisten gleichzeitig einen wichtigen Beitrag für die kulturgeschichtliche Aufarbeitung des Landes.

Auch der Besprechungskreis nutzte die Reise als eine Art Bildungsaustausch. In Kronstadt (Brasov) informierten sich die Repräsentanten im Bürgermeisteramt über das dortige Angebot der dualen Ausbildung und den Beitrag, den europäische Partner dafür leisten. Nach der Wende schaffte Rumänien sein – vorher gutes - Berufsschulsystem ab. Dank persönlicher Initiativen und ausländischer Unternehmen, die in den Wirtschaftsstandort investieren, wurde die duale Ausbildung seit 2012 wieder eingeführt. Kronstadt gilt heute in Rumänien als Zentrum der dualen Ausbildung. Allerdings fehlt hier ein einheitlicher Standard für die duale Ausbildung nach deutschem Vorbild.

Qualifizierte Bildungs- und Weiterbildungsangebote sind jedoch elementar, um neue Fachkräfte zu gewinnen. "Für das Handwerk gilt: Die Ressource Mensch ist unendlich wichtig und wertvoll. Ohne Menschen gibt es keine Ideen, keine Lösungen - und keine Kunden", sagt Thomas Adomeit, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Oldenburg und neues ranghöchstes Mitglied der evangelischen Kirche im Besprechungskreis. Ein Beispiel dafür, wie Kirche und Handwerk bei diesem Thema aktiv zusammenarbeiten, zeigt sich bei der Pflege von Orgeln: Mit über 1500 Instrumenten besitzt Siebenbürgen eine der dichtesten historischen Orgellandschaften weltweit. Doch nur wenige davon können regelmäßig gepflegt werden, denn in Rumänien gibt es kaum Fachleute, finanzielle Mittel oder zahlenmäßig noch starke Gemeinden, die sich für ihre Orgeln einsetzen können. Von außen kommende Hilfe zur Selbsthilfe ist in diesem Kontext wichtig, getragen durch Spenden von politischen und kirchlichen Gemeinden, Organisationen und zahlreichen Privatspendern.

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