Die multiplen Krisen führen dazu, dass das Handwerk derzeit aus mehreren Richtungen in die Zange genommen wird: explodierende Energiepreise, unsichere Energieversorgung, massive Materialverteuerungen und Lieferengpässe, Konsumzurückhaltung, steigende Belastungen durch Sozialabgaben. Der wachsende Fachkräftebedarf und bürokratische Pflichten kommen verschärfend hinzu. Der ZDH macht die Betroffenheit des Handwerks gegenüber Politik und Öffentlichkeit auf zahlreichen Ebenen deutlich. In welchen Bereichen wir für Entlastungen kämpfen und wie unsere politische Arbeit konkret aussieht, stellen wir hier vor.
Entlastungen im Bereich der Energieversorgung
Die jüngste ZDH-Sonderumfrage zeigt, wie schwierig die Lage immer noch ist. Fast zwei Drittel (65 Prozent) der Handwerksbetriebe berichten von Preiserhöhungen durch Strom- oder Gasversorger. Im Mittel erhöhten diese die Bezugspreise für Strom um 56 Prozent und für Erdgas um 76 Prozent. Ein hoher Prozentsatz von Handwerksbetrieben (10 Prozent) ist zudem von Vertragskündigungen durch Versorger betroffen. Diese gestiegenen Kosten bringen viele Handwerksbetriebe in existentielle Bedrängnis. Ein Schwerpunkt unserer handwerkspolitischen Aktivitäten liegt daher auf einer Entlastung im Bereich der Energiekosten.
Das haben wir bereits erreicht:
Bund und Länder haben zur Entlastung und Energiekostendämpfung der Wirtschaft zentrale Forderungen und einen konkreten Handlungsvorschlag des ZDH übernommen:
Die Energiepreisbremsen starten nun im März, und für das Handwerk konnten dabei wichtige Regelungen umgesetzt werden, wie etwa die betriebsgrößenunabhängige Anwendung der Energiepreisbremsen, indem nur Verbrauchsschwellen der Unterscheidung zwischen den jeweiligen Anwendungsfällen dienen, nicht aber, ob es sich um KMU im Sinne der EU-Definition handelt. Und durch die erreichte Senkung der Jahresverbrauchsschwelle für die Anwendung der "Gewerbestrombremse" für Betriebe von 100.000 kWh auf 30.000 kWh werden Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten unserer Betriebe vermieden.
Und wenn die Bremsen jetzt kommen, dann tun sie das nicht erst mit Wirkung zum März, sondern rückwirkend zum Januar 2023. Auch das war keine Selbstverständlichkeit, sondern Ergebnis einer engagierten Interessenvertretung.
Für die energieintensiven Handwerksbetriebe – und hierbei auch für diejenigen, die auch leitungsungebundene Energieträger wie Öl und Holz-Pellets verwenden – war es Anfang Dezember letzten Jahres daher zunächst eine gute Nachricht, dass der Bund zu seiner Zusage steht, den Ländern für die dringend benötigten Härtefallhilfen 1 Mrd. Euro zur Verfügung zu stellen. Wir haben gegenüber der Politik immer wieder betont, dass diese Härtefallhilfen schnell kommen müssen, damit bei den Betrieben bis zum Greifen der Gas- und Strompreisbremse keine Liquiditätsengpässe entstehen.
Die Realität sah und sieht heute aber leider anders aus: Erst nach und nach kamen und kommen die Verordnungen zu den Härtefallhilfen in den Bundesländern. Hier drängen wir weiter auf Tempo und Umsetzung!
Eine Maßnahme, für die sich der ZDH immer wieder stark gemacht hat, ist die vollständige Abschaffung der EEG-Umlage. Bislang ist diese seit dem 1. Juli 2022 – befristet bis Jahresende – nicht mehr zu zahlen. Ab 1. Januar 2023 wurde die EEG-Umlage nun auf Dauer aufgehoben.
Das haben wir noch vor:
- Wir nutzen die Ergebnisse der ZDH-Betriebsumfragen zu den Auswirkungen der aktuellen geopolitischen Krisensituation, um die Betroffenheit der Handwerksbetriebe gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit deutlich zu machen.
- Wir klären auf. Wir machen Bundesregierung und Öffentlichkeit klar, wie abhängig Bäckereien, Textilreiniger, Kfz-Werkstätten, Fleischereien und andere Gewerke von bezahlbarer Energie sind und erklären deren Bedeutung für die Gesellschaft.
- Der ZDH wird sich weiterhin für spürbar entlastende Maßnahmen einsetzen, um die Energiepreissteigerungen abzufedern. Hier sehen wir die Bundesregierung am Zug: Sie muss die Energiesteuersätze für in Produktionsprozessen verwendete Energieträger und den Stromsteuersatz auf die jeweiligen europarechtlich zulässigen Mindeststeuersätze senken. Gerade dauerhaft wettbewerbsfähige Energiepreise sind notwendig, um den Mittelstand nicht nur zu erhalten, sondern auch die Transformation zu einer "klimaneutralen Wirtschaft" erst möglich zu machen. Hierzu wird es aber nur kommen, wenn das Angebot an Energie deutlich erhöht wird, um mit der Nachfrage Schritt zu halten.
Entlastungen im Bereich Steuern und Finanzen
Die Handwerksbetriebe benötigen schnelle und finanzielle Hilfen in Form von direkten Zuschüssen oder durch Steuersenkungen. Alle Maßnahmen, die die Ausgabenseite entlasten, werden von uns ausdrücklich unterstützt.
Das haben wir bereits erreicht:
Wir haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass der Spitzenausgleich bei der Strom- und der Energiesteuer um ein weiteres Jahr verlängert wird. Handwerksbetriebe des produzierenden Gewerbes können somit weiterhin eine Kostenerstattung beantragen.
Korrespondierend mit der Verlängerung der Regelungen zum sog. Spitzenausgleich bis Ende 2024 konnte ebenfalls erreicht werden, dass auch die Steuerentlastungen für Unternehmen des produzierenden Gewerbes nach § 54 EnergieStG und § 9b StromStG weiterhin bestehen bleiben.
Der Bundesrat hat am 25.11.2022 dem Inflationsausgleichsgesetz zugestimmt, in dem u.a. die Absenkung des Einkommensteuertarifs vorgesehen ist. Das war eine zentrale Forderung des ZDH. Der Effekt der kalten Progression ist im Handwerk sowohl für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch für viele Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber von Bedeutung. Denn Handwerksbetriebe sind überwiegend Einzelunternehmen oder Personengesellschaften, bei denen die Einkommensteuer im Ergebnis die Unternehmenssteuer ist.
Die geplante Fortführung der Absenkung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie auf sieben Prozent hilft auch den betroffenen Unternehmen des Handwerks. Umsätze verschiedener Gewerke des Handwerks könnten nach den europäischen Vorgaben des Umsatzsteuerrechts (Mehrwertsteuersystemrichtlinie) ebenfalls mit einem ermäßigten Steuersatz besteuert werden. Hier sollte eine umfassende Reform des Katalogs der begünstigten Branchen geprüft werden.
Im Jahressteuergesetz 2022 wurde für die Lieferung und den Einbau von Solaranlagen und Energiespeichern ein Nullsteuersatz mit Vorsteuerabzugsrecht eingeführt, wofür sich der ZDH eingesetzt hatte.
Das haben wir noch vor:
- Der ZDH setzt sich seit langem sowohl in Stellungnahmen als auch in Gesprächen mit Ministerien und Vertretern der Politik für die Reduzierung des Stromsteuersatzes auf das europäische Mindestmaß ein. So hat der ZDH im Rahmen des Energiekostensenkungsgesetzes als Sachverständiger an der Anhörung durch den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages Stellung genommen und eine Absenkung nicht nur der Steuersätze für Kraftstoffe, sondern auch für andere Energieträger geworben.
- Wir kämpfen dafür, weitere Belastungen im Bereich Kassenführung für bargeldintensive Betriebe zu vermeiden. Dafür machen wir in den jeweiligen Gesetzgebungs- und Verordnungsgebungsverfahren konstruktive Vorschläge.
- Der ZDH wirbt zudem für die Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, um insbesondere die aus der fortschreitenden Digitalisierung resultierenden Anpassungen im Bereich der Außenprüfung praxistauglich umzusetzen und mögliche Entlastungspotentiale für die Betriebe zu heben. Der ZDH hat das Gesetzgebungsverfahren des sogenannten DAC7 Umsetzungsgesetzes eng begleitet. Mit diesem Gesetz werden auch erste grundlegende Schritte für eine Modernisierung des Besteuerungsverfahrens gemacht.
Entlastungen im Bereich der Beschäftigung
Innhaberinnen und Inhaber von Handwerksbetrieben sind durch hohe Abgaben bei der Beschäftigung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern belastet. Der Lohnkostenanteil im Handwerk beträgt bis zu 80 Prozent. Die Erhöhung des Zusatzbeitrags bei der Krankenversicherung um 0,3 Prozentpunkte ist eine weitere erhebliche Belastung. Es ist davon auszugehen, dass auch die Beiträge wie die zur Pflegeversicherung steigen. Die hohen Sozialbeiträge treffen insbesondere beschäftigungsintensive Gewerke und gefährden die Wettbewerbsfähigkeit von personalintensiven Betrieben und damit letztlich auch den Wirtschaftsstandort Deutschland. Wir setzen uns für ein Gleichgewicht von Bezahlbarkeit und sozialer Absicherung ein. Der Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz muss daher bei max. 40 Prozent gehalten werden.
Das haben wir bereits erreicht:
Wir haben uns erfolgreich für die Verlängerung der erleichterten Zugangsbedingungen zum Kurzarbeitergeld eingesetzt (Absenkung des Mindesterfordernisses der vom Arbeitsausfall betroffenen Beschäftigten auf 10 Prozent und Verzicht auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden). Diese erleichterten Zugangsbedingungen wurden bis zum 30. Juni 2023 verlängert. Das entlastet Betriebe unmittelbar und sichert in Zeiten des Fachkräftemangels Beschäftigung. Darüber hinaus wird sich der ZDH bei anhaltender Energiekrise dafür einsetzen, dass über die jetzt beschlossenen Maßnahmen hinaus auch die Sozialversicherungsbeiträge beim Kurzarbeitergeld wieder erstattet werden, um von der Krise betroffene Betriebe finanziell spürbar zu entlasten.
Entlastungen im Bereich Ausbildung
Die ökologische und digitale Transformation der deutschen Wirtschaft gelingt nur mit ausreichend qualifizierten Fachkräften. Aktuell fehlen aber rund 250.000 Fachkräfte im Handwerk. Daneben sind rund 30.000 (Stand: Ende September 2022) Ausbildungsplätze unbesetzt. Die berufliche Ausbildung heute ist der Schlüssel für die Fachkräftesicherung von morgen und sollte daher politisch und finanziell gestärkt werden.
Das haben wir bereits erreicht:
Sowohl für die Soforthilfen Gas als auch für die Preisbremsen Gas, Fernwärme und Strom ist vorgesehen, dass diese für alle staatlichen, staatlich anerkannten und oder gemeinnützigen Einrichtungen des Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsbereichs gelten. Dazu zählen auch die Bildungseinrichtungen des Handwerks.
Wir bewerten es sehr positiv, dass der Bund und 15 Bundesländer ab August 2022 den Weg zu höheren Zuschüssen in der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung geebnet haben. Dies reduziert den betrieblichen Anteil und führt zu Entlastungen der Betriebe von Ausbildungskosten.
Ebenfalls positiv zu bewerten ist die im Entlastungspaket III geplante Einführung eines kostenreduzierten bundesweiten ÖPNV-Tickets. Dies entlastet insbesondere auch Azubis.
Das haben wir noch vor:
Im Hinblick auf die künftige Fachkräftesicherung im Handwerk setzen wir uns fortwährend für die Stärkung der beruflichen Bildung sowie eine gleichwertige Behandlung im Vergleich zur akademischen Bildung ein – Stichwort Bildungswende. Unsere Forderungen bringen wir in dem zuständigen Bundestagsausschuss Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung oder auch beim Fachkräftegipfel der Bundesregierung ein.
- Im Zuge des Entlastungspakets III fordern wir, Auszubildende bei der geplanten Ausweitung des Wohngeldanspruchs zu berücksichtigen.
- Zudem müssen die Ausbildungsbetriebe sowie die beruflichen Bildungsstätten des Handwerks stärker unterstützt werden. Sie sind massiv von steigenden Energiekosten betroffen.
Entlastungen im Bereich Bürokratie
Kleine Betriebe sind überproportional von Bürokratie betroffen. In vielen Fällen müssen sie identische Anforderungen wie Großunternehmen erfüllen, ohne auch nur annähernd vergleichbare Ressourcen zu haben. Sie haben nicht die Personalstärke, um alle Verwaltungs- und Rechtsbereiche abzudecken und benötigend dringend spürbare Entlastungen, die zeitlich über die aktuelle Krisenlage hinausgehen.
Das haben wir bereits erreicht:
Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung (29. September 2022) sieht ausdrücklich ein Belastungsmoratorium vor. Während der Zeit der Krise sollen keine unverhältnismäßigen zusätzlichen Bürokratielasten die Wirtschaft beeinträchtigen. Dies soll auch im europäischen Kontext gelten. Die Bundesregierung wird sich hierfür in der Europäischen Union einsetzen.
Das haben wir noch vor:
- Die Vermeidung unverhältnismäßiger Bürokratie darf nicht befristet, sondern muss eine dauerhafte Maßgabe des politischen Handelns sein. Richtige Vorhaben des Koalitionsvertrags, wie etwa die Einführung von Praxischecks, die Errichtung eines Zentrums für Legistik oder die Fortführung der „One-in-one-out“-Regelung, müssen auf den Weg und umgesetzt werden.
- Spürbare Entlastung bedeutet ein tatsächlicher Abbau bestehender Bürokratie. Auch dies hat sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag vorgenommen. Der ZDH hat im engen Austausch mit der Handwerkerschaft gezielte Forderungen und konkrete Vorschläge erarbeitet. Die Erarbeitung und Verabschiedung eines weiteren Bürokratieentlastungsgesetzes ist überfällig.
- Bürokratische Belastungen resultieren nicht nur aus überzogenen Gesetzen, sondern auch aus einer unverhältnismäßigen Vollzugspraxis der Verwaltung. Betriebe benötigen praxisgerechte behördliche Maßgaben, verhältnismäßige Anforderungen und eine verständliche Kommunikation auf Augenhöhe.
Krieg in der Ukraine
Hier erhalten Sie Informationen zu den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine
auf das Handwerk sowie Hinweise zu Unterstützungsangeboten.
#WirtschaftHilft
Zur Unterstützung einer bedarfsgerechten Hilfe haben BDA, BDI, DIHK und ZDH in enger Zusammenarbeit die Initiative #WirtschaftHilft ins Leben gerufen.