Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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17.04.2024

China: Weitestreichender und umfassendster Ansatz für De-Risking

Chinas Wirtschaft braucht immer weniger Vorprodukte aus dem Ausland.
Chinesische Arbeiterinnen in der Fertigung

Während die EU noch diskutiert, senkt Peking Einfuhren und verkauft mehr ins Ausland – und das in großer Geschwindigkeit. Ein neuer Report der europäischen Handelskammer in China zeigt: Mit dem "am weitesten reichenden und umfassendsten Ansatz" für De-Risking habe die Volksrepublik ihre Abhängigkeit von Vorprodukten aus dem Ausland bereits deutlich reduziert. Der Anteil Chinas in den globalen Lieferketten hingegen ist in den vergangenen Jahren signifikant gestiegen. Dazu kommt, dass chinesische Unternehmen ihre Überkapazitäten zunehmend exportieren. Nach Einschätzung der Handelskammer führt das wachsende Ungleichgewicht in der EU zunehmend zu einer Abwehrreaktion.

Unterschiedliche De-Risking-Strategien im globalen Wettbewerb

Als Lehre aus Coronapandemie und Ukrainekrieg haben EU und USA den Druck auf ihre Unternehmen erhöht, sich unabhängiger von China zu machen. Gleichzeitig haben die westlichen Sanktionen gegen Russland das Streben Chinas verstärkt, die Abhängigkeit vom Westen zu reduzieren. Dabei werden unterschiedliche De-Risking-Ansätze verfolgt: die EU fordert vor allem eine Diversifizierung von Lieferketten und Bezugsquellen kritischer Rohstoffe. Die US-Politik richtet sich dagegen zum Teil spezifisch gegen China und versucht, das Land von wichtigen Technologien abzuschneiden. Am weitreichendsten ist jedoch laut Report das Streben der chinesischen Staatsführung, ihr Land unabhängiger vom Ausland zu machen. Chinas Erfolg im De-Risking zeigte eine Analyse der globalen Lieferketten durch die Welthandels- und Entwicklungskonferenz (UNCTAD) bereits 2022. Demnach ist der Anteil ausländischer Komponenten in chinesischen Exporten deutlich gesunken und in China inzwischen so niedrig wie in keiner anderen großen Volkswirtschaft der Welt.

EU-Handelskammer warnt vor "purem Protektionismus".

Immer mehr europäische Firmen in China beklagen das zunehmend politisierte Geschäftsumfeld, in dem sie aufgrund der wachsenden geopolitischen Spannungen navigieren müssen. Mit einer "Silofizierung" ihrer Lieferketten als Reaktion wollen sie sich vor externen Schocks schützen: Einerseits verlagern sie die Lieferketten für das Chinageschäft stärker nach China und sie achten andererseits bei Importen nach Europa auf Diversifizierung, einschließlich der Suche nach alternativen Bezugsquellen. In politisch sensiblen Bereichen dürfte das Geschäft für ausländische Unternehmen in China zukünftig noch schwieriger werden. Die EU-Handelskammer plädiert für eine granulare Betrachtung und Bewertung der jeweiligen Abhängigkeiten je nach Branche und Produktart: "Alles andere ist purer Protektionismus".

Chinesische Unternehmen verlagern Exporte und Produktion nach Mexiko und Vietnam.

Nur weil ein Produkt aus Mexiko oder Vietnam kommt, heißt dies noch lange nicht, dass es nicht chinesischer Bauart ist, warnt die EU-Handelskammer. Chinesische Unternehmen exportieren immer mehr Komponenten in asiatische Länder wie Malaysia oder Vietnam, aber auch nach Mexiko. Dort werden die Bauteile weiterverarbeitet und können dadurch als lokale Produkte deklariert werden. Anschließend werden die Waren in die EU oder in die USA exportiert, mit entsprechend niedrigeren Zöllen oder ganz zollfrei. Zuletzt haben chinesische Unternehmen ihre Ausfuhren nach Mexiko stark erhöht oder gleich ganze Fabriken in dem Land aufgebaut. In die ASEAN-Staaten exportierte China 2023 erstmals mehr als in die USA. Besonders auffällig ist die Verlagerung der Lieferketten in Bereichen, in denen die USA Zölle auf chinesische Exporte erheben, etwa in der Auto- oder Solarindustrie.

Quelle: www.handelsblatt.de, Pressemitteilung vom 20. März 2024