Frau Bui rettet die deutsche Wurst
Die Fleisch- und Wurstwaren Schmalkalden GmbH Thüringen (www.thueringer-landstolz.de) findet in Deutschland und Europa keine Azubis mehr, aber dafür in Vietnam. Derzeit arbeiten in dem Betrieb 21 Auszubildende, davon 14 aus Vietnam. Die zwanzigjährige Thi Hong Bui ist eine von ihnen. Sie und die anderen vietnamesischen Azubis sollen die Nachwuchslücke füllen.
Die Schmalkalden GmbH beliefert 41 Fleischtheken in der Region, im Oktober verkauft sie Würstchen auf der Wiesn in München. Das Durchschnittsalter der Mitarbeiter liegt bei 43 Jahren, ältere Menschen scheiden aus und nicht genügend junge kommen nach. Fleischer ist neben Restaurantfachmann der unbeliebteste Ausbildungsberuf der deutschen Jugend, bundesweit bleibt jede dritte Stelle unbesetzt.
Weil sich in den vergangenen Jahren immer weniger Jugendliche bewarben, stellt sich der Betrieb seit 2013 auf Berufsmessen in ganz Europa vor, bislang aber erfolglos. Daraufhin schaute der Geschäftsführer Peter Lesser rund 8.500 Kilometer in die Ferne und auch etwas in die Vergangenheit. Vietnamesische Vertragsarbeiter arbeiteten bereits in den 70er und 80er Jahren in der DDR, auch in Schmalkalden. Die vietnamesischen Kollegen hatten damals keine Probleme mit der Religion oder dem Essen und hohes Ansehen bei deutschen Kunden. Peter Lesser beschäftigte sich mit der vietnamesischen Kultur und beschloss, in Vietnam um junge Leute zu werben. In Vietnam liegt der Durchschnittslohn bei 160 Euro im Monat, der Thüringer Schlachthof zahlt nach Beendigung der Lehre fast das Zehnfache.
2016 stieg die IHK Suhl in Lessers Projekt ein, die Landesregierung stellt finanzielle Unterstützung und den organisatorischen Rahmen. Jährlich sollen 40 Auszubildende aus Vietnam nach Thüringen kommen. Die Akquise läuft über eine vietnamesische Unternehmensberatung in Hanoi. Geworben wird in technischen Hochschulen und Colleges. Die einzigen Voraussetzungen sind ein Sprachkurs, Deutsch für das Niveau B2 mit einer erfolgreichen Prüfung am Goethe-Institut in Hanoi. Mittlerweile machen 52 junge Vietnamesen eine Ausbildung in der Region: beim Glaser, in der Gastronomie und im Metallbau. Ihr Aufenthalt wird durch ein Abkommen zwischen Deutschland und Vietnam gesichert: drei Jahre Ausbildung mit Option auf Verlängerung, wenn Arbeit vorhanden ist. Das Projekt ist erfolgreich, im August 2019 kommen die nächsten 40 Vietnamesen. In Sachsen gibt es mittlerweile zwei weitere ähnliche Projekte mit Vietnam.
Quelle: www.taz.de, Pressemitteilung vom 9. November 2018