Hessischer Fliesenlegermeister ist Instagram-Star in Indien
Noch zu Jahresbeginn hatte sich Fliesenlegermeister Johannes Münkel nicht träumen lassen, dass er 2021 zu einem der erfolgreichsten Handwerker auf Instagram aufsteigen wird. Nachdem er am 25. Januar 2021 einen Video-Beitrag hochgeladen hatte, zählte er bereits einige Tage später 3.500 Abonnenten auf seinem Kanal. Das Video zeigt, wie Münkel Gewindelaschen unter eine Bodenfliese steckt, die Fliesen mit dem Saugheber in den Kleber drückt, das Verlegesystem anzieht, am nächsten Tag die Laschen rausklopft und anschließend abdreht. Das Ganze untermalt mit etwas Musik.
Im Video sieht man keine außergewöhnlichen, aber sehr akkurat ausgeführte Arbeitsschritte. Der Clip ist gut gemacht und zeigt die Handgriffe aus unterschiedlichen Perspektiven - flott zusammengeschnitten. Auf dem Kanal des Fliesenlegermeisters finden sich mehrere kurze Clips dieser Art, aufgenommen mit dem Smartphone. Auch andere Handwerker zeigen ihre Arbeit in vergleichbaren Beiträgen auf Instagram. Doch mit seinem 30-sekündigen Video scheint der 30-Jährige einen Nerv zu Corona-Zeiten getroffen zu haben. Viele schauen sich die Videos an und wollen es zu Hause nachmachen. Bis Ende März hatten sich fast 18 Millionen Menschen seinen Beitrag angesehen und seitdem steigen die Follower-Zahlen ständig.
Nachdem der Inhalt seines Video-Beitrags hundertfach geliked und kommentiert wurde, waren das für Instagram Signale, den Beitrag noch mehr Nutzern vorzuschlagen. Als der Algorithmus den Inhalt dann auch über die Landesgrenzen spülte, kam es zum endgültigen Durchbruch. Leute in Indien feiern Münkel, denn Verlegesysteme und Akku-Saugheber kennen sie dort nicht. Auch Fans aus Russland, Brasilien und den USA sind begeistert von der deutschen Wertarbeit und Technik. Fast 48.000 Abonnenten zählte Münkel bis Ende März, 44 Prozent davon aus dem Ausland.
Der Fliesenleger freut sich über die internationale Anerkennung. Aber eigentlich möchte er mit seinem Instagram-Kanal ein ganz anderes Publikum ansprechen: Jugendliche aus Deutschland und der Umgebung. Dem Fliesenlegerhandwerk fehlt der Nachwuchs. Im Familienbetrieb im hessischen Hünfeld bei Fulda, den Münkel gemeinsam mit seinem Vater leitet, würde er gerne Fachkräfte ausbilden. In fünf Jahren erhielt er keine einzige Bewerbung. Über den Instagram-Kanal sind nun plötzlich Anfragen für Praktika gekommen und neue künftige Auszubildende zeigen echtes Interesse. So könnten bald mehr Bewerbungen eingehen als Lehrstellen zu vergeben sind.
Drei bis vier Stunden steckt Münkel täglich in seinen Social-Media-Kanal, nach Baustelle und Büro. Der Hobbyfotograf sondiert sein Bildmaterial, schneidet Videos, bearbeitet Fotos. In seinen Beiträgen zeigt er authentisch seinen gesamten Arbeitsalltag - von Werkzeugkunde bis zur Installation von Lichtboards. Rund 9.000 Menschen schauen täglich seine Storys an - am Wochenende ist die Zahl noch höher. Täglich bis zu 100 Abonnenten schreiben ihm, loben und fragen ihn um Rat. Er bekommt viele Anfragen für Aufträge aus ganz Deutschland, die jedoch logistisch nicht alle machbar sind.
Aber auch Anfragen anderer Art erreichen ihn. Nach vergeblichen Versuchen, einen Fliesenleger für seinen Boden zu finden, bat ein verzweifelter Hausbesitzer Münkel, ihm gegen Rechnung eine zweistündige Videoschulung zu geben. Damit wolle er sein Badezimmer selbst fliesen.
Quellen: www.deutsche-handwerks-zeitung.de vom 31. März 2021;
www.fuldaerzeitung.de vom 16. Mai 2021