Orgeln für Gott und die Welt
Waldkirch feiert dieses Jahr 225 Jahre Orgelbau. Die Schwarzwaldgemeinde tut alles dafür, dass dieses Handwerk und seine Musik nicht in Vergessenheit geraten. In dem quirligen Städtchen klingt, tönt und dröhnt es zu jeder sich bietenden Gelegenheit. Vom kleinsten Drehorgel-Räuchermännchen bis zur stolzen Walcker-Kirchenorgel – die Waldkircher führen ihre Orgelbau- und Musiktradition gerne und oft vor.
Orgelbau in Waldkirch bereits seit 1799
Neben der Meisterwerkstatt Jäger & Brommer von Orgelbaumeister Wolfgang Brommer befindet sich der Orgelbauersaal mit über 60 historischen Waldkircher Instrumenten, zusammengetragen von der Orgelstiftung. Das Orgelbau-Unternehmen gilt weltweit als eine der ersten Adressen auf dem Gebiet des Neubaus und der Restaurierung von Pfeifenorgeln und Musikwerken. Zum Repertoire von Jäger & Brommer gehören neben Kirchenorgeln auch Drehorgeln, Bauchorgeln, Konzertorgeln und Orgelbausätze für Schulklassen. 1988 hatte Brommer zusammen mit seinem Freund von der Meisterschule Heinz Jäger den Betrieb in Waldkirch gegründet und an eine alte Tradition angeknüpft. Schon seit 1799 gibt es in Waldkirch Orgelbauer, den Drehorgelbau brachte 1834 Ignaz Bruder in die Stadt. Er gründete eine Familiendynastie, die für hochwertige Drehorgeln berühmt war. Im Lauf der Jahre kamen weitere Orgelbauer hinzu, die sich auf Orchestrien oder Jahrmarktorgeln spezialisierten. Heute arbeiten in dem 1988 gegründete Orgelbau-Unternehmen von Wolfgang Brommer 16 Orgelbauermeister, Orgelbauer und Auszubildende.
Faszination Drehorgel
Während die Drehorgel bis heute eine anhaltende Faszination auf die Menschen ausübt, haben viele den Kontakt zu Kirchenorgeln dagegen ganz verloren, bedauert Brommer. Manche Kinder wüssten nicht einmal mehr, was eine Orgel sei. Deswegen lädt er Schulklassen ein, zeigt ihnen das Innere einer Orgel und lässt sie Tasten drücken und die Klänge hören. Die 20.000-Einwohner-Stadt Waldkirch rühmt sich, die älteste städtische Musikschule Deutschlands zu haben. 830 Kinder erlernen hier ein Instrument. Insgesamt gibt es in Waldkirch 4.000 aktive Musiker.
Preis der Deutschen Außenwirtschaft belohnt mutiges Konzept
Im Jahr 2007 wurde Jäger & Brommer der Preis der Deutschen Außenwirtschaft beim 7. Deutschen Außenwirtschaftstag in Bremen verliehen. Ehrengast war der König von Jordanien. Der Preis ist einzigartig in Deutschland. Erstmals wurde damals ein Handwerksbetrieb für seine herausragenden internationalen Leistungen und den Export von Jäger & Brommer-Orgeln nach Asien, die USA, Australien und Europa ausgezeichnet. Die Jury zeigte sich von der intelligenten Strategie der bei-den Gründer und Orgelbaumeister Wolfgang Brommer und Heinz Jäger beeindruckt. Sie haben ein mutiges Konzept für den Weltmarkt entwickelt und sind ein Paradebeispiel dafür, dass auch kleine Unternehmen, insbesondere Handwerksbetriebe, in weltweiten Nischenmärkten erfolgreich sein können.
Seitdem haben Jäger & Brommer für den ausländischen Markt unter anderem eine Kathedral-Orgel für Qingdao in China, eine Kirchenorgel für Nagoya in Japan und eine Konzertorgel für die Hong Sung Kirche in Seoul/Korea gebaut. In handwerklich traditioneller Weise, aber auch mit Augenmerk auf technische Innovationen werden sämtliche Bauteile einzeln hergestellt und bürgen so für hohe Qualität. Auftraggeber sind Kirchen, Konzertbühnen, Musikhochschulen, Museen sowie Privatleute. Das zweite Arbeitsfeld ist entsprechend der großen Tradition in Waldkirch der Bau und die Restaurierung von mechanischen Musikwerken wie Drehorgeln, Jahrmarktsorgeln und Orchestrione.
Unermüdlicher Botschafter der Orgel
Brommer setzt sich dafür ein, die Vielseitigkeit der Orgelmusik jeder Art lebendig zu halten. "Die Orgel ist so ein tolles Instrument, sie kann Jazz, Pop, Klassik", schwärmt er. Viele Menschen setzen heute Orgel gleich mit Kirche, aber das sei falsch. Der Orgelbaumeister betont, dass die Orgel keinen religiösen Auftrag hat, sondern sich für verschiedene Musikstile eignet. Windinstrumente wie die Orgel haben eine jahrtausendealte Geschichte. Erst im 10. Jahrhundert entdeckte man, dass der Klang in großen Kirchenräumen besonders eindrucksvoll wirkt, was zur verstärkten Nutzung in Kirchen führte.
Ohne Musik verkümmert der Mensch, ist Brommer überzeugt. Eine elektronische Orgel kostet zwar nur ein Zehntel einer richtigen Orgel, aber sie kann niemals die Schwingungen von echten Orgelpfeifen ersetzen, ist er sich sicher. Es ist schwer, diese Botschaft in Zeiten des Kirchensterbens zu vermitteln. Auch deswegen lassen Brommer und die Waldkircher Orgelbegeisterten keine Gelegenheit aus, die Instrumente erklingen zu lassen. 2025 findet wieder das Internationale Klang- und Orgelfestival statt. Brommer will weitermachen, solange er kann – sagt der unermüdliche Orgel-Botschafter.
Quellen: www.deutsche-handwerks-zeitung.de, Pressemitteilung vom 13. November 2024;
www.waldkircher-orgelbau.de, Stand Dezember 2024