Allianz für Aus- u. Weiterbildung: Ausbildungsmarkt stabilisieren
Wo wir stehen
Zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben auch viele Handwerksbetriebe ihre Geschäftstätigkeiten stark herunterfahren müssen. Dennoch planen laut einer aktuellen ZDH-Umfrage über 40 Prozent der Betriebe, zum kommenden Ausbildungsjahr genauso viele oder sogar mehr Auszubildende als bisher einzustellen. Das ist eine gute Nachricht, die zeigt: Nach wie vor gibt es im Handwerk große Zukunftschancen.
Wenn allerdings auf der anderen Seite auch 25 Prozent der befragten Betriebe vor dem aktuellen Hintergrund ihr Ausbildungsengagement hinterfragen müssen, deutet das auf die Notwendigkeit eines motivierenden Unterstützungsbedarfs hin. Die monatlich bei den Handwerkskammern abgefragten Daten zu den neu eingetragenen Ausbildungsverträgen untermauern den Eindruck einer Verunsicherung bzgl. einer Entscheidung über Ausbildungsinvestitionen. So wurden zwischen Januar und April insgesamt rund 31.600 Ausbildungsverträge neu in den Lehrlingsrollen erfasst, 13,7 % weniger als im Vorjahr. Erfahrungswerte zeigen, dass zum 30.04. eines Jahres bereits in etwa ein Viertel der Neuverträge erfasst sind. Ausgehend von diesem Erfahrungswert ergeben sich rein rechnerisch – wenn nicht gegengesteuert wird – allein für das Handwerk zum Jahresende knapp 10.000 weniger Neuverträge als im Vorjahr. Fachkräfte, die in den kommenden Jahren schmerzlich fehlen würden.
Diese Werte sollen aufzeigen, wie wichtig ein zügiges und konzertiertes Handeln aller berufsbildungspolitischen Akteure in der Allianz für Aus- und Weiterbildung ist. Daher gilt es, zeitnah die verbleibenden drei Monate bis zum Beginn des neuen Ausbildungsjahres zu nutzen. Die Allianz für Aus- und Weiterbildung hat bereits im Rahmen früherer Herausforderungen – wie beispielsweise der Finanzkrise 2008 oder der Integration von Geflüchteten 2015 – bewiesen, dass sie politisch handlungs- und lösungsfähig ist. Maßnahmen, die in der aktuellen Situation den Ausbildungsbetrieben Planungssicherheit geben, den jungen Menschen bei der Berufsorientierung helfen und die damit den Ausbildungsmarkt stimulieren, müssen jetzt zügig in die Wege geleitet werden.
Was zu tun ist
Stimulierung der betrieblichen Ausbildung durch Ausbildungszuschuss
Um die aktuelle Situation hoher Unsicherheit für die Ausbildungsbetriebe im Hinblick auf Ausbildungsinvestitionen zur reduzieren, wäre eine finanzielle Anerkennung von Ausbildung und die Entlastung bei Ausbildungskosten gerade jetzt wichtig. Damit die Ausbildungsbetriebe ihr hohes Engagement für die Nachwuchssicherung uneingeschränkt fortsetzen können, sollten sie einen einmaligen Zuschuss erhalten.
Kurzarbeitergeld für Azubis ab dem ersten Monat
Wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, wenn die Unterbrechung der Ausbildung organisatorisch und finanziell aufgrund pandemiebedingter Maßnahmen unvermeidbar wird – dann müssen Betriebe auch für ihre Auszubildenden unmittelbar und ohne lange, sechswöchige Wartefrist auf das Instrument der Kurzarbeit zurückgreifen können. Das würde den Betrieben mehr Planungssicherheit geben.
Berufsorientierung und Ausbildungsvermittlung im Blick behalten
Aufgrund der langfristigen Schließung von allgemeinbildenden Schulen und der Kontakteinschränkungen für Schülerinnen und Schüler muss verstärkt auf digitale Informationsangebote der Berufsorientierung aufmerksam gemacht sowie telefonisch oder digital individuell beraten werden. Auf dieser Grundlage ist der Vermittlungsprozess durch eine enge Kooperation von allgemeinbildenden Schulen, Arbeitsagenturen und Handwerkskammern zu gewährleisten, damit Informationen über Ausbildungsberufe und Ausbildungsstellen die Jugendlichen erreichen.
Unterstützung der von Vertragslösung betroffenen Auszubildenden
Betriebe, die zusätzliche Ausbildungsplätze für von Insolvenz oder Betriebsschließung betroffene Auszubildende anbieten, sind zu fördern. Dies würde eine größere Sicherheit für jene Auszubildenden schaffen, die sich durch die Corona-Maßnahmen einem höheren Risiko vorzeitiger Vertragslösung wegen Insolvenz oder Betriebsschließung gegenübersehen.
Sicherung des Fachkräftenachwuchses durch Einstiegsqualifizierung
Sofern aufgrund der ökonomischen Auswirkungen des Shutdown nicht genug Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen, sollten Bewerberinnen und Bewerber ersatzweise in die Einstiegsqualifizierung vermittelt und nachfolgend eine zeitliche Anrechnung auf das erste Ausbildungsjahr geprüft werden.