Ausbildungsengagement während der Corona-Pandemie
Wo stehen wir
Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie hatten und haben einen erheblichen Einfluss auf das Ausbildungsgeschehen im Handwerk. Aufgrund ausgefallener Berufsorientierungseinheiten an den allgemeinbildenden Schulen, eingeschränkter Berufsberatungen der Arbeitsagenturen und stornierten Berufsorientierungsmaßnahmen fehlen den Schulabsolventinnen und -absolventen in diesem Jahr fundierte Kenntnisse der Ausbildungsberufe sowie der offenen Ausbildungsstellen. Nach einer ifo-Studie (ifo Schnell-dienst, 2020, 73, Nr. 09, 1-17) stellen 64 Prozent der Eltern fest, dass ihre Kinder während der Schulschließungen deutlich weniger gelernt, die freie Zeit jedoch nicht für Berufsorientierung genutzt haben. Damit steigt die Gefahr von zeitlich verschobenen Entscheidungen oder Fehlentscheidungen bei der Berufswahl bei den Schulabsolventen.
Betriebe stehen überdies immer noch vor der Herausforderung, mit Ausbildungsplatzinteressierten in Kontakt zu kommen und Ausbildungsverhältnisse mit passenden Bewerbern anbahnen zu können.
Angebote der Handwerksorganisationen
Handwerkskammern und Zentralfachverbände des Handwerks haben ihre digitalen Berufsorientierungsangebote deutlich ausgebaut und unterstützen ihre Mitgliedsbetriebe durch digitale Angebote bei der Akquise von Auszubildenden und im Einstellungsprozess. Die Handwerkskammern und Zentralfachverbände haben Video- und Onlineinformationen für das eigene Internetangebot und verschiedene Social Media Plattformen entwickelt. Sie beraten Ausbildungsinteressierte, Eltern und Betriebe per Videochat, Online-Seminaren und WhatsApp-Sprechstunden und beteiligen sich an virtuellen Ausbildungsmessen. Zur Unterstützung und Ergänzung des Berufsorientierungsunterrichts an Schulen werden Online-Beratungen sowie beispielsweise interaktive Tafelbilder und Unterrichtsmaterialien zum Online-Download angeboten.
Zudem erhalten Betriebe Informationen und Hilfe beim digitalen Recruiting von Auszubildenden. Ergänzend steht der Berufe-Checker des Handwerks für Ausbildungsinteressierte bereit und bietet Online-Informationen zu Ausbildungsinhalten und dem Alltag von Auszubildenden. Digitale Initiativen der Handwerksorganisation zur Unterstützung der Berufsorientierung und Vermittlung wurden in diesem Sommer im Rahmen einer Sonderumfrage ermittelt und in der Broschüre „Aktivitäten der Handwerkskammern vor dem Hintergrund der Allianz für Aus- und Weiterbildung“ veröffentlicht.
Was zu tun ist
Vor dem Hintergrund der aktuell sehr komplexen und von großer Unsicherheit geprägten Situation brauchen zum einen junge Menschen mehr denn je eine fundierte Orientierung auf dem Ausbildungsmarkt. Zum anderen sind insbesondere Klein- und Kleinstbetriebe des Handwerks angesichts weiterhin stark eingeschränkter Präsenzveranstaltungen zur Vermittlung ihrer Ausbildungsplätze beim digitalen Recruiting auf Unterstützung angewiesen. In der Pandemie-Lage hat sich gezeigt, welche Bedeutung digitale Formen der Berufsorientierung haben können. In der Folge gilt es, nicht auf den Ausgangszustand vom Februar des Jahres zurückzufallen.
Das deutsche Handwerk fordert daher insbesondere
- eine enge Vernetzung digitaler Informationsangebote der Handwerksorganisationen wie Handwerkskammern und Innungen mit den allgemeinbildenden Schulen für eine ergebnisoffene Studien- und Berufsorientierung auch in der gymnasialen Oberstufe,
- eine Verankerung der Berufsorientierung in den Curricula der weiterführenden allgemeinbildenden Schulen, um entsprechende Unterrichtseinheiten auch bei virtueller Lehre zu gewährleisten,
- Förderprogramme zur Etablierung digitaler Akquise- und Einstellungstools für Klein- und Kleinstunternehmen,
- individuelle digitale Beratungsangebote der Bundesagentur für Arbeit, um auch bei weiteren Quarantänemaßnahmen und Schulschließungen eine Betreuung der Schülerinnen und Schüler sicherzustellen,
- gemeinsame digitale (Nach-)Vermittlungsaktivitäten zur Besetzung von Ausbildungsplätzen und zur Versorgung von Jugendlichen.