EU-Datengesetz / Data Act: Für einen fairen Zugang zu Daten für KMU
Hintergrund
Um die Nutzung von Daten zu erleichtern sowie die Entwicklung eines europäischen Binnenmarkts für Daten zu fördern, läuft derzeit die Folgenabschätzung für ein europäisches Datengesetz. Diesen „Data Act“ will die EU-Kommission Anfang Dezember 2021 vorlegen. Darin soll erstmals auch der faire Zugang zu Daten zwischen Unternehmen (B2B-Datenzugang) geregelt werden.
Das Europäische Parlament (ITRE-Ausschuss) hatte zur europäischen Datenstrategie bereits im Februar dieses Jahres einen Initiativbericht angenommen und die Kommission darin zum Handeln aufgefordert, um allen Unternehmen einen fairen Datenzugang zu sichern.
Bewertung
Ein fairer Zugang zu Daten ist für Handwerksbetriebe von zentraler Bedeutung, um zukunftssichere Geschäftsmodelle entwickeln zu können. Wichtig ist vor allem ein Nutzungszugang zu technischen Daten und Daten des Kunden, die für Wartungs- und Reparaturdienstleistungen relevant sind.
Beim Datenzugang sind Handwerksbetriebe in zunehmendem Maße auf die Hersteller bzw. (IoT)-Plattformen angewiesen. Kfz sowie Heiztechnik und anlagetechnische Gewerke im Smart-Home-Bereich sind nur einige der Sektoren, die von diesem Trend besonders betroffen sind. Denn viele Geräte im Smart-Home-Bereich sind inzwischen über Apps wie „Home Connect“ vernetzt. Registriert das Gerät einen Fehler, wird in der Regel automatisch auf den Werkskundendienst verwiesen. Der freie Handwerker hat dagegen keinen Zugriff auf die Daten, die notwendig sind, um eine unabhängige Wartung bzw. Reparatur anbieten zu können.
Selbst wenn die Möglichkeit zur Durchführung etwaiger Servicearbeiten besteht, müssen Handwerksbetriebe dafür vorab Verträge mit den Herstellern abschließen, die teilweise kostenpflichtige Schulungen beinhalten. Außerdem müssen sie häufig während der Laufzeit der Serviceverträge einen gewissen Handelsumsatz gegenüber dem Hersteller nachweisen.
Solche Vorgehensweisen sind weder aus Sicht von Handwerksbetrieben noch aus der Kundenseite zielführend. Dabei liegen die Vorteile eines gleichberechtigen Datenzugangs für mehrere potenzielle Dienstleister auf der Hand: Zum einen könnten Handwerkerinnen und Handwerker verschiedene Leistungsangebote miteinander kombinieren, auf das Nutzerverhalten und die Kundenwünsche zuschneiden und als Konsequenz die Endkosten für den Kunden erheblich senken. Zum anderen könnten damit innovationsfeindliche sog. „Lock-in-Effekte“ verhindert werden, die sich oft dadurch ergeben, dass Kunden nur den Herstellern „smarter Geräte“ direkten Zugriff auf die jeweils relevanten Daten erteilen können. Außerdem fehlen Kunden derzeit die technischen Möglichkeiten, in die Datenauslesung durch Dritte einzuwilligen. Dadurch sind sie teilweise für die Lebensdauer einer Heizung oder Waschmaschine vom jeweiligen Hersteller abhängig.
Was zu tun ist
Die EU-Kommission sollte ein europäisches Datengesetz („Data Act“) mit klaren Regeln für den B2B-Datenzugang vorlegen:
- Es bedarf eines sektorübergreifenden Ansatzes. Ein fairer Datenzugang ist die Voraussetzung dafür, faire Marktbedingungen auf digitalen Märkten in Europa zu erreichen. Die von der Kommission erwogenen „horizontalen Zugangsmodalitäten“ reichen nicht aus, da solche Zugangsrechte bereits im Vorfeld nicht bestehen.
- Vertragliche Lösungen, inklusive vertraglicher Fairness-Prüfung, stellen einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar. Aufgrund der geringen Verhandlungsmacht von KMU können diese allein jedoch keinen ausreichenden Datenzugang für kleine und mittlere Unternehmen gewährleisten. Notwendig sind ein grundsätzliches Gebot des fairen Datenzugangs und eine Liste verbotener Praktiken („Black List“). Nur so kann ein Datenzugang in Echtzeit gewährleistet werden.
- Das Recht auf Datenübertragbarkeit gemäß Artikel 20 der DSGVO muss tatsächlich ausgeübt werden können. Die Nutzer der jeweiligen Geräte müssen dazu technisch in die Lage versetzt werden, allen Unternehmen ihre Einwilligung zum Auslesen und Analysieren ihrer Daten zu erteilen. Die DSGVO betrifft zwar vornehmlich den B2C-Bereich; aber Fortschritte hier können auch beispielhaft für entsprechende Schnittstellenlösungen im B2B-Bereich sein. Es ist zudem nötig, dass die Dienstleister über kundenbezogene Kommunikationsschnittstellen einen direkten Kommunikationszugang zu ihren Kunden erhalten.