Europäisches Jahr der Kompetenzen
Europäisches Jahr der Kompetenzen
Hintergrund
Vor dem Hintergrund eines sich verschärfenden Fachkräftebedarfs und einer zu geringen Weiterbildungsbeteiligung in der Europäischen Union wurde am 9. Mai auf Initiative der Europäischen Kommission das „Europäische Jahr der Kompetenzen“ gestartet. Dabei sollen verschiedene Initiativen angestoßen und umgesetzt werden, die dabei helfen sollen, den betrieblichen Fachkräftebedarf in der EU zu decken. Wesentliche Ziele des Europäischen Jahrs der Kompetenzen sind die Förderung und der gezieltere Einsatz von Investitionen in die Aus- und Weiterbildung sowie die Anpassung des Qualifikationsangebots an die Erfordernisse des Arbeitsmarktes, auch in Zusammenarbeit mit Sozialpartnern und Unternehmen. Daneben soll die Anwerbung von Drittstaatsangehörigen erleichtert werden.
Sachstand
Um diese Ziele zu erreichen, werden bis Mai 2024 verschiedene Aktivitäten und Kampagnen auf europäischer und nationaler Ebene stattfinden, mit denen die Sichtbarkeit einer hochwertigen beruflichen Aus- und Weiterbildung befördert sowie Initiativen zur grünen und digitalen Transformation hervorgehoben werden sollen.
Darüber hinaus werden von der Europäischen Kommission unter dem Dach des „Europäischen Jahrs der Kompetenzen“ in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament, den EU-Mitgliedstaaten und den europäischen Sozialpartnern verschiedene arbeitsmarkt- und bildungspolitische Initiativen angestoßen. Hierzu zählen insbesondere:
- Aktualisierung des Europäischen Qualitätsrahmens für Praktika zur Schaffung einheitlicher Standards zur Verbesserung der Qualität von Praktika und deren EU-weiter Vergütung;
- Vorschlag einer Ratsempfehlung zur Lernmobilität, um Hindernisse bei der Durchführung von Lernaufenthalten im Ausland abzubauen;
- Paket für digitale Bildung und Kompetenzen, um die Vermittlung digitaler Kompetenzen im Rahmen der allgemeinen und beruflichen Bildung zu verbessern;
- Initiativen zur Anwerbung von Drittstaatenangehörigen und deren Integration in den Arbeitsmarkt durch bessere Qualifizierungsmöglichkeiten und eine einfachere Anerkennung von Qualifikationen;
- Einrichtung von „Netto-Null-Industrie-Akademien“ zur Entwicklung von Lernprogrammen sowie Qualifikationsnachweisen – bspw. in Form von Microcredentials – für die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften im Bereich der Netto-Null-Technologien.
Bewertung
Grundsätzlich unterstützt der ZDH das Europäische Jahr der Kompetenzen und die damit verbundenen übergeordneten Ziele. Gerade die verstärkte Vermittlung digitaler Kompetenzen sowie die Förderung der Lernmobilität sind wichtige Bausteine zur Steigerung der Zukunftsfähigkeit und Attraktivität der Berufsbildung. Über SMEunited, den europäischen Verband der kleinen und mittleren Unternehmen und des Handwerks, werden kontinuierlich thematische Impulse zur inhaltlichen Ausgestaltung des Jahres an die europäischen Entscheidungsträger vermittelt.
Kritisch gesehen wird jedoch die beabsichtigte Einrichtung sog. „Netto-Null-Industrie-Akademien“ zur Qualifizierung von Fachkräften in diesem Bereich. Damit umgeht die Kommission die Entscheidungskompetenz der EU-Mitgliedstaaten in der Bildungspolitik und schafft eine Parallelstruktur zu den entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten. Dies wäre ein gefährlicher Präzedenzfall und könnte dazu führen, dass nicht gemäß der konkreten Bedarfslagen des Arbeitsmarkts qualifiziert werden würde, sondern auf der Grundlage von Vorgaben der EU. Die Folge wäre ein Qualifizierungsmismatch. Anstelle einer Umsetzung dieser Initiative in Form einer Verordnung sollte deshalb eine freiwillige Projektierung länderübergreifender Qualifizierungen im Bereich der Netto-Null-Technologien unter Einbindung der Sozialpartner erfolgen.