Mit Europäischer Digitaler Agenda den Rechtsrahmen modernisieren
Hintergrund
Die Europäische Kommission will am 2. Dezember 2020 Vorschläge zur Modernisierung des derzeitigen Rechtsrahmens für digitale Dienste vorlegen (sog. „Digital Services Act“-Paket).
Ziel ist, die Regeln für den Online-Kauf und -Verkauf von Waren und Dienstleistungen in Europa zu harmonisieren und zu modernisieren. Dazu wird zum einen die 20 Jahre alte E-Commerce-Richtlinie angepasst, welche die Online-Verbreitung von Inhalten und die Haftung von Internetdienstanbietern regelt. Zum anderen sollen faire Bedingungen auf Plattformen und ein neues Wettbewerbsinstrument geschaffen werden. Immer mehr Betriebe nutzen einschlägige Plattformen wie materialrest24.de, haushelden.de oder servicefix.de, um Kunden ihre Dienstleistungen anzubieten oder Produkte zu verkaufen bzw. selber einzukaufen. Darüber hinaus nutzen Handwerksbetriebe zunehmend große Online-Vertriebsplattformen, die sie beim Absatz ihrer Produkte und Dienstleistungen unterstützen.
Bewertung
Aus Handwerkssicht sind europäische Regeln notwendig, die verhindern, dass große Online-Plattformen die Plattform-Ökosysteme in der digitalen Wirtschaft kontrollieren und als sog. „Gatekeeper“ (Torwächter) fungieren. Wenn große Online-Plattformen eine solche Torwächter-Position erlangen, besteht die Gefahr, dass sie Märkte abschotten und Innovationen von anderen Unternehmen oder neuen Marktteilnehmern behindern.
Dies ist vor allem der Fall, wenn die Plattformen den Zugang zum Kunden und seine auf den Plattformen generierten Daten exklusiv dazu nutzen, um auf nachgelagerten Märkten konkurrierende Angebote zu entwickeln. Online-Plattformen können sich dank ihrer Doppelrolle als Vermittler und Verkäufer einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten verschaffen. Die Beschwerdemöglichkeiten im Wettbewerbsrecht reichen derzeit allerdings nicht aus, um das unfaire Verhalten einiger Online-Plattformen wirksam zu bekämpfen. Die bestehenden Beschwerdeverfahren sind langwierig, können lediglich nachträglich eingereicht werden und sind insbesondere für kleine Unternehmen zu kostspielig.
Das Handwerk steht der Einführung einer ex-ante Regulierung für Plattformen mit Torwächterfunktion sowie der Einführung eines neuen Wettbewerbsinstruments daher positiv gegenüber. Dieses neue Wettbewerbsinstrument soll der Kommission ermöglichen, Lücken in den aktuellen Wettbewerbsregeln zu schließen und zeitnah und präventiv gegen strukturelle Wettbewerbsprobleme zwischen den Märkten vorzugehen. Nur so kann gewährleistet werden, dass Handwerksbetriebe ihre Produkte und Dienstleistungen auf diversen Plattformen zu wettbewerbsfähigen Bedingungen anbieten können.
Was zu tun ist
Es müssen klare Kriterien festgelegt werden, um festzustellen, ob eine Online-Plattform aufgrund ihrer Größe und Reichweite zu einem Torwächter für andere Anbieter geworden ist. Entscheidend dürften die Größe der Nutzerbasis und das Ausmaß der Netzwerkeffekte sein.
Es bedarf eines wirksamen ex-ante Wettbewerbsinstruments, um unabhängig vom Marktanteil eine schnelle und unbürokratische Änderung des unfairen Verhaltens von Torwächter-Plattformen erreichen zu können.
Auch bei der Überarbeitung der E-Commerce-Richtlinie und insbesondere der Anpassung der Haftungsvorschriften für illegale Angebote sollte darauf geachtet werden, dass zwischen großen Plattformen und kleinen Plattformen mit überschaubarer Benutzerbasis nach klaren Maßstäben differenziert wird, um kleine Plattformen nicht unangemessen zu belasten.
Darüber hinaus sind sog. „ex-ante-Interoperabilitätsanforderungen“ für die entscheidenden Akteure auf Märkten für digitale Dienste aufzunehmen, um eine echte Auswahl und Fairness sicherzustellen. Interoperabilität sollte so definiert werden, dass das Zusammenarbeiten verschiedener Systeme und Dienstleistungen miteinander kompatibel ist.