Neue Richtlinie zur Energieeffizienz in Gebäuden
Hintergrund
Im Juli 2021 ist das Europäische Klimagesetz in Kraft getreten: 55 Prozent weniger Treibhausgase im Vergleich zu 1990 sind das CO2-Minderungsziel für 2030. Und bis 2050 muss die europäischen Treibhausgasemission auf netto-null reduziert werden. Die Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden spielt dafür eine entscheidende Rolle. Denn der Gebäudebestand verursacht rund 40 Prozent des EU-weiten Energieverbrauchs. Am 14. Dezember 2021 hat die Europäische Kommission deshalb im Rahmen des zweiten Teils des "Fit für 55"-Pakets einen Vorschlag zur Neufassung der Richtlinie über die Gebäu-deenergieeffizienz vorgelegt. Dieser ist für Handwerksbetriebe von weitreichender Bedeutung.
Bewertung
Der Vorschlag der Kommission erweitert den Anwendungsbereich der Richtlinie. Er berücksichtigt neben der Energieeffizienz auch das Klimaerwärmungspotenzial von Gebäuden im gesamten Lebenszyklus. Das macht die Richtlinie und deren konkrete Umsetzung sehr komplex, mit der Folge, dass etwa die Ausstellung von Energieausweisen erheblich aufwendiger und damit teurer werden wird – ohne einen entsprechenden Nutzen für die Erreichung des eigentlichen Ziels. Zweckmäßig und insofern richtig ist dagegen, dass den Mitgliedstaaten weiterhin Gestaltungsspielraum hinsichtlich der konkreten Formulierung von Mindeststandards für die Gebäudeenergieeffizienz zugesprochen wird. Künftig sollen nationale Aktionspläne zur energetischen Sanierung des Gebäudebestandes einen Fahrplan enthalten, wie entlang festgelegter Sanierungsquoten die vollständige Dekarbonisierung bis 2050 erreicht werden kann. Die Kommission geht davon aus, dass spätestens ab 2030 alle neu zu errichtenden Gebäude dem Null-Energie-Haus-Standard entsprechen müssen und ab 2027 Sanierungsmaßnahmen im Bestand nach definiertem Mindeststandard umzusetzen sind. Dadurch ergibt sich ein höherer Investitions- und Fachkräftebedarf. Für Handwerksbetriebe sind insbesondere folgende Aspekte relevant:
Was zu tun ist
Energieausweise (EPC): Mit der im Vorschlag enthaltenen Regelung zur Ausstellung von Energieausweisen drohen Berater vom Angebot der Dienstleistung ausgeschlossen zu werden – damit auch entsprechend qualifizierte Handwerker. Statt auf die Unabhängigkeit des Beraters muss deshalb auf ein Beratungsverfahren in unabhängiger Weise abgestellt werden. Daneben zeichnet sich im Richtlinienvorschlag eine inhaltliche Überfrachtung des EPC ab. So soll künftig das Gebäude-Klimaerwärmungspotenzial als Kennzahl abgebildet werden. Eine solche Kennzahl bringt für Mieter, Eigentümer und Käufer jedoch kaum Mehrwert. Die sich aus dem Gebäudebetrieb ergebenden CO2-Emissionen sind als Information für die Gebäudenutzer hinreichend geeignet, um die Klimawirkung des Gebäudes zu verbessern.
Renovierungspässe: Gebäudeindividuelle Sanierungsfahrpläne können Gebäudeeigentümern helfen, Investitionen zu planen. Dabei sollte jedoch kein zusätzlicher Pass zum EPC eingeführt werden, sondern ein solcher Renovierungspass als Sanierungsfahrplan in den EPC integriert werden. Dies würde den EPC aufwerten und den Anlass der EPC-Erstellung nutzen, einen Sanierungsfahrplan zu erstellen. Keinesfalls sollte der Renovierungspass als delegierter Rechtsakt verabschiedet werden.
Renovierungspflicht: Die Pflicht zur energetischen Sanierung von Gebäuden als Voraussetzung für deren Neuvermietung oder Veräußerung ist ein erheblicher Eingriff in das Eigentumsrecht. Um die Sanierung stärker sanierungsbedürftiger Gebäude zu fördern, sollte der Neueigentümer zur Aufwertung Anreize erhalten, da er ein primäres Interesse am langfristigen Werterhalt der Immobilie hat.
Nachhaltige Mobilität: Es ist zu begrüßen, dass eine Infrastruktur für nachhaltige Mobilität geschaffen werden soll. Hierzu ist es sinnvoll, im Gebäudebereich an Stellplätzen bereits Ladepunkte beziehungsweise eine Vorsorge für eine spätere Verkabelung zu treffen, da die Elektromobilität einen bedeutenden Beitrag zur nachhaltigen Mobilität leisten wird. Neben der Elektromobilität werden auch andere klimaschonende Antriebstechnologien für eine nachhaltige Mobilität eine Rolle spielen. Daher sollten die im Vorschlag zur Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie entsprechend vorgesehenen Vorgaben überprüft werden, ob die angedachte Regelungstiefe, die mit dem Vorschlag einhergehen Kosten und die bürokratischen Auswirkungen der Regelungen angemessen und zielführend sind.
Finanzierung: Die Annäherung an den Nullemissionshausstandard erfordert erhebliche, kurzfristig nicht rentable Investitionen. Damit Gebäude- und Wohnungseigentümer diese Investitionen tätigen können, sollte die Kommission in der Richtlinie den Grundsatz verankern, dass gesetzlich Gefordertes auch gefördert werden kann.