Zentralverband des
Deutschen Handwerks
Zentralverband des
Deutschen Handwerks

Renovierungswelle: Chancen für das Handwerk nutzen

ZDH-Kompakt zum Thema "Renovierungswelle: Chancen für das Handwerk nutzen" vom 9. November 2020.

Hintergrund

Die Europäische Kommission hat am 14. Oktober 2020 ihre Initiative für einen umweltfreundlicheren Gebäudebestand vorgestellt. Die sog. Renovierungswelle ist ein Kernelement des „Green Deal“ und hat zum Ziel, die Sanierungsquote von derzeit rund 1 Prozent pro Jahr bis 2030 und darüber hinaus europaweit mindestens zu verdoppeln. Neben Verbesserungen beim Klimaschutz soll die Initiative konjunkturelle Impulse setzen und ihren Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Krise leisten.

Wesentliche Aspekte

Um mindestens eine Verdoppelung der Sanierungsquote zu erreichen, will die Kommission verpflichtende Mindestvorgaben für alle Gebäudearten einführen. Sie bevorzugt dabei umfassende Sanierungen nach hohen Effizienzstandards („Renovierung in die Tiefe“). Der bestehende Energieausweis und der zu schaffende Renovierungspass sollen mehr Gewicht erhalten und digitaler werden.

Zur Finanzierung der Renovierungswelle sollen diverse EU-Förderprogramme beitragen, die künftig auch öffentliche Gebäude auf kommunaler Ebene berücksichtigen. Ein Schwerpunkt der Renovierungswelle liegt auf Sanierungen im sog. „integrierten Quartiersmaßstab“. Unter Beteiligung der Anwohner sollen hier Konzepte zur Energieeffizienz, -speicherung und -erzeugung, Intelligenz von Gebäuden und E-Mobilität erarbeitet werden. Im Bereich der Kreislaufwirtschaft wird die Kommission die baurelevanten Verwertungsquoten bis 2024 überprüfen. Gebäude sollen künftig während des gesamten Lebenszyklus‘ dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft unterliegen, Bauprodukte bzw. Baustoffe sollen durch recycelte Rohstoffe nachhaltiger werden.

Bewertung

Vor dem Hintergrund ambitionierter Klimaziele und der Überwindung des Corona-bedingten Konjunktureinbruchs ist die Renovierungswelle für das Handwerk von großer Bedeutung. Positiv ist, dass die Kommission die Rolle des Mittelstandes bei der Umsetzung der Strategie hervorhebt. Kleine und mittlere Unternehmen dominieren den Bausektor zu über 90 Prozent.

Der Fokus der Kommission auf „Renovierungen in die Tiefe“ ist dagegen kritisch zu hinterfragen, da die Investitionskosten für Modernisierungen mit besonders hohen Anforderungen viele Eigentümer von einer Sanierung abschrecken können. Durch Sanierungen mit geringeren Effizienzanforderungen könnten mehr Häuser in gleicher Zeit renoviert werden, was die Energie- und Klimabilanz verbessern würde.

Die Ausweitung der Förderung auf die kommunale Ebene ist ein richtiger Ansatz, da sie die energetische Sanierung kommunaler Liegenschaften beschleunigt und ein verbessertes Auftragsklima für Handwerksbetriebe vor Ort schafft. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass die Ausschreibungen der Sanierungsvorhaben so gestaltet werden, dass sich das regionale Handwerk daran beteiligen kann.

Bei Quartierssanierungen muss sichergestellt sein, dass das regionale Handwerk vollumfänglich in die Planung, in den Bau, sowie die Bewirtschaftung eingebunden wird. Zudem sind Handwerksbetriebe sowohl als Energielieferanten wie als Energieverbraucher in Quartierskonzepte einzuplanen. Auch müssen im Zuge der Quartiersbewirtschaftung anfallende Daten für Handwerksbetriebe zugänglich sein, etwa zur Fernwartung und Reparatur.

Die Einführung von Mindestvorgaben bei der energetischen Sanierung ist nicht zielführend, da der Gebäudebestand aufgrund der vielfältigen Gegebenheiten hinsichtlich Klima und Baukultur zu unterschiedlich ist. Standards müssen national festgelegt werden und sollten Teil der nationalen Klimaschutzbemühungen sein. Auch können energetische Anforderungen an gewerbliche Gebäude Mehrkosten für Unternehmen bedeuten. Diese sind jedoch Corona-bedingt bereits über Gebühr belastet, insofern laufen verschärfte energetische Maßnahmen dem Ziel, mit der Renovierungswelle die Wirtschaft zu beleben, zuwider. Auflagen zur Errichtung von Ladesäulen oder Standards zum Einsatz Erneuerbarer Energien sind national festzulegen.

Was zu tun ist

Bereits 2021 sollen zahlreiche einschlägige europäische Rechtsakte überarbeitet werden, darunter die Gebäudeeffizienzrichtlinie, die Energieeffizienzrichtlinie und die Richtlinie für Erneuerbare Energien. Hier gilt es, die besondere Betroffenheit kleinteiliger Betriebsstrukturen sowie die Belange des Handwerks umfassend zu berücksichtigen.

Zum Herunterladen

  • Renovierungswelle: Chancen für das Handwerk nutzen
    ZDH-Kompakt, November 2020

Schlagworte