Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für ökologischen Wandel
Die EU-Kommission hat am 30. März 2022 einen Richtlinienvorschlag vorgelegt, mit dem die Verbraucherrechterichtlinie und die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken geändert werden sollen. Der Vorschlag zielt als Folgemaßnahme des europäischen Green Deals insbesondere darauf ab, zu einer kreislauforientierten, sauberen und grünen EU-Wirtschaft beizutragen. Für Handwerksbetriebe drohen neue Informationspflichten.
Zusätzliche Informationspflichten für das Handwerk
Das dem Vorschlag zugrundeliegende Ziel einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft wird vom Handwerk ausdrücklich unterstützt. Das Handwerk ist durch seine vielfältigen Tätigkeiten maßgeblicher Akteur der Kreislaufwirtschaft, z. B. als Produzent, Reparateur und Restaurator. Der Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der Verbraucherrechterichtlinie richtet sich jedoch an die falschen Normadressaten. Mit der Änderung dieser Richtlinie sollen neue Informationspflichten für Unternehmen beim Abschluss von Verbraucherverträgen eingeführt werden. Somit sollen auch Handwerksbetriebe Verbrauchern künftig insbesondere folgende zusätzliche Informationen über Waren bereitstellen:
- Informationen über gewerbliche Garantien mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren, sofern der Hersteller der Waren solche Garantien bereitstellt.
- Information über die Nichtbereitstellung einer Garantie seitens des Herstellers mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren bei energiebetriebenen Waren.
- Informationen über die Reparierbarkeit der Waren (sofern zutreffend) oder alternativ andere einschlägige Reparaturangaben des Herstellers (z. B. Verfügbarkeit von Ersatzteilen oder Reparaturhandbücher).
- Informationen zu Software-Updates der Anbieter bei Waren mit digitalen Elementen.
Da die neuen Regelungen auf Informationen über die Bereitstellung von Waren abzielen, wären zum einen Betriebe betroffen, die neben dem Angebot von Dienstleistungen auch Verbraucherkaufverträge schließen, wie beispielsweise Ausbau-, Gesundheits-, Lebensmittel- und Kfz-Handwerke. Zum anderen würden von den neuen Vorgaben auch solche Handwerksbetriebe betroffen sein, die Verbraucherverträge schließen, welche sowohl Dienstleistungen als auch Waren zum Gegenstand haben. Dies ist im Handwerk in vielen Gewerken der Regelfall.
Neue Belastungen für das Handwerk vermeiden und freiwillige Kennzeichnung erhalten
Die vorgeschlagenen Informationspflichten über herstellerbezogene Angaben würden neben bereits bestehende, komplexe und mittlerweile unübersichtliche Informationspflichten im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen hinzutreten. Davon abgesehen, dass eine Abwälzung dieser Herstellerpflichten auf Handwerksbetriebe nicht sach- und verantwortungsgerecht ist, würden diese zusätzlichen Pflichten Handwerksbetriebe mit ihren Kleinst- und Kleinstrukturen unverhältnismäßig belasten. Vielmehr sollten Warenhersteller selbst verpflichtet werden, derartige Verbraucherinformationen leicht auffindbar und barrierefrei auf ihren Webseiten zur Verfügung zu stellen. Diese Lösung würde sicherstellen, dass die Informationen stets aktuell sind und eventuelle Fehler bezüglich der Informationsbereitstellung durch die Hersteller selbst schnell und ohne Umwege korrigiert werden können. In den Verordnungen zur Festlegung von Ökodesign-Anforderungen sind bereits einige Herstellerinformationspflichten für bestimmte Waren vorgegeben, sodass zusätzliche Informationspflichten ebenfalls dort zu regeln sind.
Die darüber hinaus durch den Richtlinienentwurf geplanten Änderungen der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken stellen grundsätzlich einen richtigen Ansatz zum Schutz vor „Grünfärberei“ dar. Insbesondere wird die Wettbewerbsfähigkeit regional ausgerichteter Handwerksbetriebe gestärkt, denen im Zusammenhang mit dem angestrebten ökologischen Wandel der Wirtschaft ein besonderer Stellenwert zukommt. Das geplante Verbot des Anbringens eines Nachhaltigkeitssiegels, welches nicht auf einem normenbasierten Zertifizierungssystem beruht oder nicht von staatlichen Stellen festgesetzt wurde, beschränkt jedoch die Selbstregulierung der Wirtschaft im Bereich der freiwilligen Kennzeichnung und somit etablierte Systeme der Gütesicherung auch im Handwerk. Es ist zu befürchten, dass bereits zugelassene Kennzeichnungen für das Handwerk, die nicht auf einem normenbasierten Zertifizierungssystem beruhen, nicht mehr praxistauglich sein werden. Für eine praxisgerechte Umsetzung der Ziele müssen auch andere objektive und diskriminierungsfreie Verfahren erlaubt sein, die bereits seit vielen Jahren erfolgreich gewährleisten, dass umweltbezogene Produktangaben in verlässlicher Weise bestätigt werden.