ÜLU – Unverzichtbarer Bestandteil für Duale Ausbildung
Hintergrund
Viele Handwerksbetriebe haben sich spezialisiert und können deshalb die Ausbildungsinhalte nicht mehr in der vollen Breite und Tiefe vorhalten. Hier setzt die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung (ÜLU) im Handwerk als ein unverzichtbarer Bestandteil der betrieblichen Ausbildung im Dualen System an. Sie findet in mehrwöchigen Kursen in den fast 600 Berufsbildungsstätten des Handwerks statt und sorgt, ergänzend zur berufspraktischen Ausbildung im Betrieb, für eine ganzheitliche Erstausbildung des Nachwuchses auf dem neuesten Stand der Technik. Damit ist die ÜLU auch gelebter Technologie- und Wissenstransfer und in Zeiten einer immer stärkeren Spezialisierung systemrelevant und unverzichtbar für das deutsche Handwerk und die Volkswirtschaft als Ganzes. Der im Handwerk ausgebildete Fachkräftenachwuchs ist aufgrund des einheitlich gesicherten Ausbildungsniveaus überall in Deutschland sofort und umfassend einsetzbar.
Das hohe Ausbildungsengagement des Handwerks – etwa 28 Prozent aller Auszubildenden in Deutschland lernen einen von über 130 Ausbildungsberufen in einem Handwerksbetrieb – kommt damit nicht nur den handwerklichen Unternehmen zugute: Die gut ausgebildeten Fachkräfte werden gerne von der Industrie und anderen Wirtschaftsbereichen sowie im öffentlichen Dienst beschäftigt.
Was die ÜLU leistet
Durch die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung wird eine produktneutrale Vertiefung und Systematisierung der handwerklichen Berufsausbildung zur Ergänzung und Sicherung eines einheitlich hohen Ausbildungsniveaus im ganzen Bundesgebiet sichergestellt. Innerbetriebliche Spezialisierungen werden dadurch ausgeglichen. Zugleich gewährleistet die ÜLU eine Anpassung der Berufsqualifikation an die technologischen Entwicklungen. Sie unterstützt damit wichtige politische Ziele: So u. a. die qualifikatorische Vorbereitung auf die „digitale Revolution“ bei Produktion und Arbeitsinhalten, aber auch zu den Themen Klimaschutz, Energieeinsparung und Elektromobilität. Damit stärkt die ÜLU die Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit der Handwerksbetriebe in besonderem Maße.
Finanzierung der ÜLU
Allerdings werden durch die ÜLU auch erhebliche Kosten ausgelöst. Da diese zusätzlichen Ausbildungskosten von den zumeist kleinen Ausbildungsbetrieben im Handwerk nicht alleine getragen werden können und sie ihnen aufgrund der strukturellen, gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung der ÜLU auch nicht im vollen Umfang zuzuschreiben sind, fördern Bund und Länder die Kosten seit vielen Jahren anteilig. Aufgrund ihrer gesamtwirtschaftlichen Bedeutung ist die finanzielle Unterstützung der Ausbildungsbetriebe auch zukünftig notwendig, zumal die ÜLU neben ihrer Diffusionsfunktion für innovatives technisches Wissen bei KMU auch zur Integration von Randgruppen (z.B. Geflüchtete) beiträgt. Obwohl Bund und Länder bis zu jeweils einem Drittel der Gesamtkosten übernehmen könnten, sind die tatsächlichen Finanzierungsanteile von Bund und Ländern in den letzten Jahren jedoch kontinuierlich gesunken. Mittlerweile tragen die Handwerksbetriebe fast 60 Prozent der ÜLU-Kosten. Die ÜLU ist damit strukturell unterfinanziert.
Was zu tun ist
Um den Stellenwert der Dualen Ausbildung – wie nicht zuletzt im Koalitionsvertrag zugesagt – zu stärken und die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung auch zu leben, müssen die handwerklichen Ausbildungsbetriebe nachhaltig von den Kosten der Ausbildung entlastet werden. Bund und Länder müssen ihre Möglichkeiten ausschöpfen und sich bis zu einem Drittel an den Ist-Kosten der ÜLU beteiligen. Neben der dafür notwendigen Aufstockung der ÜLU-Zuschüsse ist eine regelmäßige Anpassung an die Kostenentwicklung bei Personal, Material und Gemeinkosten erforderlich. Ferner müssen auch die Zuschüsse für die auswärtige Unterbringung von Lehrlingen spürbar erhöht und ausreichend Wohnkapazitäten geschaffen sowie den Auszubildenden Azubi-Tickets kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, um zu den Standorten der Bildungszentren und der Berufsschule zu gelangen. Aktuell und in der Zukunft muss alles vermieden werden, was ausbildende Betriebe über Gebühr belastet.
Fazit
Um der oft betonten Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung Gestalt zu geben, müssen die Ausbildungsanstrengungen der Betriebe nachhaltiger unterstützt und gefördert werden – zumal die akademische Ausbildung fast gänzlich von der Gesellschaft getragen wird. Ziel muss es sein, die Attraktivität der beruflichen Bildung ebenso zu fördern. Denn die berufliche Ausbildung legt den Grundstein für den Erfolg der deutschen Volkswirtschaft im weltweiten Wettbewerb – die Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung ist systemrelevant und verdient mehr Wertschätzung, auch finanziell.