Vertragslösungen und Ausbildungsabbrüche
In den Medien wird immer wieder über die Zahl vorzeitig beendeter Verträge in der dualen Ausbildung berichtet. Übersehen wird dabei oftmals der Unterschied zwischen Vertragslösung und Ausbildungsabbruch. Was in den Medien als Abbruch diskutiert wird, ist tatsächlich bei der Mehrheit der Auszubildenden kein Ausbildungsabbruch, sondern die Ausbildung wird in einem anderen Betrieb oder Ausbildungsberuf fortgesetzt. Den gravierenden Unterscheid zwischen Abbruch und Vertragslösung erläutert ein wissenschaftliches Diskussionspapier des BIBB.
Zahlen, Daten und Fakten
Seit den 90iger Jahren schwankt die Lösungsquote im Bundesdurchschnitt für alle Wirtschaftsbereiche insgesamt zwischen 20% und 25%. Laut Berufsbildungsbericht 2023 liegt diese aktuell bei 26,7 % und damit marginal außerhalb des Langfristkorridors, aber noch unterhalb des Wertes aus dem Jahr 2019 (26,9 %). Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Vertragslösungsquote insbesondere dann steigt, wenn der Ausbildungsmarkt – wie aktuell – aus Bewerbersicht günstig ist und Auszubildende die Chance auf einen Lehrstellenwechsel nutzen.
Da laut aktuellem Berufsbildungsbericht von 2023 etwa die Hälfte aller Vertragslösungen keine endgültigen Abbrüche sind, sondern mit dem Wechsel in einen anderen Ausbildungsbetrieb oder Ausbildungsberuf einhergehen, liegt die Quote "der echten Ausbildungsabbrecher" nur bei rund 13 Prozent und damit deutlich niedriger als die der Studienabbrecher. Für die Absolventenkohorte 2020 ermittelte das DZHW (vgl. Heublein/Hutzsch/Schmelzer 2022, S. 4ff.) für deutsche Studierende in Bachelorstudiengängen eine Studienabbruchquote von 31 (Info: Die Studienabbruchquote wird so berechnet, dass "echte" Abbrüche unterstellt werden, das heißt die Hochschule ohne Abschluss verlassen und nicht nur das Studienfach gewechselt wird).
Mehr als jede dritte Vertragslösung findet in der Probezeit statt, weitere 30 % ebenfalls noch im ersten Ausbildungsjahr. Die Probezeit ist unter anderem genau dafür da, um möglicherweise falsche Auswahlentscheidungen zu korrigieren.
Ursache von Vertragsauflösungen
Es gibt sehr unterschiedliche Gründe dafür, einen Ausbildungsvertrag vorzeitig zu beenden, wobei eine solche Vertragsauflösung keinesfalls immer zu einem endgültigen Ausstieg aus einer Berufsausbildung führt. Verträge werden beispielsweise aufgelöst wegen:
- mangelnder Berufsorientierung
- gesundheitlicher Probleme
- eines Wohnortwechsels oder einer Änderung der Familiensituation
- mangelnder Ausbildungsfähigkeit/-bereitschaft
- ungeeigneter Berufswahl
- guter Ausbildungsstellenmarktlage für Jugendliche in Verbindung mit einer dann steigenden Wechselbereitschaft
- der Situation/Problemen in der Berufsschule
- Insolvenz bzw. Schließung des Ausbildungsbetriebs
- nicht professionalisiertem Rekrutierungsverhalten eines Betriebs
- des Umgangs mit Konflikten im Betrieb
- mangelnder Ausbildungsqualität eines Betriebs
Einen Ausbildungsvertrag vorzeitig zu lösen, kann für beide Seiten durchaus empfehlenswert sein, z.B. wenn sich die Berufswahl aufgrund der Eignung, Neigung oder gesundheitlicher Gründe als falsch erwiesen hat, nicht lösbare Konflikte aufgetreten sind oder die Ausbildung nicht die Qualitätsansprüche erfüllte.
Eine Studie des Ludwig-Fröhler-Instituts beschäftigt sich umfangreich mit dieser Thematik.