Bildungspolitische Initiativen zur Fachkräftesicherung
Um den künftigen Fachkräftebedarf zu sichern, verfolgt das Handwerk eine bildungspolitische Strategie, die allen Interessierten eine Ausbildung und darauf aufbauende Fortbildungen ermöglicht. In die Gesamtstrategie sind Maßnahmen zur Information und Orientierung eingebettet sowie Maßnahmen, um verschiedene Zielgruppen zu einem Aus- und Fortbildungsabschluss zu führen.
Information und Orientierung
So vielfältig wie die über 130 Ausbildungsberufe im Handwerk sind, so unterschiedlich sind auch die Wege, die in eine Ausbildung führen. Um eine möglichst große Zielgruppe zu erreichen und für eine Ausbildung im Handwerk zu gewinnen, nutzt das Handwerk verschiedene Instrumente. Dazu gehören die frühzeitige und fundierte Berufsorientierung in den Schulen, die Entwicklung und Etablierung neuer Bildungsinstrumente und der Höheren Berufsbildung, die Beratung von Studienaussteigern und -zweiflern, die Ansprache von leistungsschwächeren Jugendlichen wie auch solchen mit Migrationshintergrund, die Integration von Flüchtlingen in die Ausbildung sowie die Imagekampagne des Handwerks.
Ausbildung, andere Wege zum Berufsabschluss und Validierung von Berufskompetenzen
Der „Königsweg“ für eine Berufstätigkeit im Handwerk ist und bleibt eine duale Berufsausbildung. Für leistungsstarke Schüler bietet das Handwerk daneben folgende attraktive Einstiegsmöglichkeiten:
- Über das BerufsAbitur können Gesellenbrief und Abi, also ein Berufsabschluss und die Hochschulzugangsberechtigung, gleichzeitig erworben werden
- Über ein ausbildungsintegrierendes duales Studium kann gleichzeitig ein Berufs- und Studienabschluss (Bachelor) gemacht werden
- Über ein triales Studium besteht die Möglichkeit für den gleichzeitigen Erwerb eines Berufs-, eines Studien- (Bachelor) und eines Fortbildungsabschlusses (Meister)
Für Menschen mit Förder- oder Unterstützungsbedarf gibt es während der Ausbildung verschiedene Unterstützungsinstrumente: Ausbildungsbegleitende Hilfen, Assistierte Ausbildung und das Mentorenprogramm VerA. Bewerber mit eingeschränkter Vermittlungsperspektive können die betriebliche Einstiegsqualifizierung als Brücke in die Berufsausbildung nutzen.
Daneben hat das Handwerk ein hohes Interesse an einer zielgruppengerechten Qualifizierung und Förderung von Geringqualifizierten, um diese zu Fachkräften zu entwickeln und nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Zentral sind dabei zielgruppenorientierte Qualifizierungswege wie z. B. Umschulungen, Vorbereitungskurse für das Ablegen von Externenprüfungen sowie modulare abschlussorientierte Qualifizierungen, mit denen Geringqualifizierte zu einem vollwertigen Berufsabschluss geführt werden können. Begleitende Unterstützungsmaßnahmen sind bei diesen Formen der Weiterbildung ebenso mitzudenken wie in der Erstausbildung.
Menschen mit langjähriger Berufserfahrung, aber ohne Berufsabschluss, haben ab 1.1.2025 die Möglichkeit, ihre berufliche Handlungsfähigkeit durch Handwerkskammern am Maßstab eines Ausbildungsberufs feststellen und bescheinigen zu lassen. Mit der Validierung von Berufserfahrung eröffnen sich sowohl Chancen auf dem Arbeitsmarkt als auch Wege zur beruflichen Weiterqualifizierung bis hin zum Erwerb von beruflichen Aus- und Fortbildungsabschlüssen.
Höhere Berufsbildung
Die Höhere Berufsbildung bildet zusammen mit der Berufsausbildung das leistungsstarke System der Berufsbildung des Handwerks. Sie leistet einen Beitrag zur Fachkräftesicherung der Unternehmen sowie der qualifikatorischen Bewältigung des digitalen Wandels und ist damit essentiell für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Außerdem bietet sie Jugendlichen und Fachkräften attraktive, individuelle Entwicklungsperspektiven.
Im Handwerk umfasst die Höhere Berufsbildung die auf einer Berufsausbildung aufsetzenden Aufstiegsfortbildungen, zum Beispiel zum Meister, Techniker oder Betriebswirt nach der Handwerksordnung. Sie ermöglicht wahlweise berufliche Perspektiven als Spezialist, Führungskraft oder Unternehmer. Um die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung zu stärken, muss der im Koalitionsvertrag vereinbarte Berufsbildungspakt die Rahmenbedingungen für eine gleichwertige Finanzierung der Bildungsbereiche und zur Entwicklung exzellenter Lernorte der beruflichen Bildung schaffen.
Bildungspolitische Forderungen des ZDH zur Fachkräftesicherung
Die Fachkräftesicherung im Handwerk ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nur dann gelingen kann, wenn alle Akteure gemeinsam daran mitwirken. Von Seiten der Bildungspolitik sind aus Sicht des ZDH folgende Rahmenbedingungen zu gestalten.
Im Kontext von Information und Orientierung
- Verpflichtende Einführung einer ergebnisoffenen Berufs- und Studienorientierung an allen allgemeinbildenden Schulen, insbesondere auch in der gymnasialen Oberstufe
Im Kontext von Ausbildung, anderen Wegen zum Berufsabschluss und Validierung von Berufskompetenzen
- Verstärkte Unterstützung insbesondere von Klein- und Kleinstbetrieben bei der Ausbildung von jungen Menschen mit Förderbedarf, indem das ehrenamtliche Mentorenprogramm VerA zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen verstetigt wird
- Unterstützung der räumlichen Mobilität durch ein flächendeckendes Angebot an landesweiten Azubi-Tickets
- Flexibilisierung der bedarfsgerechten Förderung der beruflichen Weiterbildung von Geringqualifizierten durch die Bundesagentur für Arbeit und Ausbau der Beratungs- und Förderstrukturen für abschlussorientierte Erwachsenenqualifizierung
- Etablierung eines bedarfsgerechten Förderrahmens für Personen, die ein Validierungsverfahren anstreben
- Etablierung eines Berufsbildungspakts auf Bundesebene, bei dem die strukturelle, institutionelle und finanzielle Stärkung der beruflichen Bildung im Zentrum steht
Im Kontext der Höheren Berufsbildung
- Stärkung der Dachmarke Höhere Berufsbildung und Aufbau attraktiver Bildungsmarken
- Bedarfsgerechter Ausbau der finanziellen Förderung von Personen, die Angebote der Höheren Berufsbildung nutzen (Aufstiegs-BAföG)