Zentralverband des
Deutschen Handwerks
Zentralverband des
Deutschen Handwerks

Brexit-Informationen für Handwerksbetriebe

Aufgrund der engen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU ergeben sich durch den Brexit weitreichende Folgen für Unternehmen.

Was Handwerksbetriebe bei Geschäften mit dem Vereinigten Königreich beachten müssen

Das Vereinigte Königreich (VK) hat zum 1. Januar 2021 die EU-Zollunion und den Binnenmarkt verlassen. Daraus ergeben sich zahlreiche Auswirkungen für Ihr Unternehmen. Hier finden Sie wichtige Fragen und Hinweise zu den neuen Regelungen im Wirtschaftsverhältnis zum VK:

Erbringen Sie Dienstleistungen direkt in Großbritannien?

  • Für den gegenseitigen Zugang zum Dienstleistungsmarkt gelten das Partnerschaftsabkommen sowie ergänzende nationale Regelungen. Die Vorschriften und Verfahren sind abhängig von der Art und Weise der Dienstleistungserbringung. 
  • Die EU-Entsenderichtlinie gilt nicht länger im Verhältnis der EU zum Vereinigten Königreich. Das VK ist nun Drittstaat.
  • Kurze Geschäftsreisen für bis zu 90 Tage sind unter bestimmten Bedingungen auch ohne Visum und Arbeitserlaubnis möglich. Erlaubt ist u. a. die Teilnahme an Sitzungen, Konferenzen und Aufenthalte zur Unterzeichnung von Verträgen. Der Grund für die Einreise muss mit entsprechenden Dokumenten (z.B. dem Vertrag) glaubhaft gemacht werden können.
  • Die Voraussetzungen für einen längeren Aufenthalt eines deutschen Dienstleistungserbringers im VK sind deutlich restriktiver. Die Dienstleistungserbringung ist nur in explizit genannten Branchen möglich; es gelten z.T. Beschränkungen. Vorausgesetzt wird ein seit mindestens zwölf Monaten bestehendes Arbeitsverhältnis zwischen dem Dienstleistungserbringer und dem entsendenden Betrieb. Der Dienstleistungserbringer muss mind. drei Jahre Berufserfahrung haben und benötigt einen Hochschul- bzw. gleichwertigen Abschluss. 
  • Für den spezifischen Fall des unternehmensinternen Transfers gilt die Richtlinie 2014/66/EU über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen (sog. ICT-Richtlinie).
  • Die Systeme der sozialen Sicherheit gemäß der Verordnung 883/2002/EG werden in den wichtigen Bereichen (z.B. Renten) weiterhin koordiniert. Dies regelt ein Protokoll des Partnerschaftsabkommens. Familien- und Pflegeleistungen entfallen. Personen, die sich in einer grenzüberschreitenden Situation zwischen einem oder mehreren EU-Mitgliedstaaten und dem VK befinden, unterliegen nur den Rechtsvorschriften eines Staates.
     

Beschäftigen Sie britische Staatsangehörige?

  • Seit dem 30. Juni 2021 müssen britische Staatsangehörige ihren Aufenthalt bei der Ausländerbehörde anzeigen. Sie sollten die Rechtsstellung ihrer Arbeitnehmer überprüfen.
  • Britische Staatsangehörige, die erst nach dem 1. Januar 2021 nach Deutschland einreisen, sind wie andere Drittstaatsangehörige zu behandeln. Sie benötigen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit einen entsprechenden Aufenthaltstitel.
     

Werden berufliche Qualifikationen anerkannt?

  • Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung entsprechend der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie gilt nicht mehr. Staatsangehörige müssen daher grundsätzlich unabhängig davon, wo sie ihre Qualifikation erworben haben, diese seit dem 1. Januar 2021 in den betreffenden Mitgliedstaaten bzw. im VK auf der Grundlage der dort geltenden Vorschriften für die Anerkennung von Qualifikationen von Drittstaatsangehörigen förmlich anerkennen lassen.
  • Beide Seiten halten sich im Partnerschaftsabkommen die Möglichkeit offen, in Branchen, wo dies wirtschaftliche Vorteile bringt, eine gegenseitige Anerkennung beruflicher Qualifikationen nach Angemessenheitsprüfung zuzulassen. 
     

Ist die Gesellschaftsform Ihres Unternehmens britisch (z.B. eine Ltd.)?

  • Mit dem Ende der Übergangsfrist können Gesellschaften in einer britischen Rechtsform nicht mehr von der Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen und müssen in Deutschland nicht mehr automatisch gemäß Art. 54 AEUV als rechtsfähige Gesellschaften ausländischen Rechts anerkannt werden.
  • Daraus ergibt sich das Risiko einer unbeschränkten Haftung des Eigentümers für die Schulden des Unternehmens. 
  • Um dies zu vermeiden, kommen verschiedene Restrukturierungsmaßnahmen wie die Umwandlung in eine Rechtsform nach inländischem Recht in Betracht.
     

Sitzt einer Ihrer Zulieferer in Großbritannien?

Zollverfahren

  • Das Partnerschaftsabkommen begründet eine Freihandelszone, weshalb auch zukünftig für den Handel zwischen der EU und dem VK für Ursprungsware keine Zölle und keine Kontingente für Industrie- und Agrarprodukte anfallen. Jedoch sind seit dem 1. Januar 2021 für Unternehmen Zollförmlichkeiten zu beachten. 
  • Seit dem 1. Januar 2021 gilt im VK ein neues Zolltarifsystem (UK global tariff). Wie hoch der entsprechende Zollsatz ausfällt, hängt vom jeweiligen Produkt ab. Die durchschnittlichen Zollsätze sind niedriger als der EU-Zolltarif.

Ursprungsregeln

  • Ab dem Austrittsdatum ist das Vereinigte Königreich nicht mehr Teil der EU-Zollunion. Dies hat zur Folge, dass die Ursprungseigenschaft von gehandelten Waren nachgewiesen werden muss, damit diese unter eine Präferenzbehandlung fallen können. Das Partnerschaftsabkommen enthält umfangreiche Regelungen nach denen präferentielle Zollsätze beantragt werden können. Auf Waren, die die Ursprungsvoraussetzung nicht erfüllen, werden die regulären EU-Zölle erhoben.Hier finden Sie einen aktualisierten Leitfaden der EU-Kommission zu Ursprungsregeln.
     

Liefern Sie oder einer Ihrer Kunden nach Großbritannien?

Zollverfahren

  • Ab dem 1. Januar 2022 wird das Vereinigte Königreich vollständige Grenzkontrollen für Warenlieferungen aus der EU durchführen. Vor diesem Zeitpunkt besteht die Möglichkeit, Zollanmeldungen für Standardwaren nachzureichen. Importeure können die vollständige Einfuhranmeldung bis zu sechs Monate nach der Einfuhr einreichen.
  • Seit dem 1. Januar 2021 benötigen Importeure oder Exporteure aus Deutschland eine EORI-Nummer des Vereinigten Königreichs: Diese kann unter gov.uk/eori beantragt werden.

Produktzulassungen

  • Die britische Regierung führt anstelle der CE-Kennzeichnung eine eigene Konformitätskennzeichnung (UKCA - UK Conformity Assessed) ein, übernimmt jedoch weitgehend bestehende EU-Gesetzgebung in nationales Recht. 
  • Weiterführende Informationen zur Verwendung der neuen britischen Konformitätskennzeichnung.
     

Haben Sie Daten auf einem Server, der in Großbritannien steht?

  • Die EU-Kommission hat im Juni 2021 Angemessenheitsbeschlüsse zum Datenschutz im VK verabschiedet. Die Beschlüsse bestätigen die Gleichwertigkeit des Datenschutzes im Vereinigten Königreich und gewährleisten, dass personenbezogene Daten weiterhin von der EU ins Vereinigte Königreich übermittelt werden können. Die Angemessenheitsbeschlüsse enthalten eine Verfallsklausel, durch die ihre Geltungsdauer auf vier Jahre begrenzt wird.
     

Sind Sie an Projekten mit Beteiligung eines britischen Partners beteiligt oder planen Sie dies zu tun?

  • Die EU hat generell klargestellt, dass laufende Projekte weiterhin finanziert werden, solange Großbritannien ebenfalls seinen Beitrag leistet.
  • Hierzu hat sich die britische Regierung für laufende Erasmus+-Projekte sowie für Projekte unter Horizon 2020 bereits verpflichtet.
  • Das VK hat entschieden, nicht an der neuen Programmgeneration von Erasmus+ teilzunehmen. 
     

Weitere Informationen zu den künftigen Beziehungen zum Vereinigten Königreich finden Sie auf der Website des BMWi.

Schlagworte