Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Deutschen Handwerks
16.10.2024

Vorfahrt für KMU in der EU-Wirtschaftspolitik? Fehlanzeige!

Im Vorfeld des Europäischen Rates, bei dem es auch um die künftige Wettbewerbsfähigkeit der EU gehen wird, und anlässlich der am 16. Oktober dazu von Bundeskanzler Scholz abgegebenen Regierungserklärung verdeutlicht ZDH-Generalsekretär Schwannecke:
ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke

Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks

"Die zukünftige EU-Politik muss sich endlich klar an den Bedürfnissen der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und des Handwerks orientieren, die das Fundament unserer Wirtschaft bilden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat zwar richtig erkannt, dass Europa seine Wettbewerbsfähigkeit dringend verbessern muss, um international bestehen zu können. Doch bisher bleiben die kleinen und mittleren Betriebe und Unternehmen (KMU), die Millionen Arbeits- und Ausbildungsplätze sichern, auf der Strecke. Es ist besorgniserregend, dass der neue Vizepräsident der EU-Kommission, Stéphane Séjourné, im Gegensatz zu seinem Vorgänger nicht mehr explizit für KMU zuständig ist. Keine Rede ist offenbar mehr davon, eine oder einen KMU-Beauftragten zu ernennen, der die Interessen von weit über 90 Prozent der Betriebe und Unternehmen auf EU-Ebene effektiv vertritt. Das ist fatal, weil der Bedarf an einer guten Mittelstandspolitik aus Europa gerade auch für die vielen Handwerksbetriebe in Deutschland groß ist.

In der vergangenen Legislatur hat die EU so viele Gesetze erlassen wie noch nie – vor allem in den Bereichen Green Deal und Digitalpolitik. Statt weniger Bürokratie durch das versprochene "One-in-one-out"-Prinzip sehen sich die Betriebe immer mehr praxisuntauglichen Pflichten, Vorschriften und Nachweisen gegenüber. Daher muss bereits bei der Gesetzgebung ein Praxis-Check eingebaut sein, um zu prüfen, ob das Gesetz von den KMU überhaupt umgesetzt werden kann. "Vorfahrt für KMU" darf kein bloßer Slogan bleiben, sondern muss in konkrete Politik münden.

Beim jetzt anstehenden Europäischen Rat muss sich Bundeskanzler Olaf Scholz mit Nachdruck in Brüssel dafür einsetzen, dass die europäische Gesetzgebung den Bedürfnissen der KMU gerecht wird. Vereinfachte Standards, Selbstbewertungen und konkrete Maßnahmen zum Bürokratieabbau sind unverzichtbar, um die Wettbewerbsfähigkeit der KMU nachhaltig zu stärken. Die angekündigte Reduktion der Berichtspflichten um 35 Prozent ist ein wichtiges Signal. Allerdings gibt es bislang zu wenige konkrete Maßnahmen, die die Betriebe spürbar entlasten. Bundeskanzler Scholz und die ganze Bundesregierung haben die Verantwortung, dieses Thema mit der EU-Kommission aktiv voranzutreiben, damit das Rückgrat unserer Wirtschaft auch in Zukunft stark bleibt. Europa kann es sich nicht leisten, die KMU zu ignorieren – im Gegenteil, sie müssen im Zentrum der wirtschaftspolitischen Agenda stehen!"

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