Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Produktsicherheitsverordnung (GPSR): Folgen für Betriebe

Mit der EU-Produktsicherheitsverordnung (GPSR) soll gewährleistet werden, dass alle Verbraucherprodukte auf dem EU-Binnenmarkt sicher sind. Auf Handwerksbetriebe einzelner Gewerke kommen neue Pflichten zu.
Gold- und Silberschmied bei der Arbeit

Mit der neuen EU-Produktsicherheitsverordnung, die ab 13. Dezember 2024 EU-weit zu beachten ist, wird das Produktsicherheitsrecht im Hinblick auf Verbraucherprodukte harmonisiert. Handwerksbetriebe, die Verbraucherprodukte herstellen, müssen insbesondere die neue Pflicht einer internen Risikoanalyse und neue Dokumentationspflichten beachten. Für Online-Händler sind neue Informationspflichten besonders relevant. 

Was regelt die neue Produktsicherheitsverordnung?

Die Produktsicherheitsverordnung (GPSR) ersetzt ab dem 13. Dezember 2024 die bisherige Produktsicherheitsrichtlinie 2001/95/EG und damit in weiten Teilen auch das deutsche Produktsicherheitsgesetz (ProdSG).  

Mit Hilfe der GPSR soll sichergestellt werden, dass alle Verbraucherprodukte auf dem EU-Binnenmarkt sicher sind und dadurch die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher gewährleistet werden.  

Für welche Produkte gelten die Produktsicherheitsanforderungen?

Die GPSR gilt grundsätzlich für alle Verbraucherprodukte, die für Verbraucher bestimmt sind, beispielsweise Schmuck, Möbel, Kleidung, Fahrräder etc.  

Ausgenommen von den neuen Vorgaben der GPSR sind Lebensmittel. 

Für Produkte, die zur gewerblichen Nutzung gedacht sind, aber dennoch auf den Verbrauchermarkt gelangen, gelten die Anforderungen ebenfalls, wenn vernünftigerweise Weise mit einer Nutzung durch Verbraucherinnen und Verbraucher zu rechnen ist. 

Die GPSR ist ein "Auffanggesetz", das für alle Produkte zumindest teilweise Anwendung findet. Wenn in produktspezifischen Vorschriften die Sicherheit von Produkten besonders geregelt ist, z.B. für Spielzeug, dann gelten die Vorgaben der GPSR zumindest teilweise, beispielswiese für Hinweis- und Informationspflichten im Fernabsatz.  

Die in der Verordnung festgelegten Anforderungen gelten grundsätzlich auch für gebrauchte Produkte oder Produkte, die repariert bzw. wiederaufgearbeitet werden

Wen treffen die Pflichten zur Gewährleistung der Produktsicherheit?

Alle entlang Lieferkette beteiligten Unternehmen und Betriebe, d.h. Hersteller, Importeure, Händler, Vertreiber, Betreiber von Online-Marktplätzen etc. haben je nach ihrer Rolle unterschiedliche Verpflichtungen zur Gewährleistung der Produktsicherheit zu erfüllen.  

Die Verpflichtungen treffen alle Unternehmen und Betriebe, unabhängig von ihrer Größe, so dass auch kleine Handwerksbetriebe die Anforderungen erfüllen müssen. Ausnahmeregelungen für bestimmte Betriebsgrößen sieht die Verordnung nicht vor. 

Was sind die konkreten Pflichten?

Alle Wirtschaftsakteure haben die generelle Pflicht, nur sichere Verbraucherprodukte in Verkehr zu bringen oder auf dem Markt bereitzustellen. Ein Produkt gilt als sicher, wenn es unter normaler oder vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung keine oder nur geringe Risiken für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher birgt.

Je nach ihrer Rolle entlang der Lieferkette müssen die einzelnen Akteure spezifische Pflichten erfüllen: 

Pflichten für Hersteller

Interne Risikoanalyse

Hersteller von Verbraucherprodukten müssen diese so designen, dass sie sicher sind. Sie müssen außerdem eine interne Risikoanalyse durchführen und darlegen, wie eventuelle Risiken vermieden bzw. gemindert werden können. Bei der internen Risikoanalyse können sich Hersteller auf eine vorhersehbare und wahrscheinliche Verwendung des Produkts beziehen, wobei je nach Produktdesign auch die Nutzung durch Kinder zu berücksichtigen ist. Entscheidend ist, dass die Risiken bei vorhersehbarer Nutzung nach gutem Glauben bewertet werden. Wenn sich aus der Risikoanalyse produktspezifische Risiken ergeben, sind entsprechende Warnhinweise auf dem Produkt selbst, bzw. dem Etikett, oder bei ganz kleinteiligen Produkten zumindest auf der Verpackung anzubringen.  

Technische Dokumentation

Neben der Durchführung einer internen Risikoanalyse sind Hersteller verpflichtet, vor dem Inverkehrbringen des Produkts eine technische Dokumentation zu erstellen. Umfang sowie Detailgrad dieser technischen Dokumentation hängen von der Komplexität des Produkts und den vom Hersteller ermittelten möglichen Risiken ab. Zumindest sollten aber folgende Informationen enthalten sein: 

  • Allgemeine Beschreibung des Produkts, inklusive Fotos; 

  • Wesentlichen Merkmale des Produkts, die für die Bewertung seiner Sicherheit relevant sind (z.B. Material, chemische Bestandteile, ...); 

  • Gegebenenfalls Angaben zu möglichen Risiken sowie der Lösungen, um diese Risiken auszuschalten oder zu mindern (insbesondere einschlägige europäische Normen, ggfs. nationale Sicherheitsanforderungen und weitere Elemente/Methoden zur Bewertung der Sicherheit/Minderung der Risiken) 

 

Hinweis: Die EU-Kommission stellt zeitnah in den Leitlinien zur GPSR eine Mustervorlage als Hilfestellung zur Verfügung (Downloadlink folgt), die Unternehmen bei der technischen Dokumentation helfen kann. Das Muster ist lediglich optional. Die technische Dokumentation ist 10 Jahre lang aufzubewahren.  

Informationspflichten

Bei Inverkehrbringen des Produkts müssen Hersteller auf dem Produkt folgende Informationen angeben:

  • Angaben, die eine eindeutige Identifizierung zulassen (z.B. Typen-, Chargen- oder Seriennummer),
  • Name des Herstellers,
  • Eingetragener Handelsname oder eingetragene Marke,
  • Postanschrift sowie elektronische Anschrift des Herstellers.  

Die Informationen sind in einer für Verbraucherinnen und Verbraucher verständlichen Sprache anzugeben. Ob die Informationen in mehreren Sprachen zur Verfügung zu stellen sind, richtet sich danach, für welche Märkte das Produkt ausdrücklich bestimmt ist. 

Pflichten für Händler und Dienstleister

Wenn Handwerksbetriebe Verbraucherprodukte zwar nicht selbst herstellen, diese aber als Händler oder Dienstleister auf dem Markt bereitstellen, können sie ebenfalls Pflichten in Bezug auf die Produktsicherheit treffen. Sie müssen zum einen überprüfen, ob der Hersteller und der Importeur (falls zutreffend) die Anforderungen erfüllt haben (z.B. Identifizierung des Produkts, Name, Anschrift etc. des Herstellers, Warnhinweise etc.). Für den Fall, dass der Hersteller keine Informationen bereitstellt, müssen Händler und Dienstleister entweder vom Inverkehrbringen absehen oder beim Hersteller diesbezüglich nachfragen und die Informationen einholen. Außerdem sollten sich die Betriebe vergewissern, dass die Lagerungs- oder Transportbedingungen die Konformität des Produkts mit den Sicherheitsanforderungen nicht beeinträchtigen.  

Online-Händler 

Bei Verbraucherprodukten, die online, telefonisch oder über eine andere Form des Fernabsatzes angeboten werden, müssen in den einzelnen Produktangeboten die folgenden Angaben gemacht werden:  

  • der Name, der eingetragene Handelsname oder die eingetragene Handelsmarke des Herstellers, sowie die Postanschrift und die E-Mail-Adresse. Falls der Hersteller nicht in der Europäischen Union niedergelassen ist, zusätzlich auch der Name, die Postanschrift und die E-Mail-Adresse des verantwortlichen Wirtschaftsakteurs, der in der EU niedergelassen ist (EU-Bevollmächtigter des Herstellers).  

  • Angaben, die die Identifizierung des Produkts ermöglichen, einschließlich einer Abbildung des Produkts und sonstiger Produktspezifikationen. 

  • etwaige Warnhinweise oder Sicherheitsinformationen gemäß der Produktverpackung oder den Begleitunterlagen in leicht verständlicher Sprache. Werden Produkte in EU-Länder außerhalb Deutschlands verkauft, müssen die Warnhinweise oder Sicherheitsinformationen auch in den entsprechenden Sprachen dieser Länder bereitgestellt werden. 

Werden die neuen Informationspflichten von Online-Händlern nicht umgesetzt, besteht das Risiko von Abmahnungen durch Abmahnvereine oder Mitbewerber. 

Was sind die Konsequenzen bei Nichteinhaltung?

Die Durchsetzung der Produktsicherheitsvorgaben erfolgt durch die nationalen Marktüberwachungsbehörden

Hinweis: Das deutsche Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) wird derzeit im Bundestag behandelt, um dieses an die GPSR anzupassen. Da die GPSR selbst keine konkreten Bußgelder regelt, sollen entsprechende Bußgeldvorschriften bei Verstößen gegen die Vorgaben der GPSR in das ProdSG aufgenommen werden. Es bleibt abzuwarten, ob das parlamentarische Verfahren in der aktuellen Legislaturperiode noch abgeschlossen wird. Sollte dies nicht gelingen, müsste die kommende Bundesregierung aufgrund des Diskontinuitätsprinzips einen neuen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen.  

Wenn ein Produkt aufgrund von Sicherheitsrisiken zurückgerufen wird, muss der verantwortliche Wirtschaftsakteur Verbraucherinnen und Verbrauchern die Wahl zwischen mindestens zwei Abhilfemaßnahmen geben, darunter Reparatur des zurückgerufenen Produkts, Ersatz des zurückgerufenen Produkts durch ein sicheres Produkt oder angemessene Erstattung des Wertes des zurückgerufenen Produkts.  

Wenn Produkte auf einem Online-Marktplatz (z. B. Amazon oder Etsy) verkauft werden und die Vorschriften nicht eingehalten werden, droht außerdem die Sperrung des Produktangebots, wenn die Produktsicherheitsanforderungen nicht erfüllt sind. 

Weitere Informationen sowie die Leitlinien der EU-Kommission zur Anwendung der GPSR finden sie hier

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