EU-Wirtschafts- und Finanzpolitik
Ein stabiles und krisenfestes Europa mit guten Finanzierungsbedingungen kommt auch dem Handwerk zugute. Dafür bedarf es einer soliden Wirtschafts- und Fiskalpolitik sowie einem gesunden und funktionsfähigem Finanzsektor und einer sinnvollen EU-Ausgabenpolitik.
Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen
Bankenregulierung
Eine Grundvoraussetzung für die Gründung, Führung, Weiterentwicklung und Übernahme eines jeden Handwerksunternehmens ist ein guter Zugang zu Finanzierung. Hier setzen deutsche Handwerksbetriebe vor allem auf Hausbankkredite. Diese Finanzierungsquelle gilt es zu schützen und zu fördern, um die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) zu unterstützen und wichtige Investitionen zu ermöglichen. Hierzu bedarf es einer verhältnismäßigen Regulierung, die kleinen, risikoarmen Banken den nötigen Freiraum lässt, um ihre wichtige wirtschaftspolitische Rolle zu erfüllen. Eine Finanztransaktionssteuer ist abzulehnen, da hier eine relativ geringe stabilisierende Wirkung hohem bürokratischem Aufwand und einer potentiellen Verteuerung der Unternehmensfinanzierung gegenübersteht.
Wir setzen uns ein für
- den Erhalt des KMU-Korrekturfaktors bei den Eigenkapitalregeln für Banken,
- eine verhältnismäßige Regulierung von kleinen, nicht-komplexen Banken im Sinne der "Small Banking Box", keine Finanztransaktionssteuer (FTT),
- keine bürokratischen oder finanziellen Mehrbelastungen bei der KMU-Finanzierung (z.B. im Rahmen der Aufsicht, der Bankenregulierung und der Nachhaltigen Finanzierung).
Weitere Informationen zur Finanzierung von Handwerksbetrieben.
ZDH-Stellungnahme zur Finalisierung von Basel III
Nachhaltige Finanzierung
Zur Finanzierung der Nachhaltigkeitswende und des europäischen Green Deals sind erheblich öffentliche und private Investitionen nötig. Um dabei sog. "Greenwashing" zu vermeiden und Vergleichbarkeit herzustellen, müssen via Taxonomie, CSRD, CSDDD, etc. immer mehr Unternehmen Informationen zu Ihrer Nachhaltigkeit offenlegen. Obwohl die Anwendungsbereiche der einschlägigen Gesetzgebung (bisher) keine KMU enthalten, ist kaum auszuschließen, dass indirekt auch auf sie zusätzliche Offenlegungspflichten zukommen - bspw. im Rahmen von EU-Förder- und Finanzierungsprogrammen, über Liefer- und Wertschöpfungsketten oder über Bankdarlehen. Deshalb muss - im Sinne des Proportionalitätsprinzips - ein vereinfachter und praxisorientierter Offenlegungsrahmen für die KMU geschaffen werden, die eine Nachhaltigkeitsberichterstattung vornehmen wollen oder müssen.
Wir setzen uns ein für
- einen Dreiklang für KMU aus Freistellungsklausel, Opt-In-Regelung und vereinfachtem Nachweisverfahren (z.B. freiwilliger KMU-Berichtsstandard – VSME oder KMU-Taxonomie), um kleine Unternehmen administrativ nicht zu überfrachten und ihnen die Teilhabe zu erleichtern,
- eine Vermeidung jeglicher Finanzierungseinschränkungen für KMU,
- eine angemessene Einbindung der Realwirtschaft in das weitere Verfahren (EFRAG, Plattform für Nachhaltige Finanzierung, delegierte Rechtsakte, etc.).
EU-Förderprogramme & Mehrjähriger Finanzrahmen (MFR)
Viele der EU-Förder- und Finanzierungsprogramme unterstützen auch deutsche Handwerksunternehmen. So werden Forschung und Innovation im Handwerk unter anderem durch Horizont, Digitales Europa, LIFE, und InvestEU gefördert. Erasmus+ unterstützt Aus- und Weiterbildungsaufenthalte im europäischen Ausland, während EFRE und ESF die Rahmenbedingungen für KMU vor Ort verbessern. Die EU-Förderprogramme leisten einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von KMU, welche in Deutschland und Europa ca. 60% aller Arbeitsplätze stellen, sowie zur Stabilisierung der europäischen Wirtschaft. Deshalb ist es wichtig, die Programme mit ausreichend finanziellen Mitteln auszustatten und eine angemessene Menge davon speziell für KMU zu reservieren.
Wir setzen uns ein für
- eine Ausweitung der KMU- und handwerksrelevanten Förderprogramme,
- eine stärkere Ausrichtung von Programmen auf die Bedürfnisse von KMU,
- eine unbürokratische Abwicklung.
Weitere Informationen zu den Förderprogrammen.
Europäisches Semester
Eine gewisse Koordinierung von Wirtschafts- und Fiskalpolitik ist in einer Währungsunion mit einem stark integrierten Binnenmarkt ökonomisch und ordnungspolitisch sinnvoll. Das Europäische Semester bildet das Rahmenwerk für diesen Koordinierungsprozess. Hierbei geht es vor allem darum, positive volkswirtschaftliche Synergieeffekte zu nutzen und negative grenzüberschreitende Auswirkungen von nationalen politischen Entscheidungen zu vermeiden. Ein übermäßiger Eingriff in die nationale Politik der Mitgliedstaaten ist jedoch unbedingt zu vermeiden. Um die Umsetzung der Länderspezifischen Empfehlungen zu stärken, wären positive Anreize zielführender als finanzielle Sanktionierungsmechanismen.
Wir setzen uns ein für
- eine Ausrichtung des Europäischen Semesters am Subsidiaritätsprinzip, mit Länderspezifischen Empfehlungen, die sich auf wirtschaftspolitische Maßnahmen mit hohen grenzübergreifenden Auswirkungen beschränken,
- eine klare Trennung zwischen Europäischem Semester und den EU-Strukturmitteln, keine Kopplung der Strukturmittelvergabe an die Umsetzung von Länderspezifischen Empfehlungen.
Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion
Bankenunion
Das Ziel der Bankenunion ist die Stabilität des europäischen Finanzmarkts und der Schutz von Bankeinlagen. Dieses Ziel lässt sich mittels gezielter Risikoreduzierung und nationalen Einlagensicherungssystemen erreichen. Eine europäische Einlagensicherung (EDIS) ist deshalb nicht notwendig und aufgrund der weiterhin signifikanten Unterschiede zwischen den nationalen Bankensystemen auch momentan nicht darstellbar. Eine Vergemeinschaftung hätte zur Folge, dass deutsche Kreditinstitute die deutlich höheren Risiken anderer europäischer Banken mittragen müssten. Die fortschreitende Risikominimierung im Finanzsektor wird vom Handwerk ausdrücklich begrüßt, darf jedoch kleine, regionale Banken regulatorisch nicht über Gebühr belasten. Dies hätte schwerwiegende Folgen für die Finanzierung der mittelständischen Wirtschaft.
Wir setzen uns ein für
- eine faire und effektive Risikoreduzierung zur Angleichung der nationalen Finanzmarktrisiken in der EU,
- keine Vergemeinschaftung der nationalen Einlagensicherungssysteme.
Fiskalunion
Als Exportnation geht es Deutschland wirtschaftlich gut, wenn es den anderen EU-Staaten gut geht. Stabilitätserfordernisse dürfen jedoch nicht als Begründung missbraucht werden, um Mechanismen (bspw. Transfer- oder Haftungsunion) einzuführen, die eine unverantwortliche, kurzatmige Politik einzelner Mitgliedstaaten belohnen und notwendige Strukturreformen verzögern. Jegliche zukünftige Stabilisierungsinstrumente müssen nicht nur durchdacht konzipiert, sondern dann auch stringent regelbasiert angewandt werden, um Krisen vorzubeugen, Fehlanreize und Missbrauch zu vermeiden sowie Wirtschaft und Steuerzahler zu schützen. Unabhängig davon darf das Aufbauen nationaler Haushaltspuffer auf keinen Fall vernachlässigt werden, denn nationale Fiskalpolitik und automatische Stabilisatoren bilden weiterhin die erste Verteidigungslinie zur Abfederung volkswirtschaftlicher Schocks.
Wir setzen uns ein für
- den Erhalt der Untrennbarkeit von Risiko und Haftung,
- nationale Eigenverantwortung in der Vorsorge für zukünftige Wirtschaftskrisen,
- eine widerstandsfähige Wirtschafts- und Währungsunion durch Strukturreformen und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit.
Weitere Informationen zur Wirtschafts- und Währungsunion (WWU).