Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Ein älterer und ein jüngerer Tischler bauen Küchenschränke ein.

Betriebsnachfolge

Die demografische Entwicklung fordert die deutsche Wirtschaft, nicht nur in Bezug auf die Fachkräftesicherung, sondern auch bei der Suche nach Betriebsnachfolgerinnen und Betriebsnachfolgern für zahlreiche Handwerksbetriebe.

Mindestens 125.000 Familienbetriebe werden in den nächsten fünf Jahren eine Unternehmensnachfolgerin oder einen Unternehmensnachfolger, sei es in der Familie, in der Belegschaft oder extern, suchen. Nicht nur aufgrund des demografischen Wandels steht das Handwerk dabei vor zahlreichen Herausforderungen.

Die größte Hürde für einen erfolgreichen Übergabeprozess ist nach wie vor das Finden qualifizierter Nachfolgerinnen und Nachfolger. Wichtig ist, Betriebsübernahmen weiterhin als attraktive Gründungsform zu bewerben.

Herausforderungen bei der Betriebsnachfolge

Die bundesweit aufgestellte Unternehmensbörse nexxt-change sowie die regionalen Betriebsdatenbanken der Handwerkskammern bringen jährlich Hunderte von Übergeberinnen und Übergebern mit potenziellen Übernehmerinnen und Übernehmern zusammen. Dennoch ist nach wie vor die größte Hürde für einen erfolgreichen Übergabeprozess das Finden einer geeigneten Nachfolgerein oder eines geeigneten Nachfolgers; die Zahl der potentiellen Übernehmerinnen und Übernehmer wird nämlich infolge der demografischen Entwicklung, aber auch aufgrund der attraktiven Beschäftigungssituation für qualifizierte Handwerkerinnen und Handwerker, seit langem geringer.

Die wesentlichen Gründe für das nicht Zustandekommen von Betriebsübernahmen sind neben der mangelnden Übergabefähigkeit einiger Betriebe aufgrund von niedrigen Umsätzen (bei Kleinstbetrieben) und extremer Inhaberabhängigkeit (insbesondere bei Soloselbständigen) die zu hohen finanziellen Forderungen der Altinhaber und Altinhaberinnen („Altersversorgung“) und strukturelle Probleme vor Ort (z.B. Fortführung des Gewerbes in einem Wohngebiet bei einem Inhaberwechsel). Weitere Probleme bestehen in den Belastungen durch Erbschaft- bzw. Schenkungsteuern bei der familieninternen Übergabe, häufig werden aber auch technische Auflagen (Schwierigkeiten bei Um- und Ausbauten), die mangelnde Trennung von Betriebs- und Privaträumen sowie die Verpflichtung zur Übernahme aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (§ 613a BGB) zu Hemmnissen für die erfolgreiche Nachfolge.

Ein markantes Beispiel für hinderliche Vorgaben aus Gesetzen und Verordnung ist der Datenschutz: Bei der Übernahme einer Kapitalgesellschaft, z.B. einer GmbH, erwirbt man (im Rahmen eines sogenannten Share-Deals) automatisch die Kundendatei und kann diese in gleicher Weise wie die Vorbesitzer für das Marketing nutzen. Übernimmt man dagegen eine Personengesellschaft, wechselt also formal die natürliche Person, die das Unternehmen besitzt, müssen nach der aktuellen Rechtslage alle Kundinnen und Kunden befragt werden, ob die Angaben weiter für das Unternehmen verwendet werden dürfen. Es entscheidet also bei der Betriebsübergabe allein die Rechtsform des Unternehmens über den Datenschutz für Kundinnen und Kunden. Das macht keinen Sinn. Warum sollten Kundinnen und Kunden einer Personalgesellschaft schutzbedürftiger als die einer Kapitalgesellschaft sein? Zudem belastet diese Ungleichbehandlung gerade die Rechtsform, die von kleinen Betrieben genutzt wird und deren Veräußerung aufgrund der tendenziell niedrigeren Fungibilität ohnehin schwieriger ist.

Unterstützung bei der Nachfolge ist unverzichtbar

Die Beteiligten bei einer Betriebsnachfolge benötigen in aller Regel eine umfassende, interdisziplinäre und damit zeitaufwendige Beratung, um den Generationenwechsel erfolgreich zu bewältigen. Hier leisten neben den freiberuflichen Unternehmensberatungen, die eher für größere Projekte eingesetzt werden, unsere Fachverbände und Handwerkskammern einen wesentlichen Beitrag. Das Beratungswesen der deutschen Handwerksorganisation besteht aus einem Netzwerk mit gut 900 Betriebsberaterinnen und Betriebsberatern. Rund ein Drittel der fast 100.000 durchgeführten Betriebsberatungen p. a. unterstützen Existenzgründungen und Übernahmen, gerade für die kleineren Betriebe.

Besondere Bedeutung bekommt die Moderationenfunktion der Beraterinnen und Berater. Die Beraterin oder der Berater der Handwerksorganisation ist neutral, vertritt die Interessen der abgebenden und gleichzeitig der übernehmenden Handwerkerinnen und Handwerker. Diese Position ist nicht immer einfach. Aber gerade dieses Angebot wird bei der Übergabe besonders geschätzt. Diverse Umfragen bei den Beratenden zeigen die hohe Zufriedenheit mit unseren Beratungsleistungen. Inzwischen richten viele Handwerksorganisationen Mediatorenstellen ein, die auch bei der Begleitung von Betriebsübernahmen eingesetzt werden, um das Erreichen einer Konfliktlösung noch effektiver zu unterstützen. Diese Beratungen beinhalten neben den zahlreichen grundsätzlichen Fragestellungen zur Betriebsführung die Betreuung der Nachfolgeinteressierten bei der Suche von geeigneten Betrieben, Unterstützung bei der Unternehmensbewertung und damit der Ermittlung eines fairen Kaufpreises, die Planung der Finanzierung (Hilfe bei der Verhandlungsführung mit den Kreditinstituten) sowie die Beratung bei der Erarbeitung und Umsetzung des Unternehmenskonzeptes nach der Übernahme.

Ermittlung eines fairen Kaufpreises

Die von Steuerberaterinnen und Steuerberatern und Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfern in der Regel eingesetzten Bewertungsverfahren stammen aus der Industrie und bilden nicht die tatsächliche Ertragskraft von Handwerksunternehmen ab. Damit die Beraterinnen und Berater einen fairen Unternehmenswert ermitteln können, wurde im Handwerk der inzwischen als „branchenübliches Verfahren“ von der Finanzverwaltung anerkannte Bewertungsstandard des AWH (Arbeitsgemeinschaft der Wert ermittelnden Berater im Handwerk) entwickelt. Die mit diesem Verfahren ermittelten Unternehmenswerte werden in aller Regel von Käuferinnen und Käufern sowie Verkäuferinnen und Verkäufern vollumfänglich angenommen und dienen daher zur Findung eines adäquaten Übernahmepreises, der beide Parteien zufriedenstellt und auch von Kreditinstituten und Behörden akzeptiert wird.

Gründung oder Übernahme?

Eine Betriebsübernahme stellt eine Herausforderung dar, die durchaus mit einer Neugründung vergleichbar ist. Auch wenn es ein lukrativer Vorteil ist, ein gut funktionierendes Unternehmen mit eingearbeiteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und festem Kundenstamm zu übernehmen. Ins "gemachte Nest" setzen, kann man sich nicht. Die Übernahme eines bestehenden Unternehmens erfordert ebenso wie die Gründung ein innovatives und schlüssiges Unternehmenskonzept. Für beide gilt: Wenn sich Handwerksbetriebe auf ihre besonderen Stärken konzentrieren und in ihrem Marktsegment kundengerechte, individuell auf die Wünsche der Verbraucherinnen und Verbraucher zugeschnittene und qualitativ hochwertige Leistungen anbieten, dann haben sie eine sehr reelle Chance sich vom Markt positiv abzuheben und überdurchschnittliche Erfolge zu erzielen. Daher sind Neugründungen und Betriebsnachfolgen gleichermaßen zu fördern und in der Kommunikation als attraktive Varianten mit spezifischen Besonderheiten zu erwähnen.

Fazit

Um den demografischen Wandel zu meistern, sind Mittelstand und Handwerk zukünftig mehr denn je auf innovative und kreative Unternehmerinnen und Unternehmer angewiesen. Unser Land braucht dynamische und entschlossene Unternehmerinnen und Unternehmer mit guten Ideen, um sich als erfolgreicher Wirtschaftsstandort in Zukunft zu behaupten. Erfolgreiche Betriebsübernahmen schaffen nicht nur neue Arbeitsplätze und höhere Steuereinnahmen, sondern verhelfen der Wirtschaft zu einer höheren Dynamik, beschleunigen die notwendigen strukturellen Anpassungsprozesse und führen häufig zu neuen, innovativen Produkten und Leistungen, die für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft von hoher Bedeutung sind.

Viel zu wenig junge Menschen sehen in einer Selbständigkeit ein anzustrebendes Lebensziel. Die Bedeutung des Unternehmertums ist vielfach nicht bekannt oder wird falsch eingeschätzt. Insbesondere Schülerinnen und Schüler wissen nur sehr wenig über die soziale Marktwirtschaft und ihre Prinzipien. Nicht nur wir Wirtschaftsverbände, auch die Schülerinnen und Schüler selbst machen übrigens auf dieses Defizit aufmerksam. Hier müssen Bund und Länder noch effektivere Maßnahmen einleiten, um Unternehmertum und Wirtschaftsverständnis den jungen Menschen nahe zu bringen.

Wichtig ist, dass die Bundesregierung und die Bundesländer neben der Intensivierung von Sensibilisierungs- und Fördermaßnahmen zahlreiche bürokratische bzw. gesetzliche Vorgaben für Betriebsübernehmer auf den Prüfstand stellen und Erleichterungen für die Betroffenen realisieren. U. a. gilt dies für die uneingeschränkte Weiterführung von Betriebsnutzungsgenehmigungen (z.B. in Wohngebieten). Die Unternehmensnachfolgen dürfen nicht durch Verschärfungen der Erbschaftsteuer und weiterer Gesetze, wie zum Beispiel der Grunderwerbsteuer, erschwert werden. Es ist sicherzustellen, dass die Fortführung des Betriebes durch die Erben aufgrund der Substanzsteuer nicht gefährdet wird.

In der öffentlichen Kommunikation müssen dabei Betriebsübernahmen als attraktive Gründungsform beworben werden. Wenn sich aufgrund der demografischen Entwicklung weniger qualifizierte Nachfolgerinnen und Nachfolger für erfolgreiche Unternehmen finden, müssen wir noch stärker motivieren und unterstützen.

Dokumente zum Download

  • „Selbständigkeit attraktiv gestalten“; Gründungspolitik in Deutschland aus Sicht des Handwerks
    ZDH-Positionspapier
  • „Selbständigkeit attraktiv gestalten“; Gründungspolitik in Deutschland aus Sicht des Handwerks
    ZDH-Kompakt
  • Betriebsnachfolge im Handwerk; Ergebnisse Umfrage bei Handwerksbetrieben
    ZDH-Sonderumfrage

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