Traditionelles Erfahrungswissen für die Zukunft
Wie Erfahrungswissen das Handwerk in die Zukunft führt – Einblicke in das Forschungsprojekt OMAHETI
Im Mittelpunkt stand eine spannende Frage: Wie können Jahrhunderte altes Wissen und Können innovative Beiträge zur Gegenwart und Zukunft leisten?
Das Projekt beleuchtete die entscheidende Rolle des handwerklichen Erfahrungswissens, das oft unbemerkt und dennoch kraftvoll Innovationen vorantreibt. Die Beispiele aus dem Orgelbau und Lehmbau zeigen, wie sich Tradition, Erfahrung und technisches Know-how miteinander verweben und so zukunftsweisende Lösungen entstehen.
Erfahrungswissen ist weit mehr als erlernte Handgriffe. Es ist ein unsichtbarer Wissensschatz, der durch langjährige Praxis entsteht und oft in den Händen, Augen und Intuition der Handwerker liegt: Erfahrungswissen im Handwerk zeigt sich zum Beispiel in der Fähigkeit, durch manuelle Intelligenz Materialien intuitiv zu beurteilen, durch situationsangepasstes Handeln flexibel auf Herausforderungen zu reagieren oder durch verinnerlichte Handgriffe effizient und qualitativ hochwertig zu arbeiten.
Ein Beispiel für Handwerksinnovationen: Die beheizbare Stampflehmwand
Jochen Siebert, ein auf Lehmbau spezialisierter Stuckateurmeister, wurde durch einen Kundenwusch mit einer besonderen Herausforderung konfrontiert: Eine Stampflehmwand mit integrierter Heizung sollte gebaut werden. Hier kam die jahrtausendealte Pisé-Technik ins Spiel, die er durch eine clevere Eigenentwicklung modernisierte. Ein eigens geschweißter Stampfaufsatz ermöglichte es, Heizleitungen in die Wand zu integrieren, ohne sie zu beschädigen. Dieses Beispiel zeigt, wie Handwerker auf pragmatische Weise innovative Lösungen entwickeln – fernab von Hightech-Laboren, aber mit genauso viel Kreativität und Expertise.
Handwerksinnovationen sind oft unscheinbar, aber entscheidend. OMAHETI hat herausgestellt:
- Innovation durch Erfahrung: Lösungen entstehen aus alltäglichen Herausforderungen und basieren auf implizitem Wissen.
- Objekte der Könner: Historische Handwerksobjekte tragen das Wissen vieler Generationen und inspirieren zu neuen Ansätzen.
- Wissensteilhabe: Austausch zwischen Könnern fördert Innovation und stärkt Handwerksgemeinschaften.
- Handwerksstolz: Die Arbeit mit Erfahrungswissen führt zu hoher Arbeitszufriedenheit und stärkt die Identität der Handwerker (mehr dazu in dem Folgeprojekt „Handwerksstolz“)
Die Relevanz von Erfahrungswissen für die Gesellschaft
Das Projekt zeigt, dass handwerkliches Erfahrungswissen mehr ist als Tradition. Es ist eine Quelle für nachhaltige Innovationen, die wirtschaftliche, ökologische und soziale Herausforderungen adressieren. In einer Gesellschaft, die oft akademisches Wissen priorisiert, legt OMAHETI an den Wert handwerklicher Könnerschaft offen.
Ergebnisse des Projekts
Weitere Informationen zum Projekt:
- omaheti.wordpress.com
- Informationsbroschüre zum Forschungsprojekt OMAHETI zum download
- Dorothee Hemme: Handwerkskönnen transdisziplinär erforschen. Das BMBF-Forschungsprojekt „Objekte der Könner“. In Thomas Schindler, Carsten Sobik, Sonja Windmüller (Hgg.): Handwerk. Anthropologisch, historisch, volkskundlich (Hessische Blätter für Volks- und Kulturforschung Bd. 51). Marburg 2017, S. 227 – 231.
Die Forschungsergebnisse wurden durch zwei Filme und eine Ausstellung für die Öffentlichkeit aufbereitet.
Ausstellung
Die Ausstellung „Ihr wisst mehr, als ihr denkt!“ wurde für das Portal Kulturerbe Niedersachsen digitalisiert.
Filme
- Lehm –Baustoff der Zukunft
- Kopie und Intonation: Erfahrungswissen von Reiner Janke