Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Deutschen Handwerks
22.04.2024

Praxis Recht – Aus- und Einbaukosten im Gewährleistungsfall

Für Fälle, in denen fehlerhaftes Material verbaut wurde und im Wege der Mangelbeseitigung wieder ausgebaut werden muss, gelten handwerksfreundliche Haftungsregeln gegenüber Materialhändlern. Das neue Praxis Recht klärt über die aktuelle Rechtslage auf.
Dachdecker in der Sonne bei der Arbeit

Worum geht es?

Ein Handwerksbetrieb schließt mit einem Verbraucher einen Werkvertrag. Für die Erledigung des Auftrags kauft der Handwerksbetrieb Material von einem Händler. Der Handwerker baut das Material beim Verbraucher ein oder bringt das Material an. Nachdem das Material eingebaut oder angebracht ist, stellt sich heraus, dass das es mangelhaft ist und ausgetauscht werden muss.

Handwerksbetriebe haben in dieser Situation neben dem Anspruch auf Materialersatz auch einen Aufwendungsersatzanspruch hinsichtlich der Aus- und Einbaukosten gegen den Händler.

Was setzt der Anspruch voraus?

Das gekaufte Material muss mangelhaft und in eine andere Sache eingebaut, an eine andere Sache angebracht oder im Rahmen eines Vorfertigungsprozesses bearbeitet worden sein.

  • Beispiele für eingebaute Materialien: Bodenfliesen, Fenster, Hauselektrik.
  • Beispiele für angebrachte Materialien: Dachrinnen, Lampen, Lacke, Farben. Laut BGH-Rechtsprechung (Az.: VIII ZR 105/22) besteht der Aufwendungsersatzanspruch auch bereits in Situationen, in denen sich ein Mangel am gekauften Material im Rahmen eines Vorfertigungsprozesses vor Einbau bzw. Anbringung des Materials zeigt.
  • Beispiel für einen Vorfertigungsprozess: Ein Handwerksbetrieb kauft Edelstahlrohre bei einem Händler, um diese bei einem Kunden als Rohrleitungssystem zu verbauen. Vor dem Einbau werden die Rohre im Rahmen einer Vorfertigung zusammengeschweißt. Zeigt sich bereits im Rahmen dieses Vorfertigungsprozesses ein Mangel an den Rohren, hat der Handwerksbetrieb neben dem Gewährleistungsanspruch auf mangelfreie Rohre auch einen Aufwendungsersatzanspruch auf Ersatz der Kosten für das Auseinanderbauen der mangelhaften verschweißten Rohre sowie für die erneute Vorfertigung der mangelfreien Rohre.

Was umfasst der Anspruch?

Der Aufwendungsersatzanspruch erfasst alle Positionen, die erforderlich sind, um den Mangel zu beheben (u.a.):

  • Anfahrtskosten zum Kunden
  • Fehlersuche zur Verifizierung des Mangels
  • Ausbau/Demontage der mangelhaften Sache
  • Abwicklung des Umtausches gegen eine mangelfreie Sache oder Zurücksendung der mangelhaften Sache an den Lieferanten
  • Erneute Zurichtung und Parametrierung
  • Wiedereinbau/erneute Montage
  • Ggf. neue Funktionsproben und Änderung der Dokumentationen
  • Sachbearbeitungskosten für die Abwicklung

 

Praxistipp: Vor Beginn der Mangelbeseitigung sollte eine Einigung mit dem Materialhändler über die zu erwartenden Kosten erzielt werden. Anderenfalls droht im Nachgang Streit über die Kostenhöhe.

Dürfen Händler ihre Haftung in AGB einschränken?

Ein Ausschluss des Aufwendungsersatzanspruchs in AGB von Materialhändlern ist in der Regel unzulässig, sofern nicht ausnahmsweise ein besonderer Grund besteht. Es ist deshalb wichtig, dass Sie Ihrer Handwerkskammer oder Innung melden, wenn Ihr Händlerhaftungsbeschränkende AGB vorlegt, damit sie die AGB für Sie prüfen und gegebenenfalls Maßnahmen einleiten können.

Praxis Recht - Regeln für Aus- und Einbaukosten im Gewährleistungsfall

  • Praxis Recht zu Regeln für Aus- und Einbaukosten im Gewährleistungsfall

Bitte beachten

Bei den hier zur Verfügung gestellten Informationen handelt es sich um allgemeine Hinweise zu handwerksrelevanten Rechtsthemen. Darüberhinausgehende Informationen und insbesondere individuelle Beratungen sind dem ZDH nicht gestattet. Bitten nutzen Sie bei weitergehenden Fragen zu den hier dargestellten Themen die Beratungsangebote Ihrer Handwerksorganisation vor Ort (Handwerkskammern, Innungen und Fachverbände).

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