Praxis Recht - Die besonderen Vorschriften für Bauverträge
1. Allgemeine Vorschriften
Abschlagszahlungen (§ 632a BGB)
Grundsätzlich hat der Werkunternehmer einen Anspruch auf Abschlagszahlungen. Die entsprechende Regelung im Gesetz für die Berechnung des Abschlags knüpft an dem aus der VOB/B bekannten Begriff "Wert der erbrachten Leistung" an.
Abnahme (§ 640 Abs. 2 BGB)
Der Besteller kann die Abnahme nicht durch einfaches Schweigen verhindern. Fordert ihn der Unternehmer zur Abnahme auf und er reagiert nicht, tritt die sog. fiktive Abnahme ein. Der Besteller muss mindestens einen Mangel benennen, will er die fiktive Abnahme verhindern.
Kündigung aus wichtigem Grund (§ 648a BGB)
Das in Rechtsprechung und Literatur seit langem anerkannte Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund ist seit dem Jahr 2018 auch im Gesetz verankert. Es steht beiden Vertragsparteien zu.
2. Bauvertrag (§ 650a BGB)
Im Werkvertragsrecht gibt es spezielle Bestimmungen zum Bauvertrag. Bauvertrag soll jeder Vertrag über die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon sein. Auch der Vertrag über die Instandhaltung eines Bauwerks ist ein Bauvertrag. Wird zwischen den Parteien ein Bauvertrag geschlossen, gelten die folgenden besonderen Bestimmungen:
Anordnungsrecht (§ 650b BGB)
Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Besteller einen Nachtrag zum ursprünglichen Auftrag anordnen. So muss etwa die Anordnung dem Auftragnehmer zumutbar sein und die Vertragsparteien sind zunächst verpflichtet, sich gütlich über den Nachtrag zu einigen.
Nachtragsvergütung (§ 650c BGB)
Im Gegenzug erhält der Unternehmer einen Anspruch auf Nachtragsvergütung. Bis zu 80% der für den Nachtrag kalkulierten Vergütung kann der Unternehmer als Abschlagszahlung verlangen. Stellt sich später heraus, dass die Kosten der Nachtragsarbeiten geringer sind, hat der Unternehmer die zu viel geleisteten Abschlagszahlungen mit Zinsen zurückzuzahlen.
Einstweilige Verfügung (§ 650d BGB)
Bei Streitigkeiten über das Anordnungsrecht oder die Nachtragsvergütung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes muss die besondere Eilbedürftigkeit nicht nachgewiesen werden. Die Gründe für das Bestehen des Anspruchs müssen aber immer belegt werden.
Sicherungshypothek und Bauhandwerkersicherung (§§ 650e und 650f BGB)
Der Unternehmer hat ein Recht auf Eintragung einer Sicherungshypothek. Bei der Bauhandwer kersicherung ist zu beachten, dass das Verbraucherprivileg nur für Verbraucherbauverträge gilt – somit nur für den Bereich des schlüsselfertigen Bauens. Einzeln vergebene Aufträge wie etwa die Dachsanierung oder der Einbau einer neuen Heizung fallen nicht darunter.
Zustandsfeststellung (§ 650g BGB)
Verweigert der Besteller die Abnahme unter Angabe von Mängeln, kann der Unternehmer eine gemeinsame eine Zustandsfeststellung verlangen. Verweigert der Besteller die Teilnahme, kann der Unternehmer die Zustandsfeststellung auch allein durchführen. Hat der Besteller das Werk schon in Besitz genommen und tritt danach ein offenkundiger Mangel auf, wird gesetzlich vermutet, dass dieser vom Besteller zu vertreten ist.
Schlussrechnung (§ 650g Abs. 4 BGB)
Im Baubereich ist das Stellen einer Schlussrechnung seit langem durch die Regelungen in der VOB/B als Fälligkeitsvoraussetzung etabliert. Eine entsprechende Regelung findet sich seit 2018 auch im gesetzlich geregelten Bauvertragsrecht.
Schriftform der Kündigung (§ 650h BGB)
Wegen der Warnfunktion ist im Gesetz festgelegt, dass der Bauvertrag immer schriftlich zu kündigen ist. Der Vertragsschluss selbst unterliegt keinem Formerfordernis.
Praxistipp: Allerdings ist beim Abschluss eines Bauvertrags die Schriftform immer zu empfehlen, um spätere Streitigkeiten über den Vertragsinhalt zu vermeiden. |
3. Verbraucherbauvertrag
Handelt es sich bei dem Auftraggeber eines Bauwerks um einen Verbraucher, gelten die besonderen Bestimmungen des Verbraucherbauvertragsrechts (§§ 650i bis 650n BGB). Diese finden nach der gesetzlichen Definition aber nur Anwendung auf das schlüsselfertige Bauen. Somit sind nur wenige Handwerksbetriebe betroffen.
Praxistipp: Unternehmen, die schlüsselfertig bauen, müssen sich auf neue Regeln zu Baubebeschreibungs- und Informationspflichten, dem Widerrufsrecht des Verbrauchers, Abschlagszahlung und Absicherungsanspruch sowie die Erstellung und Herausgabe von Unterlagen einstellen. Von den meisten der gesetzlichen Bestimmungen darf zu Lasten des Verbrauchers nicht abgewichen werden. |
4. Baukammern und Bausenate
Der Gesetzgeber sieht vor, dass obligatorisch bei den Landgerichten Baukammern und bei den Oberlandesgerichten Bausenate eingerichtet werden (§§ 72a und 119a GVG).
5. Allgemeine Geschäftsbedingungen und VOB/B
Für den Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen kommt es bei Bauverträgen auf die Unterscheidung zwischen Unternehmern und Verbrauchern an. Die Möglichkeiten, das Recht gegenüber Verbrauchern mittels AGB einseitig zu gestalten, sind äußerst begrenzt. Insbesondere besteht keine Möglichkeit, die VOB/B mit einem Verbraucher zu vereinbaren.
Zudem scheint es ratsam zu sein, im B2B-Bereich die VOB/B zu vereinbaren. Die unbestimmten Rechtsbegriffe und Leitbilder des Gesetzes machen eine Einschätzung der künftigen Rechtsprechung und der AGB-Festigkeit einzelner Klauseln schwierig. Dem gegenüber haben die Betriebe des Handwerks bei der Verwendung der VOB/B Erfahrungen sammeln können. Auch ist die Rechtsprechung verlässlich einschätzbar. Dies gilt aber nur für die Vereinbarung der VOB/B als Ganzes. Nur dann tritt die Privilegierung (keine Inhaltskontrolle im B2B-Bereich) ein.
Praxistipp: In Zweifelsfällen bezüglich der gesetzlichen Bestimmungen sollte das Beratungsangebot der Handwerkskammern und Verbände in Anspruch genommen oder der Rat eines versierten Rechtsanwalts eingeholt werden. |
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Bitte beachten
Bei den hier zur Verfügung gestellten Informationen handelt es sich um allgemeine Hinweise zu handwerksrelevanten Rechtsthemen. Darüberhinausgehende Informationen und insbesondere individuelle Beratungen sind dem ZDH nicht gestattet. Bitten nutzen Sie bei weitergehenden Fragen zu den hier dargestellten Themen die Beratungsangebote Ihrer Handwerksorganisation vor Ort (Handwerkskammern, Innungen und Fachverbände).