Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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11.11.2020

Praxis Recht - Sanierungsverfahren der Insolvenzordnung

Die Insolvenzordnung sieht verschiedene Verfahren vor, die sich für eine wirtschaftliche Sanierung eignen. Darüber hinaus wird wirtschaftlich in die Krise geratenen Betrieben künftig ein Restrukturierungsverfahren zur Verfügung stehen.

Sanierung statt Abwicklung

Primäres Ziel der Insolvenzordnung ist es, wirtschaftlich angeschlagene Betriebe und Unternehmer vor dem Konkurs zu bewahren. Anstelle der Abwicklung soll der Geschäftsbetrieb zum langfristigen Wohl von Schuldnern und ihren Gläubigern fortgesetzt und wieder zum wirtschaftlichen Erfolg geführt werden.

Die Insolvenzordnung sieht neben dem ordentlichen Insolvenzverfahren Verfahrensalternativen vor, die sich grundsätzlich für eine wirtschaftliche Sanierung eignen. Darüber hinaus steht wirtschaftlich in die Krise geratenen Betrieben ein Restrukturierungsverfahren zur Verfügung stehen, das eine Sanierung bereits vor Eintritt der Insolvenz ermöglicht.

Dieses Praxis Recht gibt einen allgemeinen Überblick über die grundlegende Ausrichtung, die Voraussetzungen und den Ablauf der verschiedenen Verfahren. Für weitergehende Informationen und insbesondere für eine individuelle Krisenberatung stehen Ihnen die entsprechenden Angebote Ihrer örtlichen Handwerksorganisationen zur Verfügung.

Insolvenzplanverfahren

Beim Insolvenzplanverfahren (§§ 217 ff. InsO) vereinbaren alle am Insolvenzverfahren beteiligten Akteure (Schuldner, Gläubiger, Insolvenzverwalter, Insolvenzgericht) ein gemeinsames Ziel und beschließen entsprechende Umsetzungsmaßnahmen. Das Ziel kann in der Sanierung des insolventen Unternehmens bestehen. Ebenso kann jedoch auch die Abwicklung des Betriebs zwecks einer möglichst hohen Verwertung angestrebt werden.

 

Voraussetzung des Insolvenzplanverfahrens ist zunächst die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Der Schuldner und der Insolvenzverwalter können zu Beginn des Insolvenzverfahrens – gemeinsam oder jeder einzeln – einen Insolvenzplan aufstellen. Inhaltlich muss der Insolvenzplan die absehbaren wirtschaftlichen Auswirkungen des ordentlichen Insolvenzverfahrens darstellen und sie mit den Erfolgsaussichten eines alternativen Planverfahrens vergleichen. Die Durchführung des Planverfahrens muss wirtschaftlich aussichtsreicher sein als das ordentliche Insolvenzverfahren. Aus diesem Grund ist das Planverfahren nur zulässig, wenn eine wirtschaftliche Besserstellung aller Gläubiger prognostiziert wird.

Neben der Zielbestimmung sind auch die zur Umsetzung des Insolvenzplans konkret vorgesehenen Maßnahmen aufzuführen (z.B. Forderungsverzichte, Vollstreckungsmoratorien, etc.). Der Insolvenzplan bedarf der Zustimmung der Gläubiger, die je nach ihrem Status im ordentlichen Insolvenzverfahren verschiedenen Gläubigergruppen zugeordnet werden. Zudem ist der Insolvenzplan vom Insolvenzgericht zu bestätigen.

 

Eigenverwaltung

Die Eigenverwaltung (§§ 270 ff. InsO) ermöglicht es einem insolventen Schuldner, das Insolvenzverfahren in eigener Verantwortung durchzuführen. Anstatt eines Insolvenzverwalters, dem die rechtlichen und wirtschaftlichen Verfügungskompetenzen zu übertragen  sind,  wird  dem  eigenverwaltenden Schuldner lediglich ein Sachwalter zur Seite gestellt. Hierdurch erweist sich die Eigenverwaltung grundsätzlich als kosten- und zeitsparender als ein ordentliches Insolvenzverfahren. So fallen für Sachwalter erheblich geringere Gebühren als für einen Insolvenzverwalter an. Zudem bedarf die Fortführung des Geschäftsbetriebs – anders als im Rahmen des ordentlichen Insolvenzverfahrens – keiner zeitintensiven Einarbeitung durch den Insolvenzverwalter. Der Betriebsinhaber kann den Geschäftsbetrieb stattdessen nahtlos fortsetzten.

 

Die Eigenverwaltung setzt eine entsprechende Anordnung des Insolvenzgerichts voraus. Diese ist zu versagen, wenn Verfahrensverzögerungen oder andere Nachteile für die Gläubiger zu erwarten sind. Die Zustimmung der Gläubiger ist jedoch grundsätzlich nicht erforderlich.

Dem Schuldner bieten sich bei der Eigenverwaltung die verfahrensrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Insolvenzordnung. So kann im Rahmen der Eigenverwaltung beispielsweise ein Insolvenzplanverfahren durchgeführt werden. In der Verknüpfung dieser beiden Verfahren können – zumindest theoretisch – die finanzielle und zeitliche Effizienz der Eigenverwaltung und die konsensuale und zielgerichtete Ausrichtung des Insolvenzplanverfahrens zur Sanierung genutzt werden.

 

 

Restrukturierungsverfahren

In Ergänzung zum Insolvenzplanverfahren und zur Eigenverwaltung hat der deutsche Gesetzgeber mit dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) ein neues Sanierungsverfahren eingeführt. Dieses Verfahren setzt an einem Zeitpunkt an, an dem zwar ernsthafte Anzeichen einer dro- henden Insolvenz bestehen, jedoch noch kein Insolvenzgrund vorliegt. Ziel des Restrukturierungsverfahrens ist die wirtschaftliche Stabilisierung eines in die Krise geratenen Betriebs und die Abwendung seiner Insolvenz. Damit ist das Restrukturierungsverfahren weder zeitlich noch inhaltlich eine alternative Gestaltung des ordentlichen Insolvenzverfahrens, sondern ein eigenständiges Verfahren.

 

Das Restrukturierungsverfahren orientiert sich an der Struktur und dem Ablauf des Planinsolvenzverfahrens. So hat der Schuldner ein Restrukturierungsplan zu erstellen, der entsprechend dem Insolvenzplan sowohl die wirtschaftlichen Ziele des Plans prognostizieren als auch die zur Umsetzung konkret erforderlichen Maßnahmen angeben muss. Zudem bedarf der Restrukturierungsplan der Genehmigung des Restrukturierungsgerichts sowie der Zustimmung der Gläubiger, die in Gläubigergruppen geordnet sind.

Der Restrukturierungsplan kann für einen begrenzten Zeitraum Maßnahmen vorsehen, die die wirtschaftliche Stabilität des Schuldners sichern sollen. Diese Maßnahmen können u.a. die verpflichtende Fortführung von Dauerschuldverhältnissen, Vollstreckungsmoratorien oder Forderungsverzichte umfassen. Die Stabilitätsmaßnahmen sind vom Restrukturierungsgericht zu genehmigen und von diesem anzuordnen.

 

Praxis Recht zum Download

  • Praxis Recht: Sanierungsverfahren der Insolvenzordnung

Bitte beachten

Bei den hier zur Verfügung gestellten Informationen handelt es sich um allgemeine Hinweise zu handwerksrelevanten Rechtsthemen. Darüberhinausgehende Informationen und insbesondere individuelle Beratungen sind dem ZDH nicht gestattet. Bitten nutzen Sie bei weitergehenden Fragen zu den hier dargestellten Themen die Beratungsangebote Ihrer Handwerksorganisation vor Ort (Handwerkskammern, Innungen und Fachverbände).

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