Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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13.11.2023

Praxis Recht - Widerruf bei Verträgen mit Verbrauchern

Bei Verträgen mit Verbrauchern gelten besondere Regeln. Das Widerrufsrecht ist die in der Praxis wichtigste Besonderheit. Dieses Recht erlaubt es Verbrauchern, einen Vertrag ohne Angabe von Gründen rückgängig zu machen.

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Für wen es gilt:Handwerker, die mit Verbrauchern am Telefon, per E-Mail oder außerhalb ihrer Geschäftsräume Verträge schließen.
Um das geht es:Verbraucher können diese Verträge innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Der Zeitraum verlängert sich um ein Jahr, wenn der Handwerker hierüber nicht aufklärt oder das Muster-Widerrufsformular nicht aushändigt. Achtung (!): Bei bestimmten Fehlern haben Verbraucher keinen Wertersatz zu leisten. Handwerker bleiben dann auf ihren Arbeitskosten sitzen.
Was zu tun ist:Verbrauchern ist zusammen mit der Musterbelehrung auch das Muster-Widerrufsformular auszuhändigen. Sofern möglich, sollten die Arbeiten erst nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist ausgeführt werden. Andernfalls muss der Verbraucher darüber informiert werden, dass er die bis zum Widerruf geleistete Arbeit zu vergüten hat.

Wann haben Verbraucher ein Widerrufsrecht?

Das Bestehen eines Widerrufrechts hängt von verschiedenen Umständen des Einzelfalls ab. So ist es von Bedeutung, -

wie – also auf welchem Weg – der Vertrag geschlossen wird (z.B. telefonisch) oder

wo (z.B. auf der Baustelle) der Vertrag geschlossen wird.

Wie wird der Vertrag geschlossen?

Werden im Vorlauf zum Vertrag und für den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel (z.B. Telefon, Fax oder E-Mail) genutzt, handelt es sich um einen Fernabsatzvertrag. In diesen Fällen hat der Verbraucher grundsätzlich ein Widerrufsrecht.

  • Wird der Kunde z.B. zwecks Erstellung eines Kostenvoranschlags oder Angebots besucht und kann dieser sich dabei einen persönlichen Eindruck vom Unternehmer verschaffen sowie sich mit diesem über den Inhalt des beabsichtigen Vertrags austauschen, liegt kein Fernabsatzvertrag vor. Dies gilt selbst dann, wenn der Vertragsschluss im Nachgang zum Kundenbesuch per Telefon, Fax oder E-Mail erfolgt.
  • Wenn Vertragsverhandlungen und Vertragsschluss per Telefon oder über das Internet erfolgen, das Unternehmen jedoch kein für den regelmäßigen Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem vorhält, liegt kein Fernabsatzvertrag vor. Verträge, die unter gelegentlichem, eher zufälligem Einsatz von Telefon oder Internet geschlossen werden, unterfallen somit nicht dem Widerrufsrecht.

Wo wird der Vertrag geschlossen?

Kommt ein Vertragsschluss mit einem Verbraucher außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers zustande oder ein Verbraucher gibt außerhalb von Geschäftsräumen eine verbindliche Vertragserklärung ab, liegt ein sog. "außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag" vor.

  • Kommt der Kunde in die Werkstatt, in die Bäckerei, in das Ladenlokal etc. und schließt dort einen Vertrag, besteht kein Widerrufsrecht (Der Kunde hat jedoch dann ein Widerrufsecht, wenn dieser im Rahmen eines "Kundenfangs" unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume persönlich und individuell angesprochen wurde).

Gesetzliche Ausnahmen

Selbst wenn ein Vertrag mit Fernkommunikationsmitteln oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde, gibt es Ausnahmen, in denen Verbrauchern kein Widerrufsrecht zusteht.

  • Bei Verträgen über die Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind oder deren Herstellung auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind.

 

Beachte: Die Formulierung "Lieferung von Waren" bedeutet, dass es sich um einen fertig hergestellten Gegenstand handeln muss, der dem Kunden geliefert wird. Die Fertigung oder Veränderung von Waren beim Kunden ist dagegen nicht umfasst.

 

  • Wenn die Ware nach ihrer Lieferung untrennbar mit anderen Gütern vermischt wird (vor allem Werkmaterialien und Baustoffe)

 

Beachte: Die Ausnahme erfasst auch Materialien, die derart miteinander verbunden werden, dass eine Trennung nicht ohne Beschädigung der zusammengefügten Teile möglich ist.

 

  • Bei dringenden Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten.

 

Beachte: "Dringende Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten" erfassen nur tatsächliche Notfälle.

 

  • Sobald der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat.

 

Beachte: Diese Ausnahme setzt voraus, dass der Verbraucher vor Vertragsschluss ausdrücklich bestätigt, dass der Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Dienstleistung beginnen darf. Siehe hierzu Anlage 2 (Muster 5).

Wie lange dürfen Verbraucher widerrufen?

Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Der Beginn der Frist richtet sich danach, ob ein Kaufvertrag oder ein Werkvertrag geschlossen wird. Wichtig für Handwerksbetriebe ist, dass die sog. Werklieferungsverträge als Kaufverträge gelten. Für die Unterscheidung von Werklieferungsverträgen und Werkverträgen siehe Anlage 1.

Die Frist beginnt bei Werkleistungen bei Vertragsschluss. Bei Kaufverträgen beginnt die Frist erst, wenn der Verbraucher die Ware erhalten hat. Die Frist verlängert sich um ein Jahr, wenn der Verbraucher vor Vertragsschluss

  • gar nicht oder fehlerhaft über sein Widerrufsrecht belehrt oder
  • die Muster-Widerrufserklärung nicht zusammen mit der Belehrung

ausgehändigt wurde. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen muss dies in Papierform erfolgen. Siehe Muster Anlage 2.

Welche Folgen hat ein Widerruf?

Bei Kaufverträgen haben Verbraucher die Ware zurückzugeben. Unternehmer müssen den Kaufpreis zurückzahlen.

Bei Werkverträgen haben Unternehmer den Werklohn zurückzuzahlen. Weitere Pflichten – z.B. ein Rückbau von Bauleistungen – bestehen in der Regel nicht. Verbraucher müssen die Werkleistung zurückgewähren. Die eingebauten Materialien sind dem Unternehmer zurückzugeben. Ist eine Herausgabe der Materialien nicht möglich, ist davon auszugehen, dass der Verbraucher den Anspruch auf Rückzahlung der Materialkosten in entsprechender Höhe verliert. Soweit die Werkleistung in einer Tätigkeit bestand, können Verbraucher diese nicht zurückgewähren. Als Ausgleich müssen sie Wertersatz leisten.

Beachte: Die Pflicht zur Zahlung von Wertersatz setzt voraus, dass der Verbraucher den Betrieb ausdrücklich aufgefordert hat, die Tätigkeit vor Ablauf der Widerrufsfrist aufzunehmen und der Verbraucher darüber belehrt wurde, dass er im Fall des Widerrufs Wertersatz zu leisten hat. Siehe hierfür Anlage 2 (Muster 3 und 4). Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen muss der Verbraucher seine Aufforderung schriftlich übermitteln. Werden hier Fehler gemacht, bleiben Handwerker auf ihren Arbeitskosten sitzen.

Formelle Aspekte der Widerrufsbelehrung

Die Belehrung, das Muster-Widerrufsformular und die Vereinbarung von Wertersatz müssen formelle Anforderungen erfüllen. Wir raten dringend davon ab, die Muster umzuformulieren oder zu verändern. Füllen Sie nur die Freifelder aus.

In Zweifelsfällen bezüglich der gesetzlichen Bestimmungen sollte das Beratungsangebot der Handwerkskammern, Innungen und Fachverbände in Anspruch genommen werden.

Praxis Recht zum Download

  • Praxis Recht "Widerruf bei Verträgen mit Verbrauchern"
  • ANLAGE 1 zum Praxis Recht
  • ANLAGE 2 zum Praxis Recht

Bitte beachten

Bei den hier zur Verfügung gestellten Informationen handelt es sich um allgemeine Hinweise zu handwerksrelevanten Rechtsthemen. Darüberhinausgehende Informationen und insbesondere individuelle Beratungen sind dem ZDH nicht gestattet. Bitten nutzen Sie bei weitergehenden Fragen zu den hier dargestellten Themen die Beratungsangebote Ihrer Handwerksorganisation vor Ort (Handwerkskammern, Innungen und Fachverbände).

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