Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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04.10.2023

Keine Aufhebung der GrESt bei Rückgängigmachung eines Grundstücks

Der BFH verneint erneut die Wiedererlangung der ursprünglichen Rechtsstellung der Vertragsparteien bei Rückgängigmachung des Grundstückserwerbs.

Die Rechtsprechung hat seit langem Grundsätze für die Rückabwicklung eines Grundstückserwerbs für Zwecke der Nichtfestsetzung oder Aufhebung der Grunderwerbsteuer (GrESt) herausgearbeitet. In einem aktuellen Urteil 25. April 2023 (II R 38/20) verneint der Bundesfinanzhof nun erneut die Wiedererlangung der ursprünglichen Rechtsstellungen der Vertragsparteien, wenn der Ersterwerber bei der Rückgängigmachung des Grundstückserwerbs den aufgrund der Auflassungsvormerkung bestehenden Anschein einer Rechtsposition in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat.

Die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Rückabwicklung eines Grundstückserwerbs im Sinne von § 16 Abs. 1 und 2 GrEStG und somit die Nichtfestsetzung oder Aufhebung einer Grunderwerbsteuerfestsetzung möglich ist, führt regelmäßig zu Streitigkeiten vor den Finanzgerichten. Grundsätzlich setzt die Anwendung des § 16 Abs. 1 und 2 GrEStG eine tatsächliche und vollständige Rückgängigmachung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts voraus. Laut ständiger Rechtsprechung ist hierfür neben der zivilrechtlichen Aufhebung die Wiederherstellung der ursprünglichen Rechtspositionen der Vertragsparteien erforderlich. Dies beinhaltet notwendigerweise die gegenseitige Rückgewähr der ausgetauschten Leistungen und damit auch die Löschung einer zugunsten des Ersterwerbers eingetragenen Auflassungsvormerkung. 

Im streitgegenständlichen Fall hatte die Klägerin, eine GmbH, mit Kaufvertrag vom 5. Juli 2016 Grundbesitz erworben (Ersterwerb). Wenige Zeit später wurde zugunsten der Klägerin eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Zu einem dinglichen Übergang des Grundbesitzes kam es nicht, wohl aber zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises. Das zuständige Finanzamt setzte mit Bescheid vom 25. August 2016 für den Ersterwerb Grunderwerbsteuer fest.

Da die Klägerin die erforderliche Finanzierung für die mit dem Grundbesitz zusammenhängenden Bauprojekte nicht aufbringen konnte, schloss sie am 9. Mai 2017 einen Aufhebungsvertrag mit der Verkäuferin. Dieser sah u. a. die Aufhebung der Auflassungsvormerkung vor, machte die Vorlage des Aufhebungsvertrags beim Grundbuchamt und Finanzamt jedoch vom Nachweis der Rückzahlung des Kaufpreises abhängig. Letztere erfolgte trotz Anmahnungen der Klägerin nicht.

Mit Kaufvertrag vom 29. Juni 2017 veräußerte die Verkäuferin die Grundstücke dann an die Geschäftsführer und mittelbaren Gesellschafter der Klägerin (Neuerwerb), wofür ebenfalls (nicht streitgegenständlich) Grunderwerbsteuer festgesetzt wurde. Die Kaufpreiszahlung erfolgte durch die Neuerwerber unmittelbar an die Klägerin. Die Löschung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch erfolgte ca. ein Jahr später.

Die Klägerin begehrte die Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung für den Ersterwerb nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, da der Erwerbsvorgang innerhalb von zwei Jahren rückgängig gemacht worden sei. Dem folgte das Finanzamt nicht. Das Hessische Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage als unbegründet zurück.

Der BFH wies die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG waren nach Ansicht der Richter nicht gegeben. Der Bundesfinanzhof betonte indes erneut, dass die Anwendung von § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ausgeschlossen sei, sofern trotz Vertragsaufhebung weiterhin die Möglichkeit zur Einflussnahme durch den Ersterwerber auf das Grundstück bestehe. Daher sei es im Fall der Weiterveräußerung des Grundstücks durch den Veräußerer an einen Zweiterwerber insbesondere schädlich, wenn der Ersterwerber seine Rechtsposition oder zumindest den Anschein einer Rechtsposition noch innehabe und von dieser im Zusammenhang mit der Weiterveräußerung tatsächlich zumindest auch in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse Gebrauch mache. Im Streitfall vermittelte die noch im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung zumindest den Rechtsschein, dass der Klägerin weiterhin ein Übereignungsanspruch zustand. Damit habe die GmbH nach Auffassung des Bundesfinanzhofes Einfluss auf die Weiterveräußerung nehmen können.

Ob der Ersterwerber auch im eigenen Interesse handelt, ist laut BFH je nach Einzelfall unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zu beurteilen. So liege insbesondere eine Verwertung im eigenen wirtschaftlichen Interesse vor, wenn die Aufhebung des ursprünglichen Erwerbsvorgangs im Interesse des Geschäftsführers der Kapitalgesellschaft erfolgt. Im Streitfall waren die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung für den Grundstückserwerb durch die GmbH als Ersterwerberin demnach nicht erfüllt.

In der Praxis ist daher für Zwecke der zeitlichen Abfolge dringend zu beachten, dass der Notar die erforderliche Löschungsbewilligung für die Auflassungsvormerkung dem Grundbuchamt in der Regel erst dann vorlegt, wenn der Kaufpreis zurückgezahlt wurde.