Grundsteuer
Man unterscheidet zwischen der Grundsteuer A (agrarisch - Steuergegenstand sind Grundstücke der Land- und Forstwirtschaft) und Grundsteuer B (baulich - Steuergegenstand sind bebaute oder bebaubare Grundstücke und Gebäude).
In einem ersten Schritt stellt das Finanzamt die Höhe des Einheitswerts fest. Grundlage hierfür ist das Bewertungsgesetz, welches in den alten Bundesländern auf die Wertverhältnisse per 1.1.1964 und in den neuen Bundesländern auf die per 1.1.1935 abstellt.
Aufbauend auf dem festgelegten Einheitswert wird der Grundsteuermessbetrag ermittelt. In diesem Schritt werden Einheitswert und Grundsteuermesszahl, dessen Höhe sich nach der jeweiligen Grundstücksart richtet, miteinander multipliziert. Zuletzt kann die Gemeinde auf der Grundlage des Grundsteuermessbescheids unter Ansatz des individuell festgelegten Hebesatzes die Grundsteuer ermitteln und festsetzen.
Aktuelle Entwicklungen in der Grundsteuer
1. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 27. Mai 2024
Nach der Kritik an den verschiedenen Modellen zur Bewertung für Zwecke der Grundsteuer, haben sich nunmehr auch einige Gerichte mit der Frage auseinandergesetzt, ob die jeweiligen Bewertungsmodelle rechtmäßig sind.
So hat der Bundesfinanzhof kürzlich mit Beschlüssen vom 27. Mai 2024 (II B 78/23 und II B 79/23) in zwei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu den Bewertungsregelungen des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts entschieden, dass Steuerpflichtige im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben müssen, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen. Da deswegen bereits Zweifel an der Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte bestanden, war vom BFH nicht mehr zu prüfen, ob die neue Grundsteuer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zweifeln bezüglich der zugrundeliegenden Bewertungsregeln unterliegt.
In beiden Streitfällen hatten die Antragsteller beim Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz erfolgreich beantragt, die Grundsteuerwertfeststellungen für ihre Wohnimmobilien von der Vollziehung auszusetzen. Die angefochtenen Bescheide waren auf der Grundlage der Neuregelung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts durch das Grundsteuer-Reformgesetz vom 26. November 2019 ergangen (sog. Bundesmodell), das in mehreren Bundesländern Anwendung findet. Das FG hatte ernstliche Zweifel sowohl an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Grundsteuerwertbescheide als auch an der Verfassungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Bewertungsvorschriften und gewährte deshalb die beantragte Aussetzung der Vollziehung. Die gegen die Entscheidungen des FG erhobenen Beschwerden des Finanzamtes hat der BFH in seinen Beschlüssen als unbegründet zurückgewiesen.
Nach Auffassung des BFH bestehen bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte. Diese Zweifel ergäben sich daraus, dass den Steuerpflichtigen bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen, auch wenn der Gesetzgeber einen solchen Nachweis nicht ausdrücklich geregelt habe. Der Gesetzgeber verfüge gerade in Massenverfahren der vorliegenden Art über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum. Das Übermaßverbot könne jedoch verletzt sein, wenn sich der festgestellte Grundsteuerwert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweise. Dies setze nach der bisherigen Rechtsprechung zu anderen typisierenden Bewertungsvorschriften voraus, dass der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 Prozent oder mehr übersteige.
In beiden Streitfällen kam der BFH zu dem Ergebnis, es sei bei summarischer Prüfung nicht auszuschließen, dass die Antragsteller jeweils aufgrund einzelfallbezogener Besonderheiten den erfolgreichen Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ihrer Grundstücke mit der erforderlichen Abweichung zu den festgestellten Grundsteuerwerten führen könnten. Eine abschließende Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des neuen Bewertungsrechts ist damit jedoch nicht verbunden.
2. Weitere Verfahren zur Grundsteuer
Auch in anderen Bundesländern sind bereits Klagen über die dort angewandten Grundsteuermodelle anhängig oder bereits entschieden. So lehnte das FG Nürnberg verfassungsrechtliche Zweifel am bayerischen Modell ab (Beschluss vom 08.08.2023 und 8 V 300/23).
Auch das FG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 01.09.2023, 3 V 3080/23) sowie das Sächsische FG äußerten (Urteil vom 24.10.2023, 2 K 574/23) keine Zweifel hinsichtlich des Bundesmodells.
Zuletzt wies auch das FG Baden-Württemberg die beiden anhängigen Verfahren (8 K 2368/22 und 8 K 1582/23) zum Grundsteuermodell in Baden-Württemberg ab. Das FG ließ jedoch die Revision zum BFH zu, womit die Chance besteht, dass zeitnah ein Hauptsacheverfahren zur neuen Grundsteuer beim BFH anhängig wird.
Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts
Es wird ein neues wertabhängiges Bewertungssystem für Grundstücke eingeführt, das für Wohnimmobilien ein Ertragswertverfahren vorsieht. Grundstücke werden grundsätzlich mit dem Bodenrichtwert bewertet.
Für Nichtwohngrundstücke ist ein Sachwertverfahren zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage vorgesehen. Für die Betriebe bedeutet dies, dass der Wert von gewerblich genutzten Grundstücken durch Bodenrichtwerte bestimmt wird und die Gebäudewerte nach einem aufwendigen Sachwertverfahren. Aufgrund der Öffnungsklausel für die Länder, wird die Bewertung in Abhängigkeit von der Belegenheit des jeweiligen Grundstücks nach den jeweils geltenden gesetzlichen Regelungen des entsprechenden Bundeslandes erfolgen.
Mit dem Grundsteuer-Reformgesetz wurde geregelt, dass zum 01.01.2022 alle Grundstücke im gesamten Bundesgebiet für Zwecke der Grundsteuer neu zu bewerten sind. Auf diesen Stichtag wird erstmalig der Grundsteuerwert festgestellt (sog. Hauptfeststellung). Dieser löst dann ab 2025 den Einheitswert ab.
Die Finanzministerkonferenz (FMK) hat sich in ihrer Sitzung am 13. Oktober 2022 darauf geeinigt, die Frist für die Abgabe der Grundsteuerwerterklärungen bundesweit bis zum 31. Januar 2023 zu verlängern.
Für Grundbesitz in den Ländern Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen, Sachsen und Saarland erfolgt die Ermittlung des Grundsteuerwerts nach dem Bundesgesetz (Siebenter Abschnitt des Bewertungsgesetzes: Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer ab 1. Januar 2022). Für Grundbesitz in Niedersachsen, Hamburg, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern gelten hingegen die jeweiligen Landesgesetze.
Am meisten Daten verlangt das Berechnungsverfahren des Bundesmodells. Dieses Modell soll durch eine Vielzahl an Variablen möglichst genau die Werte der Grundstücke und Gebäude abbilden. Gerechnet wird dafür mit Bodenrichtwert, Grundstücksfläche, Immobilienart, statistischer Nettokaltmiete, Gebäudefläche, dem möglichen Gebäudealter und Mietniveaustufe. Folgende Daten sollten Grundstückseigentümer in jeweiligen Ländern bereit halten
Daten-Check für die Grundsteuer
Art des Modells | Angaben des Eigentümers |
Bundesmodell | Grundbuchdaten, Art der Nutzung, Bodenrichtwert, Aktenzeichen des Einheitswertes, Wohnfläche, Art der Immobilie, Anzahl kleiner, mittlerer und großer Wohnungn, Anzahhl der Garagen und Stellplätze, mögliches Gebäudealter, Grundstücksfläche |
Flächenfaktormodell (Bayern, Hessen, Hamburg, Nierdersachsen) | Grundbuchdaten, Art der Nutzung, Bodenrichtwert, Aktenzeichen des Einheitswertes, Wohnfläche, Grundstücksfläche |
Bodenwertmodell (Baden-Württemberg) | Grundbuchdaten, Art der Nutzung, Bodenrichtwert, Aktenzeichen des Einheitswertes, Grundstücksfläche |
Quelle: KPMG
Unter den nachfolgenden Links finden Sie weitergehende Informationen der einzelnen Bundesländer:
Einführung einer Grundsteuer C
Teil der Reform ist auch die Einführung einer Grundsteuer C, mit der Gemeinden auf Wunsch unter bestimmten Voraussetzungen für baureife Grundstücke einen erhöhten Hebesatz anwenden dürfen, um Anreize für ein zügiges Bebauen zu setzen.
Der Gesetzgeber hatte die Grundsteuer C bereits 1961 schon einmal mit dem Ziel eingeführt, die auch schon damals stetig steigenden Preise für unbebaute sowie bebaubare Grundstücke in den Griff zu bekommen und so dem Mangel an Baulandnot entgegenzuwirken.
Nach der Einführung mussten allerdings vor allem finanzschwache Bürger ihre Grundstücke verkaufen, während finanzstarke Bürger und Unternehmen profitierten. Denn damit der gewünschte Lenkungseffekt der Grundsteuer C eintritt, muss die Belastung durch diese Steuer beim Eigentümer wirtschaftlich derart stark ins Gewicht fallen, dass weniger finanzstarke Eigentümer, die weder eine Bebauung noch die Grundsteuer C leisten können, ihre Grundstücke veräußern müssen. Insoweit entsteht ein Spannungsverhältnis zu Artikel 14 GG und dem Verbot der Erdrosselungssteuer, so dass sich bereits die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Grundsteuer C stellt.
Auch in den 1960er Jahren hat die Grundsteuer C die Verfügbarkeit freier Grundstücke entgegen den Erwartungen nicht vergrößert und der Markt der Grundstücksspekulanten erlebte einen unerwünschten Boom, woraufhin die Grundsteuer C nach nur zwei Jahren wieder abgeschafft wurde.
Darüber hinaus wird die Einführung der Grundsteuer C das Steuersystem weiter verkomplizieren und für die Betroffenen erhebliche administrative Mehrbelastungen mit sich bringen. Gerade vor dem Hintergrund der im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vereinbarten Bürokratieentlastung ist nicht nachvollziehbar, warum mit der Grundsteuer C, die sich bereits in der Vergangenheit nicht bewährt hat, neue bürokratische Belastungen aufgebaut werden. Daneben kann es für die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens gerade in den Ballungszentren wichtig sein, Flächen zur Vergrößerung des Betriebs in Reserve zu haben.
Schließlich berücksichtigt das Gesetz nach unserem Verständnis nicht, dass im Vorfeld der Bebauung oft ein langwieriges Verfahren mit den Genehmigungsbehörden durchlaufen werden muss, was in einer Vielzahl von Fällen mehrere Jahre dauern kann, so dass der Grundstückseigentümer in dieser Zeit wirtschaftlich belastet werden würde.