Bundesverfassungsgericht bestätigt Tübinger Verpackungssteuer
Hintergrund der Verpackungssteuer
Die Stadt Tübingen hat die Steuer eingeführt, um die Umweltbelastung durch Einwegverpackungen zu reduzieren und Anreize für nachhaltigere Alternativen zu schaffen. Die Kommune erhebt 0,50 Euro pro Einwegverpackung und Einweggeschirr sowie 0,20 Euro für Hilfsmittel wie Besteck oder Strohhalme. Die Abgabe richtet sich an gastronomische Betriebe, die Speisen und Getränke in Einwegverpackungen verkaufen. Ziel ist es, Unternehmen dazu zu bewegen, vermehrt auf Mehrwegsysteme umzusteigen. Die Satzung hatte allerdings zu Protesten geführt, insbesondere von Seiten der Systemgastronomie, die die finanzielle Belastung und einen Wettbewerbsnachteil befürchteten.
Gegen die Satzung hatte eine Betreiberin eines Schnellrestaurants in Tübingen Verfassungsbeschwerde eingelegt. Sie argumentierte, dass die Steuer gegen das Grundgesetz verstoße, da sie eine unzulässige Beschränkung der Berufsfreiheit darstelle und den bundeseinheitlichen Regelungen zur Abfallwirtschaft widerspreche. Zudem wurde infrage gestellt, ob eine Stadt das Recht habe, eigenständig eine solche Steuer zu erheben.
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Das Bundesverfassungsgericht (- 1 BvR 1726/23 -) hat in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (-BVerwG 9 CN 1.22-) vom 24. Mai 2023 die Beschwerde zurückgewiesen. Die Verpackungssteuer dient einem legitimen Ziel, nämlich der Reduzierung von Einwegmüll, und ist verhältnismäßig. Die Richter stellten fest, dass die Stadt im Rahmen ihrer kommunalen Steuerhoheit handelt und damit nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG verstößt. Dies wäre der Fall, wenn eine Steuer mit berufsregelnder Tendenz es den betroffenen Unternehmen in aller Regel unmöglich macht, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung oder unternehmerischen Erwerbstätigkeit zu machen.
Besonders betont wurde, dass die Steuer keine unzumutbare Belastung für die betroffenen Unternehmen darstellt. Vielmehr sei es ihnen zuzumuten, sich auf die Regelung einzustellen und alternative Verpackungslösungen anzubieten. Auch das Argument, die Steuer kollidiere mit Bundesrecht, wurde verworfen. Es gebe keine abschließende bundesweite Regelung, die die Kommunen daran hindere, eigene Anreize zur Müllvermeidung zu setzen.
Bedeutung des Urteils
Das Urteil hat weitreichende Folgen für die kommunale Umweltpolitik. Es bestätigt, dass Städte und Gemeinden eigene steuerliche Instrumente einsetzen können, um Umweltziele zu verfolgen. Damit könnte die Entscheidung auch für andere Kommunen richtungsweisend sein, die ähnliche Maßnahmen in Erwägung ziehen. Jede Kommune kann somit ihre eigene Verpackungssteuersatzung beschließen mit entsprechender Folgewirkung für die ortsansässigen Unternehmen.
Das Bundesverfassungsgericht hat keine feste Obergrenze für die Verpackungssteuer festgelegt, aber wirtschaftliche Zumutbarkeit als Maßstab definiert. Die Steuer darf keine „erdrosselnde Wirkung“ haben und muss für durchschnittlich ertragsstarke Betriebe tragbar sein. Eine Abwälzung auf die Kunden ist zulässig. Die Tübinger Satzung begrenzt die Steuer pro Einzelmahlzeit auf 1,50 Euro, was als Orientierung dienen kann. Zudem verstößt die Steuer nicht gegen Bundesrecht und ist als indirekte Verbrauchsteuer rechtlich zulässig, solange der Verbrauch typischerweise im Gemeindegebiet erfolgt.
Die Stadt Tübingen sieht sich durch das Urteil bestärkt. Oberbürgermeister Boris Palmer hatte die Steuer als einen wichtigen Schritt in der Abfallvermeidung verteidigt und kündigte an, dass die Stadt auch weiterhin Vorreiter im Umweltschutz sein wolle.
Fazit
Mit der Zurückweisung der Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass Kommunen in Deutschland das Recht haben, eigene Umweltsteuern zu erheben. Die Tübinger Verpackungssteuer bleibt damit bestehen und könnte als Modell für andere Städte dienen. Die Deutsche Umwelthilfe befürwortet offensiv eine Ausbreitung der Verpackungssteuer auf kommunaler Ebene.