Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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25.08.2023

Billigkeitserlass von Nachforderungszinsen

Der BFH schränkt die Verzinsung in bestimmten Fällen ein.

Der BFH hat mit Urteil vom 23.2.2023 (Az.: V R 30/20) entschieden, dass unterjährige Zinsvorteile bei der Prüfung eines Liquiditätsvorteils im Rahmen eines Billigkeitserlasses von Nachforderungszinsen zur Umsatzsteuer gemäß § 233a Abgabenordnung (AO) unbeachtlich sind.

In dem Streitfall gab die Klägerin für die von ihr erbrachten Dienstleistungen monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab (Soll-Versteuerung).  Eine Dauerfristverlängerung wurde für die Streitjahre 2009 bis 2011 nicht in Anspruch genommen. Bei einer Außenprüfung für die Jahre 2009 bis 2011 wurde festgestellt, dass die Klägerin ihre Umsätze jeweils dem Monat der Rechnungsstellung zugeordnet hatte, obwohl die Umsätze in den meisten Fällen bereits im Vormonat erbracht worden waren. Grund hierfür war, dass die Klägerin oft erst im Folgemonat über die nötigen Angaben für die Rechnungsstellung verfügte. Das Finanzamt ordnete daraufhin 90 Prozent der im Januar des jeweiligen Jahres gemeldeten Umsätze dem Vorjahr zu und setzte in den geänderten Umsatzsteuer-Jahresbescheiden Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO fest. Die insgesamt für die Jahre 2009 bis 2011 und nachfolgend bis 2013 festgesetzten Zinsen beliefen sich auf rund 1,9 Millionen Euro.

Nach für die Klägerin erfolglosem Einspruchsverfahren und teilweise erfolgreichem Finanzgerichtsverfahren ging das Finanzamt in Revision. Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts und entschied mit o. a. Urteil, dass das Finanzamt zu Unrecht unterjährig entstandene Liquiditätsvorteile einbezogen hatte. Die Festsetzung eines Zinsanspruchs sei sachlich unbillig, wenn sie zwar dem Gesetz entspreche, dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers aber zuwiderlaufe. So sollen durch § 233a AO keine Zinsvorteile abgeschöpft werden, die in Wirklichkeit nicht vorhanden sind. Bei einer von den ursprünglichen Steuerfestsetzungen abweichenden zeitlichen Zuordnung eines Umsatzes, die gleichzeitig zu einer Steuernachforderung und einer Steuererstattung führt, sind tatsächlich nicht vorhandene Zinsvorteile auch nicht abzuschöpfen. Somit muss im Erlassverfahren wegen Nachforderungszinsen berücksichtigt werden, dass z. B. der Liquiditätsvorteil, der dem Steuerpflichtigen durch die verspätete Anmeldung des im Voranmeldungszeitraum Dezember ausgeführten Umsatzes erwachsen war, bereits mit Zahlung der für den Voranmeldungszeitraum Januar des Folgejahres angemeldeten Steuer und damit vor Beginn des Zinslaufs (§ 233a Abs. 1 Satz 2 AO) wieder entfallen ist. Die Zinsen konnten somit im Billigkeitswege erlassen werden.