Jahressteuergesetz 2024: Kleinunternehmergrenze und Co.
Das Bundeskabinett hat am 5.6.2024 den Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 beschlossen. Neben einer Vielzahl technischer Änderungen werden darin auch für die Wirtschaft bedeutende Neuerungen vorgeschlagen. Hierzu zählen aus Sicht des Handwerks neben der Anhebung der Kleinunternehmergrenze insbesondere die geplante Änderung beim Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs sowie die Anpassung der Steuerbefreiung für Bildungsleistungen an das EU-Recht.
Anhebung der Kleinunternehmergrenze
Von Unternehmern, die im Vorjahr nicht mehr als 22.000 Euro Umsatz hatten und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 Euro Umsatz haben werden, wird nach geltendem Recht die Umsatzsteuer nicht erhoben (§ 19 UStG). Diese Unternehmer dürfen keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen und haben keinen Vorsteuerabzug.
Aufgrund einer EU-Richtlinie muss die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG zum 1. Januar 2025 an EU-Recht angepasst werden. Jeder Kleinunternehmer kann dann unter bestimmten Voraussetzungen auch in anderen EU-Mitgliedstaaten die dort geltenden Vergünstigungen für Kleinunternehmer in Anspruch nehmen. Die Regelung wird in eine Steuerbefreiung umgewandelt, die sofort entfällt, wenn der Unternehmer im laufenden Kalenderjahr einen Umsatz von 100.000 Euro überschreitet. Durch die Anhebung der Umsatzgrenze des laufenden Kalenderjahres von 50.000 Euro auf 100.000 Euro wird verhindert, dass Unternehmen unterjährig ihre Besteuerungsform umstellen müssen.
In diesem Zusammenhang wird auch die Vorjahres-Umsatzgrenze von bisher 22.000 Euro auf 25.000 Euro inflationsbedingt angepasst.
Der ZDH wendet sich strikt gegen die Anhebung der Kleinunternehmergrenze auf 25.000 Euro, da bereits die bisherige Kleinunternehmergrenze zu unfairem Wettbewerb durch Soloselbständige in einigen Gewerken geführt hat (insbes. Friseurhandwerk und Ausbaugewerke).
Ist-Versteuerung und Vorsteuerabzug
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass der Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers davon abhängt, wann der leistende Unternehmer den Umsatz versteuert (Urteil vom 10.2.2022, „Grundstücksgemeinschaft Kollaustraße 136“). Wird die Leistung von einem Ist-Versteuerer empfangen, darf der unternehmerische Leistungsempfänger die Vorsteuer erst abziehen, wenn er die Rechnung bezahlt hat. Der deutsche Gesetzgeber hatte die entsprechende Norm der europäischen Mehrwertsteuersystem-Richtlinie bisher nicht umgesetzt. Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2024 wird nunmehr § 15 UStG entsprechend angepasst. In § 14 UStG ist eine Pflichtangabe für Ist-Versteuerer vorgesehen.
Die Anpassung hat zur Folge, dass unternehmerische Leistungsempfänger künftig buchhalterisch zwischen Soll- und Ist-versteuernden Auftragnehmern unterscheiden müssen. Dies bedeutet einen großen zusätzlichen Verwaltungsaufwand, von dem grundsätzlich alle Unternehmen in Deutschland betroffen sind. Es steht zu befürchten, dass Auftraggeber solche Handwerksbetriebe, die die Ist-Versteuerung weiterhin nutzen, künftig von der Auftragsvergabe ausschließen, um diesen Aufwand zu vermeiden. Die Ist-Versteuerung ist aber für die Mehrheit der Handwerksbetriebe ein wichtiges Instrument zur Liquiditätssicherung. Den Handwerksbetrieben sind aber vor dem Hintergrund der derzeitigen wirtschaftlichen und politischen Lage sowie der daraus resultierenden Kostensteigerung keine weiteren finanziellen Belastungen zumutbar. Die Neuregelung sollte daher um einige Jahre verschoben werden.
Darüber hinaus ist fraglich, welche Pflichten bzw. Risiken den Auftraggeber in Bezug auf den Vorsteuerabzug treffen, wenn der leistende Unternehmer die Angabe der Ist-Versteuerung in der Rechnung pflichtwidrig unterlässt. Der ZDH fordert in diesem Zusammenhang eine Gutglaubensschutzregelung für den Leistungsempfänger.
Steuerbefreiung für Bildungsleistungen
Die Regelung des § 4 Nr. 22 UStG soll an das EU-Recht angepasst werden, nachdem die EU-Kommission zu Beginn des Jahres 2024 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hat.
Die Umgestaltung der Vorschrift geht mit der Streichung des Bescheinigungsverfahrens einher und hat außerdem zur Folge, dass Leistungen privater Lehrer an Bildungseinrichtungen nicht mehr steuerfrei sind, wenn es sich um Fortbildungsleistungen handelt. Damit verteuern sich die Leistungen privater Lehrer für die Bildungseinrichtungen der Handwerksorganisation um 19 Prozentpunkte, die sie als Bestandteil ihrer umsatzsteuerfreien Leistung an die Lernenden weiterreichen müssen.
Der ZDH kritisiert die dargestellten Regelungen und wird sich im weiteren Gesetzgebungsprozess dagegen aussprechen.