Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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01.06.2023

Umsatzsteuerliche Behandlung von Reihengeschäften

Das BMF hat zu USt-Behandlung von Reihengeschäften zur Neuregelung durch sog. Quick Fixes zum 1.1.2020 Stellung genommen und Änderungen veröffentlicht.

Mit Schreiben vom 25. April 2023 hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) nunmehr zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Reihengeschäften im Hinblick auf die gesetzliche Neuregelung durch die sogenannten Quick Fixes zum 1. Januar 2020 Stellung genommen und die entsprechenden Änderungen im Umsatzsteuer-Anwendungserlass veröffentlicht.

Zentrale Fragestellung bei Reihengeschäften mit einem grenzüberschreitenden Warentransport in einen anderen EU-Mitgliedstaat oder in einen Drittstaat ist, welcher der Lieferstufen die Waren­bewegung und damit auch die Möglichkeit der Steuerbefreiung (als innergemeinschaftliche Lieferung oder Ausfuhrlieferung) zuzuweisen ist.

Die Finanzverwaltung hat das diesbezügliche Anwendungsschreiben an wesentlichen Stellen nach­gebessert und damit auf Kritik und Anregungen der Wirtschaft reagiert. Für die Zuordnung der Beförderung oder Versendung zu einer der Lieferungen des Reihengeschäfts müsse sich aus den vorhandenen Aufzeichnungen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben, wer die Beförderung durchgeführt oder die Versendung veranlasst hat. Für die Bestimmung dieser sog. Transport­verantwortlichkeit, vgl. Abschn. 3.14 Abs. 7 UStAE, sei z. B. im Fall der Versendung auf die Auftrags­erteilung an den selbständigen Beauftragten abzustellen.

Eine von diesen Grundsätzen abweichende Zuordnung könne möglich sein, wenn z. B. der erste Unternehmer den Transportvorgang lediglich für einen anderen Beteiligten des Reihengeschäfts beauftragt. Die Finanzverwaltung hält diesbezüglich aber unverändert daran fest, dass der Unter­nehmer dann nachweisen müsse, dass die Beförderung bzw. die Versendung auf Rechnung eines anderen Unternehmers in der Reihe erfolgt ist und dieser tatsächlich die Gefahr des zufälligen Unter­gangs des Gegenstands während des Transports getragen hat, vgl. Abschn. 3.14 Abs. 7 Satz 6 UStAE.

Erfolgt die Beförderung oder Versendung der Liefergegenstände durch einen Zwischenhändler, ist die Warenbewegung grundsätzlich der Lieferung an diesen Zwischenhändler zuzuordnen, vgl. § 3a Abs. 6a Satz 4 Hs. 1 UStG. Allerdings kann diese gesetzliche Vermutung widerlegt werden mit der Folge, dass die Warenbewegung (und somit die Möglichkeit der Steuerbefreiung) der Lieferung des Zwischenhändlers an dessen Abnehmer zuzurechnen ist. Für Fälle eines grenzüberschreitenden Reihengeschäfts zwischen zwei EU-Mitgliedstaaten bzw. auch bei einer Lieferung von Deutschland in das Drittlandsgebiet gilt die Vermutung als widerlegt, wenn der Zwischenhändler gegenüber seinem Verkäufer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine USt-IdNr. verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns des Transports erteilt wurde. Die Finanzverwaltung hält hierbei grund­sätzlich an dem Erfordernis der „Verwendung“ der USt-IdNr. fest, welches ein positives Tun des Zwischenhändlers erfordert. Der Zwischenhändler müsse die ihm vom Abgangsstaat der Lieferung erteilte USt-IdNr. in der Regel bereits bei Vertragsabschluss, spätestens jedoch bei Ausführung der Lieferung gegenüber seinem Verkäufer verwenden.

Das BMF-Schreiben enthält weitergehende Erläuterungen, wann eine solche Verwendung ange­nommen werde und wie diese im Falle eines mündlichen Vertragsverhältnisses nachzuweisen wäre, vgl. Abschn. 3.14 Abs. 10 Sätze 5 bis 7 UStAE. Dagegen soll im Hinblick auf ein innergemeinschaft­liches Reihengeschäft ein positives Tun des Zwischenhändlers auch dann vorliegen, wenn die Lieferung des Zwischenhändlers an dessen Käufer die Voraussetzungen einer steuerfreien inner­gemeinschaftlichen Lieferung erfüllt, der Zwischenhändler hierfür eine ordnungsgemäße Rechnung erteilt hat sowie seinen Meldepflichten nachgekommen ist und der Käufer den innergemeinschaft­lichen Erwerb in zutreffender Weise erklärt hat, vgl. Abschn. 3.14 Abs. 10 Satz 9 UStEA.

Diese Vorgaben, unter Ausschluss der Aussagen in Abschn. 3.14 Abs. 10 Satz 9 UStAE, sollen entsprechend Anwendung finden, wenn ein Zwischenhändler den Transport der Waren von Deutschland in das Drittlandsgebiet veranlasst, vgl. Abschn. 3.14 Abs. 11 UStAE. Wie bereits im Entwurf des Anwendungsschreibens hält die Finanzverwaltung daran fest, dass eine nachgelagerte, spätere Änderung bei der Verwendung der USt-IdNr. keine Auswirkung auf die ursprüngliche Beurteilung haben soll, vgl. Abschn. 3.14 Abs. 10 Satz 3 bzw. Abs. 11 Satz 2 UStAE.

Im Hinblick auf die Einfuhr von Gegenständen, welche im Rahmen eines Reihengeschäfts aus dem Drittlandsgebiet in das Inland gelangen, hat die Finanzverwaltung ihre Aussagen zur Verlagerung des Lieferorts nach § 3 Abs. 8 UStG anhand weiterer Beispielsfälle verdeutlicht, vgl. Abschn. 3.14 Abs. 15 UStAE. Mit Einführung der sog. Zweiten Stufe des Mehrwertsteuerdigitalpakets wurde die Fiktion geschaffen, wonach die Betreiber von elektronischen Schnittstellen unter bestimmten Voraus­setzungen als in die Lieferkette einbezogen gelten können, vgl. § 3 Abs. 3a UStG. Wie bereits im Entwurf des Anwendungsschreibens klargestellt, soll in derartigen Fällen die Zuordnung der Warenbewegung nicht anhand der Grundsätze zum Reihengeschäft erfolgen, vgl. Abschn. 3.14 Abs. 20 UStAE.

Für den Zeitraum bis zur Veröffentlichung dieses BMF-Schreibens im Bundessteuerblatt soll es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet werden, wenn die Zuweisung der Transportverant­wortlichkeit von den Beteiligten einvernehmlich abweichend von Abschn. 3.14 Abs. 7 bis 11 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses bestimmt worden ist.

Mit deutlichem Zeitversatz zur Einführung der Neuregelung liegt nunmehr die offizielle Auffassung der Finanzverwaltung zu deren Umsetzung vor. Zwar hält die Finanzverwaltung weiterhin am Kriterium der aktiven Verwendung der USt-IdNr. auch für den Zwischenhändler fest. Allerdings scheint die „Sonderregelung“ in Abschn. 3.14 Abs. 10 Satz 9 UStAE grundsätzlich eine praktikable Abwicklung der Fälle ermöglichen zu wollen, in denen sowohl der erste Unternehmer als auch der Zwischenhändler in Deutschland als Abgangsland der Warenlieferung ansässig ist. Allerdings bleibt diesbezüglich abzuwarten, wie die Finanzverwaltung diese Fälle in der Praxis behandeln wird. Denn bestimmte Elemente dieser Regelung, wie die ordnungsgemäße Besteuerung durch den Erwerber, können regelmäßig durch den Zwischenhändler nicht überprüft werden, sollen für diesen aber den Unterschied zwischen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung oder einer steuer­pflichtigen Inlandslieferung ausmachen.

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