Umsatzsteuer – Reform ermäßigter Umsatzsteuersätze
Die EU-Richtlinie war zuvor bereits am 7. Dezember 2021 vom ECOFIN, dem Finanzministerrat der EU, gebilligt worden (Anlage). Die in der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) enthaltenen Vorschriften über ermäßigte Umsatzsteuersätze sollen das Funktionieren des Binnenmarktes gewährleisten und Wettbewerbsverzerrungen verhindern. Innerhalb dieses verbindlichen Rahmens können die Mitgliedstaaten der EU ihre Ermäßigungen festlegen.
Im Zuge der Umstellung des europäischen Umsatzsteuersystems hin zu einem Bestimmungslandprinzip war eine Reform der ermäßigten Umsatzsteuersätze erforderlich geworden. Darüber hinaus sollen die Umsatzsteuersätze in Einklang mit anderen Initiativen der EU stehen, beispielsweise dem Aktionsprogramm der Union im Bereich der Gesundheit und dem europäischen "Green Deal". Auf diese Weise soll es den Mitgliedstaaten ermöglicht werden, u. a. Leistungen im Bereich der Gesundheitsversorgung, der Sozialfürsorge und umweltfreundliche Leistungen zu begünstigen. Außerdem sollen die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt werden, mit umsatzsteuerlichen Maßnahmen rasch auf außergewöhnliche Situationen wie Pandemien, humanitäre Krisen oder Naturkatastrophen zu reagieren.
Der Mindest-Normalsatz liegt weiterhin bei 12 %. Den Mitgliedstaaten wird durch die Richtlinie gestattet, auf die in Anhang III der MwStSystRL genannten Gegenstände und Dienstleistungen innerhalb festgelegter Grenzen höchstens zwei ermäßigte Steuersätze in Höhe von mindestens 5 %, einen ermäßigten Steuersatz, der unter dem Mindestsatz von 5 % liegt, und eine Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug (die beiden Letzteren nur auf bestimmte Leistungen) anzuwenden.
Um einer Zunahme von ermäßigten Umsatzsteuersätzen, die eine Ausnahme vom Regelsteuersatz darstellen, vorzubeugen, dürfen die Mitgliedstaaten ermäßigte Umsatzsteuersätze nur auf eine begrenzte Anzahl der in Anhang III der MwStSystRL aufgeführten Gegenstände und Dienstleistungen anwenden.
Die Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Für das Handwerk von besonderem Interesse sind insbesondere Erweiterungen des Katalogs der begünstigten Leistungen in Anhang III der MwStSystRL in folgenden Bereichen:
- Bauleistungen an Wohngebäuden und öffentlichen Gebäuden,
- Reparatur von Haushaltsgeräten,
- Lieferung und Installation von Solaranlagen,
- Lieferung von medizinischen Hilfsmitteln (personenbezogene Beschränkung entfällt).
Bereits bestehende Begünstigungsmöglichkeiten für handwerkliche Leistungen bleiben im bisherigen Umfang erhalten (z. B. für Friseurdienstleistungen, Leistungen der Zahntechniker u.a.), wobei diese bislang nicht alle national umgesetzt wurden (insbes. Friseurdienst-leistungen).
Es bleibt abzuwarten, ob und wenn ja, in welchen Bereichen und in welchem Umfang diese Änderungen der europäischen Vorschriften in Deutschland umgesetzt werden.