Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Leitlinien zum Meistern der Energiewende

Damit das Handwerk sein ganzes Potenzial entfalten kann, braucht es wettbewerbsfähige, mittelstandsgerechte Rahmenbedingungen und ein gesellschaftliches Umdenken. Hierfür ist zuvorderst ein energiepolitisches Gesamtkonzept zu erarbeiten.
Das Foto zeigt eine Stadt im Dämmerlicht und einen rauchenden Schornstein eines Wärmekraftwerkes.

Für die anstehenden Transformationsprozesse bei Klimaschutz und Energiewende nimmt das Handwerk eine Schlüsselrolle ein. Rund 5,6 Millionen Handwerkerinnen und Handwerker arbeiten jeden Tag daran, die großen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern. Damit das Handwerk sein ganzes Potenzial entfalten kann, braucht es wettbewerbsfähige, mittelstandsgerechte Rahmenbedingungen und ein gesellschaftliches Umdenken. Hierzu ist zuvorderst ein energiepolitisches Gesamtkonzept zu erarbeiten. Leitlinien hierfür hat das Handwerk formuliert.

Handwerk ist der Schlüssel zur Energiewende – in doppelter Hinsicht

Deutschland will bis 2030 seine Treibhausgasemissionen erheblich reduzieren – und bis 2045 die Klimaneutralität erreicht haben. Das Handwerk unterstützt diese politische Zielsetzung. Dabei nimmt es eine Doppelrolle ein: Einerseits ist das Handwerk selbst Energieverbraucher, andererseits spielt es bei der Umsetzung der Energiewende eine zentrale Rolle: In den nächsten Jahren müssen große Mengen an Solarmodulen installiert, Windräder aufgestellt, Gebäude gedämmt und Heizungen ausgetauscht werden. Für den Ersatz von Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren durch Elektrofahrzeuge ist der entschlossene Ausbau der Ladeinfrastruktur erforderlich. Die Betriebe stehen bereit für diese Herkulesaufgabe.

Das Handwerk ist der Schlüssel zur Energiewende und nimmt dabei eine Doppelrolle ein:  Die Betriebe sind Umsetzer und Gestalter, sie sind aber auch Betroffene und müssen sich selbst transformieren. Um die Energiewende zu schaffen, muss die Politik das gesamte Handwerk mitnehmen.

Was wir brauchen

Deutschland braucht ein energiepolitisches Gesamtkonzept, das die besondere Rolle des Handwerks wirksam berücksichtigt und die Betriebe nachhaltig stärkt. Sie brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, Planungssicherheit sowie eine wettbewerbsfähige, sichere und nachhaltige Energieversorgung.

Dafür müssen in der Energiepolitik jetzt auf den folgenden Handlungsfeldern die richtigen Weichen gestellt werden:

Energieversorgung sichern

Energie ist der sprichwörtliche Treibstoff für die Wirtschaft. Sie muss in ausreichendem Maße verlässlich zur Verfügung stehen, die entsprechende „Grundlastfähigkeit“ beim Energieangebot also gewährleistet werden. Die jüngsten geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen haben das europäische Energieversorgungsnetz unter Druck gesetzt. Um die Versorgung zu sichern, muss das Angebot erweitert, die technische Infrastruktur zügig ausgebaut und angepasst werden. Es gilt, den notwendigen Hochlauf bei den erneuerbaren Energien zu erreichen, einen funktionierenden EU-Energiebinnenmarkt zu schaffen und eine sichere Import-Strategie für nicht-heimische Energieträger zu entwickeln. Insgesamt brauchen wir zur Sicherung der Energieversorgung eine pragmatischere Politik.

Forderungen des Handwerks:

Energieangebotsseite vergrößern – Kraftwerksstrategie umsetzen

Um die Energieversorgung dauerhaft zu sichern, muss in Deutschland in erster Linie das Angebot massiv ausgebaut werden. Es sollte der Grundsatz gelten: Kraftwerkskapazitäten werden nur abgeschaltet, wenn andere wetterunabhängige Leistungen zur Verfügung stehen. Die neue Kraftwerksstrategie und dafür notwendige Investitionsbedingungen gilt es zügig umzusetzen.

Die Energiewende muss technologieoffen sein: Niemand kann verlässlich abschätzen, welchen Beitrag bisher bekannte Technologien – wie auch derzeit noch unbekannte Innovationen – in Zukunft zur Energiewende leisten können. Im Bereich der Nachfrageflexibilität, der Power-to-x-Lösungen sowie des Aufbaus von Energiespeichern liegen Potenziale, die für die Stabilisierung des Energiesystems einen wichtigen Beitrag leisten können. Das künftige Kapazitätsmarktdesign auf der Angebotsseite muss einen Beitrag zu wettbewerbsfähigen Stromkosten leisten.

Realistische Ausbauziele für Erneuerbare Energien formulieren

Der Ausbau Erneuerbarer Energien ist ein entscheidender Bestandteil der Energiewende. Um die politischen Ziele zu erreichen, geht es hierbei aber deutlich zu langsam. Die Politik sollte an folgenden Schrauben drehen, um den Ausbau-Hochlauf zu erreichen: Zum einen sollten Bund, Länder und Kommunen für den Bau von Wind- und PV-Freiflächenanlagen mehr Flächen zur Verfügung stellen. Der Ausbau von Windanlagen an Land kann zudem beschleunigt werden, wenn Prüfschritte für Neuanlagen und Repowering entfallen. Ein weiterer Hebel für die Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien ist die Stärkung der betrieblichen Eigenstromversorgung: Steuererleichterungen, schnelle Abschreibungen und verschlankte Förderanträge sind wichtige Bausteine, um Eigenstrom für Unternehmen attraktiver auszugestalten. Dabei ist entscheidend, dass auch Eigenverbrauchern und kleinen Anlagen der Zugang zu Herkunftsnachweisen für Grünstrom ermöglicht wird. Der Abbau bürokratischer Hürden würde zudem die Stromweiterleitung in räumlicher Nähe über das Netz der allgemeinen Versorgung erleichtern. Überschüsse aus einer betrieblichen PV-Anlage könnten so einfacher in Nachbarbetrieben genutzt werden.

Grundsätzlich gilt: Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, sollten die Ausbauziele ambitioniert, aber realistisch formuliert werden. Die Entwicklung der erneuerbaren Energien sollte mit den Wirkungsmechanismen des Europäischen Emissions-Handels-Systems und den Erfordernissen einer stabilen, versorgungssicheren Netzinfrastruktur in Einklang gebracht werden. Überambitionierte Zielvorgaben überfordern Markt und Netze und können den Zuwachs der Leistung gefährden.

   

Brückentechnologien nutzen

Erdgas ist als Brückentechnologie noch für viele Jahre unverzichtbar und wird wohl auch langfristig notwendig sein. Als einzige Brücke ist Erdgas aus Sicht des Handwerks hingegen nicht ausreichend – sowohl mit Blick auf die Resilienz der Energieversorgung als auch mit Blick auf die Kosten. Für einen resilienten Energiemix zu wettbewerbsfähigen Preisen sind daher wetterunabhängige Energieträger und Technologien wie Wasserkraft, Tiefen-Geothermie, Biomasse und voraussichtlich auch Kohlekraftwerke mindestens solange notwendig bis Speichertechnologien, Nachfrageflexibilität und Wasserstoffkraftwerke in einem ausreichend skalierbaren Maßstab bereitstehen.

Kommunale Wärmeplanung: nachhaltig, fair und partizipativ

Die Gestaltung eines freien, technologieoffenen Wärmemarktes auf Basis marktwirtschaftlicher Strukturen ist ein zentrales Anliegen des Handwerks. Es versteht sich als Umsetzer der Klima- und Energiewende und damit als Teil der Lösung für eine erfolgreiche kommunale Wärmewende.

Das Handwerk besitzt mit vielen seiner Gewerke eine besondere Kompetenz für Bau, Wartung und Management von Gebäuden sowie für die dezentrale Energie- und Wärmeversorgung. Durch die Fachkompetenz ist es möglich, Gebäude und ihr Umfeld integrativ zu denken und im Sinne einer dezentralen Lösung eine wirtschaftliche und versorgungstechnisch optimale Wärmeversorgung – wo immer es möglich und sinnvoll erscheint – zu empfehlen. Nahwärmelösungen dürfen dabei nicht vernachlässigt werden. Daher ist es entscheidend, dass die regionalen Handwerksorganisationen von den Kommunen bei deren Wärmeplanung zwingend von Beginn an beratend hinzugezogen werden.

Anschluss- und Benutzungszwänge vermeiden

Fernwärme wird im offenen Wettbewerb mit anderen Lösungen wichtiger Teil der Wärmewende sein. Um die Verbraucher zu schützen, müssen Fernwärmemonopole aber einer wirksamen Preiskontrolle durch die Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörden unterliegen. Die notwendige Diversifizierung spricht ordnungspolitisch gegen einen generellen Anschluss- und Benutzungszwang und für klare Grenzen für den Verantwortungsbereich der Energieversorger, insbesondere bei handwerksrelevanten Dienstleistungen und Kernmärkten. Anschluss- und Benutzungszwänge sind zu vermeiden, da sie Innovationen verhindern und zu überhöhten Monopolpreisen führen können.

Netze und Infrastruktur ausbauen

Je weiter der Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Markthochlauf von Wasserstoff sowie die E-Mobilität und der Einbau von Wärmepumpen voranschreiten, desto dringlicher ist eine leistungsfähige Energieinfrastruktur. Daher muss der notwendige Ausbau der Netzinfrastruktur koordiniert und über alle Energieträger hinweg beschleunigt umgesetzt werden. Ein breites Spektrum insbesondere von dezentralen Erfüllungsoptionen muss dabei möglich bleiben.

Damit die Netze die notwendige Flexibilität erhalten, muss der Prozess zum Rollout intelligenter Messsysteme (Smart Meter) beschleunigt und die Digitalisierung der Energiewende insgesamt vorangetrieben werden. In Deutschland ist es derzeit für Verbraucher nur eingeschränkt möglich, von variablen Stromtarifen zu profitieren, die für den Erfolg der Energiewende wichtig sind. So ist es mit Zunahme von Wind und Sonnenenergie sinnvoll, den Stromverbrauch ohne Komfortverlust in Zeiten hoher Stromerzeugung zu legen. Dadurch werden die Netze entlastet und die Notwendigkeit von Kohle- und Gaskraftwerken reduziert.

Innovationen anreizen und Digitalisierung vorantreiben

Maßgeblich für eine erfolgreiche Energie- und Klimapolitik sind Innovationen und neue Technologien. Digitalisierung muss zwingend immer mitgedacht werden. Potenziale aus Prozessoptimierungen müssen auf allen Ebenen schnell gehoben werden.
Von intelligenten Energienetzen und -datenräumen, moderner Gebäudetechnik bis zu innovativen Energie- und Verkehrsmanagement-Technologien – Digitalisierung bietet ökonomische, ökologische und soziale Chancen, für die ein verlässlicher Regelungsrahmen zu schaffen ist, der Innovationen befördert, statt sie zu bremsen. So wird CO2 nicht in allen Prozessen vollständig vermieden werden können. Hierfür braucht es neue Lösungen für die Abscheidung, Speicherung und Nutzung von CO2 (CCS/CCU). Daher sollten Innovationen im Bereich Klimaschutz technologieoffen durch entsprechende Fördermaßnahmen angestoßen werden. Bürokratiearme, schnelle und digitalisierte Förderprozesse sind hier zwingend erforderlich.

Für wettbewerbsfähige Energiekosten sorgen

Damit die Betriebe wettbewerbsfähig bleiben, sind sie auf dauerhaft bezahlbare Energiepreise angewiesen. Einseitige Privilegierungen bei den Energiekosten verbieten sich, sie sind kontraproduktiv und wettbewerbsverzerrend. Vielmehr braucht es ein Strommarktdesign aus einem Guss – ein energiepolitisches Gesamtkonzept, das alle Dimensionen mitdenkt und die Dynamik des Marktes wirken lässt. Bis dieses steht, kann eine zeitlich befristete Preislösung sinnvoll sein. Doch dürfen gedeckelte Energiepreise nicht nur selektiv einigen Unternehmen zugutekommen.

Forderungen des Handwerks:

Strommarktdesign aus einem Guss

Das grundsätzlich beste Instrument für sinkende und damit wettbewerbsfähige Energiepreise zu sorgen, wäre ein Strommarktdesign aus einem Guss. Dazu gehört eine schnelle und deutliche Ausweitung der Angebotsseite, genauso wie eine Reform der Strom- und Energiesteuern sowie eine Reduzierung der Abgaben und Netzentgelte.

Befristeter Standortsicherungstarif für energieintensive Betriebe

Da die Entwicklung eines Strommarktdesigns national wie europäisch Zeit braucht, kann ein zeitlich befristeter, zielgenauer Standortsicherungstarif Strom sinnvoll sein. Entscheidend ist dabei, dass gedeckelte Energiepreise nicht nur selektiv einigen Unternehmen zugutekommen dürfen. Sonst drohen Wettbewerbsverzerrungen aufgrund unterschiedlicher Energie-Kostensituationen auch in Deutschland. Denn international tätige Unternehmen sind auf den heimischen Märkten durchaus im Wettbewerb mit regional operierenden Handwerksbetrieben. Eine Benachteiligung des Handwerks ist nicht akzeptabel.

Stromsteuersenkung für alle energieintensiven Betriebe

Alle Unternehmen im Handwerk, Mittelstand und Industrie brauchen sichere, bezahlbare Energie und wettbewerbsfähige Strompreise – die energieintensiven umso mehr. Das vorgelegte Strompreispaket ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Das Maßnahmenpaket greift wichtige Forderungen des Handwerks zur Entlastung bei den Stromkosten auf, etwa die Senkung der Stromsteuer und die Stabilisierung der Netzentgelte.

Allerdings greift die Ausgestaltung zu kurz: So gilt die Absenkung der Stromsteuer von 1,54 Cent pro Kilowattstunde auf das europäische Minimum von 0,05 Cent pro Kilowattstunde ausschließlich für Unternehmen des produzierenden Gewerbes. Damit fallen wichtige energieintensive Branchen aus dem Handwerk abermals durch das Raster, da sie formal nicht zum produzierenden Gewerbe gehören – etwa Textilreinigungen oder Betriebe des Kfz-Handwerks.

Eine Entlastung ist aber für alle energieintensiven Betriebe dringend notwendig, um eine drohende Existenzgefährdung abzuwenden. Hier muss die Bundesregierung das Entlastungspaket noch einmal nachschärfen, um das energieintensive Handwerk nachhaltig zu stärken und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Energie- und Stromsteuer

Stromsteuerentlastung für Betriebe des Produzierenden Gewerbes

Der Gesetzgeber hat die Senkung des Stromsteuersatzes auf das europäische Mindestmaß durch die Erhöhung des Entlastungsbetrages für die Steuerentlastung nach § 9b StromStG (Steuerentlastung für Unternehmen) umgesetzt. Die Neuregelung ist vorerst befristet auf die Jahre 2024 und 2025.

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Marktmechanismus wirken lassen

Staatliches Agieren setzt, wie unter anderem die Novelle des Gebäudeenergiegesetz deutlich zeigt, aktuell viel zu sehr auf Bevormundung, Detailregulierung und (Über-) Subventionierung einzelner Technologien. Große Verunsicherung aller Marktbeteiligten und Investitionszurückhaltung statt Anreizsetzung sind die Folgen. Die Vermeidung der Nutzung fossiler Energieträger regelt ein CO2-Preis, der sich im Rahmen eines funktionierenden Emissionsrechtehandels bildet. Politik sollte Preismechanismen unter Berücksichtigung eines sozialen Ausgleichs wirken lassen.

Betriebliche Energieeffizienz steigern – Energetische Gebäudesanierung vorantreiben

Für den Erfolg der Energiewende müssen wir weniger Energie verbrauchen. 35 Prozent des Endenergieverbrauchs und 30 Prozent der CO₂-Emissionen werden in Deutschland durch den Betrieb von Gebäuden verursacht. Bestandsgebäude brauchen dabei für Raumwärme und Warmwasserbereitung ein Vielfaches dessen, was heute technisch möglich ist. Energetische Sanierungen von Gebäudehülle sowie moderne Gebäudetechnik bieten damit ein enormes Potential, das schnell gehoben werden muss. Das Handwerk bietet in diesem Bereich passgenaue Lösungen für eine Wärmewende aus einem Guss, etwa durch passfähige Wärmedämmungen oder Heizanlagen.

Forderungen des Handwerks:

Betriebliche Energieeffizienz durch Freiwilligkeit und Technologieoffenheit steigern

Die systematische Steigerung der Energieeffizienz liegt im Eigeninteresse der Handwerksunternehmen: Schließlich können sie so ihre betrieblichen Klimaschutzziele erreichen und gleichzeitig durch die Vermeidung von Energiebezug Kosten sparen. An dieser Ausgangslage muss sich die Effizienzpolitik der Bundesregierung orientieren. Wirksame Instrumente dafür sind Beratung und Information durch die Handwerksorganisation – wie die "Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz (MIE)" – sowie marktwirtschaftliche und steuerliche Anreize, Technologieoffenheit und die Belohnung von Effizienzsteigerungen durch die Anerkennung bei Einsparverpflichtungen etwa aus dem Energieeffizienzgesetz und der EU-Energieeffizienzrichtlinie.

Um die Betriebe bei der tiefgreifenden Transformation zu unterstützen, braucht es zudem passgenaue Förderinstrumente. Ein einseitiger Fokus auf die energieintensive Industrie – wie etwa bei der aktuellen Ausgestaltung des Förderprogramms „Klimaschutzverträge“ – greift hier zu kurz. Vielmehr muss die Politik die gesamte Wirtschaft im Blick haben. Gerade in Zeiten mit gestiegenem Zinsniveau ist die Förderpolitik des Bundes ein entscheidender Faktor für die Klimatransformation der Handwerksbetriebe. Insgesamt sollte die Förderpolitik – etwa die Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft – zugänglicher, mittelstandsorientierter und vor allem auch verlässlicher gestaltet werden.

Betriebe nicht mit Berichtspflichten überfordern

Für eine Energieaudit-Pflicht kleiner und mittlerer Betriebe besteht kein Anlass. Daher sollte bei entsprechenden Berichtspflichten auch weiterhin eine KMU-Ausnahme gelten, um diese Unternehmen nicht zu überfordern. Stattdessen kann und sollte weiter auf das bewährte Unterstützungsangebot durch die „Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz (MIE)“ und die „Initiative Energieeffizienz- und Klimaschutznetzwerke“ gesetzt werden. Mittelstandstaugliche Branchenlösungen sollten national und europäisch konsistent anerkannt werden.

Sektorkopplung muss der Gesamtlogik der Effizienzsteigerung entsprechen

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien erfordert auch den Umbau des Energiesystems. Eine besondere Rolle spielen hierbei sektorenübergreifende Verbindungen von Strom, Wärme und Verkehr sowie dezentrale Speicherlösungen. Das Handwerk fordert eine technologieoffene Sektorkopplung, damit die erneuerbaren Energien optimal genutzt und integriert werden können.

Gebäude als System begreifen

Bei der energetischen Gebäudesanierung muss die Erreichung von Zielwerten bei der CO2-Reduzierung auf Gebäude- und Quartiersmaßstab im Blick behalten werden. Das Gebäude muss heute noch viel stärker als System verstanden werden. Erneuerbare Energie, Gebäudehülle und -technik müssen gemeinsam gedacht werden. Auch die Sektorkopplung spielt eine entscheidende Rolle. E-Mobilität und Speicher sollten bei der energetischen Planung von Beginn an mitgedacht werden. Eine moderne Gebäudetechnik benötigt zudem eine informationstechnische Ausstattung. Hier herrscht jedoch ein enormer Sanierungsstau, der dringend durch geeignete Förderanreize aufgelöst werden muss. Die Bevorzugung eines Segments – wie bei der Diskussion um das Gebäudeenergiegesetz – kostet dagegen wertvolle Akzeptanz in der Bevölkerung und vernachlässigt entscheidende Potenziale für mehr Klimaschutz im Gebäudesektor.

Energetische Gebäudesanierung vorantreiben

Es gilt, die energetische Sanierung der Gebäudesubstanz weiter voranzutreiben und für jedes Gebäude individuelle und technologieoffene Lösungen zu ermöglichen. Das Handwerk steht bereit und bietet passgenaue Lösungen für jedes Gebäude. Um bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen, muss der Rückgang des Endenergieverbrauchs durch Sanierung im Bestand um rund ein Drittel erfolgen. Damit verbunden ist eine deutliche Steigerung bei der Sanierungsrate auf 1,7 Prozent im Jahr 2030 und auf 1,9 Prozent im Jahr 2040. Beim Ordnungsrecht und der flankierenden Förderkulisse muss Politik das Nutzerverhalten der Menschen stärker berücksichtigen.

Rolle des Fachhandwerks stärken

Qualifizierte Beratung durch qualifizierte Fachkräfte des Handwerks ist essenziell für die Steigerung der Energieeffizienz. Der individuelle Sanierungsfahrplan ist dabei nach wie vor der Königsweg zur wirksamen Steigerung der Gebäudeeffizienz. Die stetig wachsende Beratungsleistung des Handwerks und seiner Organisationen – insbesondere der Gebäudeenergieberaterinnen und -berater – sollte bei allen gesetzlichen Vorgaben entsprechend anerkannt und auch im Rahmen der Förderprogramme angemessen berücksichtigt werden. Die Fachunternehmerbescheinigung ist ein wirksames und funktionierendes Instrument zur Qualitätssicherung, das auf allen Ebenen als solches anerkannt werden sollte.

Die Rolle des Handwerks zu stärken, heißt, Prozesse zu beschleunigen: In einem Großteil der Bundesländer können Meisterinnen und Meister des Betonbauer-, Maurer- und Zimmerergewerks auf Basis ihrer von den Landesbauordnungen anerkannten Qualifikationen den Entwurf und die Bauvorlage für Bau- und Umbau von Ein- und Zweifamilienhäusern übernehmen. Diese Regelung trägt zur Kostenreduzierung und Beschleunigung bei und sollte auf alle Bundesländer ausgedehnt werden.

Verlässliche Förderung auf stabilem Niveau schaffen

Der überwiegende Anteil der notwendigen Investitionen für die Energiewende muss von der Wirtschaft und den Bürgern geschultert werden. Um diese zu entlasten und die richtigen Investitionsanreize zu schaffen, braucht es ein ganzheitliches und verlässliches Förderkonzept auf angemessenem Niveau sowie zusätzliche steuerliche Anreize. Förderpolitik muss technologieoffen und mit dem ordnungsrechtlichen Rahmen eng verzahnt sein. Dagegen sorgt eine Förderpolitik nach „Haushaltslage“ und dem „Windhundprinzp“ für Verunsicherung sowie Investitionszurückhaltung und ist daher zu vermeiden.

Forderungen des Handwerks:

Gebäudesanierung ganzheitlich und verlässlich fördern

Im Gebäudesektor kommt es auf eine langfristige und verlässliche Förderkulisse bei der energetischen Sanierung sowie klare Effizienzanforderungen für Gebäude an. Die aktuellen Förderungen sind ein erster Schritt, müssen aber insgesamt deutlich ausgebaut und langfristig mit entsprechenden Haushaltsmitteln hinterlegt werden. Ausdrücklich zu begrüßen ist, dass der Übergang von EH 55 auf EH 40 als gesetzlicher Energieeffizienzstandard für den Neubau im Einvernehmen zwischen Bau- und Wirtschaftsministerium für diese Legislaturperiode ausgesetzt wird. Allerdings muss eine KfW-Förderung auch bei EH 55 Standard wieder möglich werden. Auch die Flankierung des Baus von barrierearmen und altersgerechten Wohnungen muss stärker in den Blick genommen werden. Für Bestandssanierungen ist ein Verzicht auf die Grunderwerbssteuer für Ersterwerb ein richtiges Instrument.

Vertrauensschutz für getätigte Investitionen sicherstellen

Für nach geltendem Energie- und Umweltrecht getätigte Investitionen in Produktionsanlagen, Gebäude und Flotten muss Vertrauensschutz gelten – und zwar mindestens während des üblichen Lebenszyklus. Energie- und klimapolitisch notwendige Anpassungen müssen fördertechnisch flankiert werden.

Für schlanke und effiziente Antragsverfahren sorgen

Von der Information zu bestehenden Förderprogrammen, über die Beantragung bis hin zur Bereitstellung der Fördergelder: Antragsverfahren bei KfW und BAFA müssen digitaler, einfacher und schneller sein, damit Fördermöglichkeiten in Anspruch genommen und private Investitionen ihren Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten können. Es kann nicht sein, dass einfache Formfehler zu einer direkten Ablehnung führen und Betriebe und deren Kundschaft monatelang auf einen Bescheid warten müssen.

Kompetenzen des Fachhandwerks besser nutzen

Handwerkerinnen und Handwerker sind für die Zukunft unseres Landes unverzichtbar. Handwerk ist entscheidend für die wohnortnahe Versorgung mit Lebensmitteln sowie Gesundheits- und körpernahen Dienstleistungen. Ohne Handwerk kein Smart Home, keine Inbetriebnahme Erneuerbarer Energien, keine Wärmedämmung und keine modernen Mobilitätstechniken. Wer die Energiewende will, muss das Handwerk stärken: Die Betriebe brauchen faire, mittelstandsgerechte Rahmenbedingungen, eine gesicherte Fachkräftebasis, ein „Deutschland-Tempo“ bei Planungs- und Genehmigungsverfahren und ein echtes Belastungsmoratorium.

Forderungen des Handwerks:

Fairen Wettbewerb entfalten

Die Energiewende muss in einem fairen, mittelstandsgerechten Wettbewerb organisiert werden, um die Erreichung der Klimaziele zu gewährleisten. Das gilt insbesondere mit Blick auf die Anbietervielfalt, Tragbarkeit der Kosten, Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sowie der Gewährleistung eines offenen Zugangs zu den Energie-Dienstleistungsmärkten. Ansonsten drohen erhebliche Wettbewerbsverzerrungen – gerade auch gegenüber Handwerksbetrieben, die dezentrale Versorgungslösungen anbieten oder unterstützen. Jeder muss auch künftig das Recht haben, sich für eine dezentrale Lösung zu entscheiden.

Fachkräftebasis sicherstellen

Deutschland braucht dringend (mehr) qualifizierte Handwerkerinnen und Handwerker, damit das Erreichen der Klimaziele letztlich nicht daran scheitert, dass diejenigen fehlen, die sie umsetzen. Um die Fachkräftebasis im Handwerk nachhaltig zu sichern, müssen alle Register gezogen werden: Alle inländischen Potenziale bei Frauen, Geringqualifizierten und Quereinsteigern müssen gehoben werden.
Deutschland braucht eine mittelstandsgerechte Zuwanderung und eine „Bildungswende“ hin zu mehr Wertschätzung der Berufsbildung und der gesetzlichen Verankerung der Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung. Dialog-Formate wie der „Zukunftsdialog Handwerk“ müssen gestärkt und ausgebaut werden. Die Ergebnisse sollten in der Breite verfügbar gemacht und deren Umsetzung politisch flankiert werden. Nur so wird es gelingen, die Attraktivität so zu erhöhen, dass die notwendigen Auszubildenden und Fachkräfte gerade für das Handwerk gewonnen werden können.

Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen

Das „Deutschland-Tempo“ – symbolisiert durch die schnelle Errichtung der ersten Anlandeterminals für verflüssigtes Erdgas (LNG) in Deutschland – muss auf alle Projekte und ihre Realisierung übertragen werden. Neben der Verschlankung von Planungs- und Überprüfungsverfahren kann auch eine durchgehende Digitalisierung und der personelle Aufbau von Kompetenz zur Planung und Durchführung von Bauvorhaben bei den Ämtern massiv zur Beschleunigung beitragen: sowohl für große wie für kleine Vorhaben. Neben der Verwaltung sind hier auch die Hersteller und Energieversorgungsunternehmen in der Pflicht, ihren Beitrag zur Verfahrensbeschleunigung zu leisten.

Energiewende beschleunigen durch umfassendes Belastungsmoratorium

Das erreichte Niveau und die Menge an Dokumentations-, Nachweis- und Informationspflichten würgt die wirtschaftliche Entwicklung von Handwerksbetrieben in ohnehin schwierigen Zeiten regelrecht ab. Angesichts dieser sich zuspitzenden Situation kann es nicht verwundern, dass viele junge Menschen gerade wegen der immensen Bürokratie den Schritt in die Selbstständigkeit scheuen. Das Handwerk fordert ein echtes Belastungsmoratorium und innovative, digitale Verwaltungslösungen, damit sich die Betriebe auf ihr Kerngeschäft, die erfolgreiche Umsetzung der Klima- und Energiewende, konzentrieren können.

Positionspapier zum Herunterladen

  • Leitlinien zum Meistern der Energiewende
    Alle Handlungsfelder in einem Dokument

Stand: 6. März 2024

Mann auf Dach installiert Photovoltaikanlage
Themenschwerpunkt

Klimahandwerk – Klimaschutz als Beruf

Für die anstehenden Transformationsprozesse beim Klimaschutz und bei der Energie- und Mobilitätswende nimmt das Handwerk eine Schlüsselrolle ein.

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